Wiedereinsetzung bei Versäumung der Beschwerdefrist
Gesetze: FGO § 56
Instanzenzug:
Gründe
Die Beteiligten streiten über die Zuordnung von Darlehenszinsen zu den einzelnen Gebäudeteilen eines gemischtgenutzten Gebäudes, in dem sich die Wohnung der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger), die Praxis des Klägers und eine fremdvermietete Wohnung befinden. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) hat die Schuldzinsen in dem angefochtenen Einkommensteuerbescheid 1997 dem Wohn- und Nutzflächenverhältnis entsprechend berücksichtigt.
Die dagegen gerichtete Klage, mit der die Kläger den Abzug der Zinsen bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit und aus Vermietung und Verpachtung begehrten, hatte insoweit zu einem geringen Teil Erfolg, als das Finanzgericht (FG) von höheren Gesamtherstellungskosten für das Gebäude ausging; im Übrigen wurde die Klage jedoch abgewiesen.
Das Urteil des FG wurde dem Kläger zugleich als Bevollmächtigtem der Klägerin am zugestellt. Am ging die Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesfinanzhof (BFH) ein. Nachdem die Geschäftsstelle des Senats dem Kläger unter Hinweis auf § 56 der Finanzgerichtsordnung (FGO) mitgeteilt hatte, dass eine Nichtzulassungsbeschwerde nicht vorliege, ging am ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ein. Unter Vorlage der Kopie einer Seite des Postausgangsbuchs trug der Kläger zur Begründung seines Antrags vor, er habe die Beschwerdeschrift am , einem Sonntag, in den Briefkasten geworfen. Aus unerklärlichen Gründen müsse die Sache auf dem Postweg oder im BFH verloren gegangen sein.
In der Sache begehren die Kläger die Zulassung der Revision, weil das Urteil des FG an Verfahrensmängeln leide und materielles Recht verletze.
Die Beschwerde kann keinen Erfolg haben.
Der Senat lässt dahinstehen, ob den Klägern wegen Versäumung der Beschwerdefrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 56 FGO gewährt werden kann. Jedenfalls erfüllt die Beschwerdebegründung nicht die Anforderungen, die das Gesetz an die Darlegung des Verfahrensmangels unzureichender Sachaufklärung gemäß § 116 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO stellt. Insoweit ist die Beschwerde unzulässig. Hinsichtlich der ebenfalls erhobenen Rüge einer Verletzung rechtlichen Gehörs ist die Beschwerde hingegen unbegründet.
a) Soweit die Kläger eine mangelhafte Sachaufklärung wegen unterlassener Beweisaufnahme rügen, haben sie nicht —wie erforderlich (vgl. z.B. Senatsbeschluss vom IV B 74/96, BFH/NV 1997, 668, Nr. 3 der Gründe)— dargelegt, warum sie diesen Mangel nicht bereits in der mündlichen Verhandlung vor dem FG gerügt haben. Die Verfahrensrüge ist insoweit bereits unzulässig. Ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom haben sie weder eine solche Rüge erhoben noch die behaupteten „entsprechenden Beweisanträge”, die das FG angeblich ignoriert habe, wiederholt. Es ist daher von einem Rügeverzicht auszugehen (vgl. etwa , BFH/NV 1996, 333; die dagegen erhobene Verfassungsbeschwerde wurde nicht zur Entscheidung angenommen: , Steuer-Eildienst 1996, 411).
b) Schließlich dringen die Kläger auch nicht mit ihrer Rüge einer Verletzung rechtlichen Gehörs durch, die sie darin sehen, dass das FG eine Überraschungsentscheidung erlassen habe. Obwohl einer der Richter in der mündlichen Verhandlung den Vergleichsvorschlag eines hälftigen Abzugs der Schuldzinsen unterbreitet habe, sei diese Möglichkeit in dem angefochtenen Urteil mit wenigen dürren Worten verworfen worden.
Ein Urteil ist aber nicht deshalb als unzulässige Überraschungsentscheidung zu beurteilen, weil es im Ergebnis von Vergleichsvorschlägen abweicht, die das FG in der mündlichen Verhandlung unterbreitet hat, denen die Beteiligten aber nicht gefolgt sind. Eine tatsächliche Verständigung, wie sie das FG angeregt hat, folgt ersichtlich anderen Prinzipien als die das finanzgerichtliche Klageverfahren abschließende Entscheidung. Dient der Vergleich vorrangig der Verfahrensbeschleunigung und dem Rechtsfrieden (, BFHE 142, 549, BStBl II 1985, 354), so beruht das Urteil auf der aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung des Gerichts unter Beachtung der Grundsätze der Beweislast (§ 76 Abs. 1, § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO) und des rechtlichen Gehörs (§ 96 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 2 FGO). Der Anspruch der Kläger auf rechtliches Gehör ist aber durch die angefochtene Entscheidung nicht verletzt worden. Denn ausweislich der bereits erwähnten Niederschrift über die mündliche Verhandlung wurde die Streitsache mit den Beteiligten in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht erörtert. Die Beteiligten haben sich im Übrigen auf einen Betrag der Herstellungskosten geeinigt, der der angefochtenen Entscheidung zu Grunde gelegt wurde und der insoweit zu einem Erfolg der Klage geführt hat.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
ZAAAB-61256