Private Pkw-Nutzung: 1-v. H.-Regelung
Leitsatz
Unter die Entnahmeregelung des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG fallen alle Kraftfahrzeuge, die nach allgemeinen Erfahrungssätzen einer nicht nur gelegentlichen privaten Mitbenutzung zugänglich sind.
Diese Zwecksetzung rechtfertigt und gebietet es, grundsätzlich auch Kombinationskraftwagen in die 1-v. H.-Regelung einzubeziehen.
Auch auf ein durch Geländefahrten verschmutztes Fahrzeug, bei dem sich die Gerüche im Innenraum nicht beseitigen lassen, ist die Vorschrift anzuwenden. Durch diesen Umstand wird die grundsätzliche Eignung des Fahrzeugs für eine private Nutzung – wenn auch nicht zum Besuch eines Theaters, so doch für Fahrten z. B. durch das Gelände, zur Ausübung der Jagd, zu sonstigen Freizeitzwecken, zu Einkaufsfahrten und anderen Besorgungen – nicht ausgeschlossen, womit gerade diejenige private Nutzung stattfinden kann, auf welche die typisierende Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG abzielt.
Gesetze: EStG § 6 Abs. 1 Nr. 4
Instanzenzug:
Gründe
Die Beschwerde ist unzulässig, weil der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) die sich aus § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 115 Abs. 2 FGO ergebenden Anforderungen an die Darlegung eines Revisionszulassungsgrundes nicht erfüllt hat.
1. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ist die private Nutzung eines im Betriebsvermögen gehaltenen Kfz für jeden Kalendermonat mit 1 % des inländischen Listenpreises im Zeitpunkt der Erstzulassung zuzüglich der Kosten für Sonderausstattungen einschließlich der Umsatzsteuer anzusetzen.
a) Zu dieser Vorschrift hat der angerufene Senat mit Urteil vom X R 23/01 (BFHE 201, 499, BStBl II 2003, 472), auf das sich das Finanzgericht (FG) für seine tragende Begründung bezogen hat, entschieden: Die pauschale Bewertungsregelung des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG beruht auf dem allgemeinen Erfahrungssatz, dass bestimmte Arten von Kfz, namentlich vor allem PKW und Krafträder, typischerweise nicht nur vereinzelt und gelegentlich für private Zwecke genutzt werden. Nach dem vom Gesetzgeber verfolgten Zweck fallen unter die Entnahmeregelung des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG alle Kfz, die nach allgemeinen Erfahrungssätzen einer nicht nur gelegentlichen privaten Mitbenutzung zugänglich sind. Diese Zwecksetzung rechtfertigt und gebietet es, grundsätzlich auch Kombinationskraftwagen in die 1 %-Regelung einzubeziehen. Denn diese zeichnen sich gerade dadurch aus, dass sie infolge ihrer objektiven Beschaffenheit zur Beförderung von Personen und Gegenständen aus Gründen der privaten Lebensführung eingesetzt werden können und typischerweise auch eingesetzt werden.
b) Der Senat hat in jener Entscheidung das Argument nicht gelten lassen, ein durch Geländefahrten verschmutztes Fahrzeug falle aus dem Anwendungsbereich des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG heraus. Hieran anknüpfend hat das FG ausgeführt, verschmutzte Fahrzeuge könnten bei Bedarf innen und außen gereinigt werden, so dass „damit eine private Nutzung jederzeit möglich” sei. Diesem auch auf den Streitfall anwendbaren Argument wird nichts rechtsgrundsätzlich Bedeutsames entgegengesetzt, wenn der Kläger darauf hinweist, dass sich die Gerüche im Innenraum des Fahrzeugs nicht beseitigen lassen. Durch diesen Umstand wird die grundsätzliche Eignung des Fahrzeugs für eine private Nutzung —wenn auch nicht zum Besuch eines Theaters, so doch für Fahrten z.B. durch das Gelände, zur Ausübung der Jagd, zu sonstigen Freizeitzwecken, zu Einkaufsfahrten und anderen Besorgungen— nicht ausgeschlossen, womit gerade diejenige private Nutzung stattfinden kann, auf welche die typisierende Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG abzielt. Auch unter Berücksichtigung des Vortrags des Klägers verbleibt sein Fahrzeug ein für die Beförderung von Personen bestimmter PKW, dessen Eignung zum Transport von Gegenständen durch das Umlegen der Rücksitzbank erhöht werden kann. Solche Fahrzeuge werden von vielen Kfz-Haltern ausschließlich für den Privatgebrauch erworben und genutzt.
c) Nach ständiger Rechtsprechung kann das FG im Rahmen der nach § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO gebotenen freien Beweiswürdigung die Grundsätze über den Anscheinsbeweis (Beweis des ersten Anscheins oder prima-facie-Beweis) heranziehen (Beschlüsse des Bundesfinanzhofs —BFH— vom VI B 258/98, BFH/NV 1999, 1330, m.w.N; vom VI B 256/01, BFH/NV 2004, 1416). Zwar bedarf es grundsätzlich nicht des vollen Gegenbeweises, um den Anscheinsbeweis zu entkräften; es genügt vielmehr, dass ein Sachverhalt dargelegt wird, der die ernstliche Möglichkeit eines anderen als des der allgemeinen Erfahrung entsprechenden Geschehensablaufs ergibt (z.B. BFH-Beschlüsse in BFH/NV 2004, 1416, m.w.N.; vom VI B 59/04, Deutsches Steuerrecht/Entscheidungsdienst —DStRE— 2005, 625). Das FG hat indes erkannt, angesichts der im Streitfall für die Privatnutzung sprechenden Gesichtspunkte wird der Anscheinsbeweis nicht durch den Vortrag des Klägers entkräftet, wonach für Privatfahrten andere Fahrzeuge zur Verfügung gestanden hätten.
d) Zulässige und begründete Revisionsrügen gegen die tatrichterlichen Feststellungen und den vom FG hieraus gezogenen Schluss auf eine private Nutzung hat der Kläger nicht erhoben. Die in der Beschwerde erhobene Verfahrensrüge richtet sich letztlich gegen die Beweiswürdigung des FG. Dies reicht indes zur Darlegung eines Verfahrensmangels i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO nicht aus. Der Kläger verkennt, dass die Frage, ob im Einzelfall der Beweis des ersten Anscheins als erschüttert bzw. entkräftet angesehen werden kann, gleichfalls dem Bereich der Beweiswürdigung und damit nicht dem Verfahrensrecht, sondern dem sachlichen Recht zuzuordnen ist (vgl. BFH-Beschlüsse in BFH/NV 2004, 1416; in DStRE 2005, 625).
2. Hiervon ausgehend hat der Kläger den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO nicht schlüssig dargelegt.
a) Selbst wenn es ihm mit seinen Fragen,
- ob die 1 %-Regelung ohne jede Ausnahme anzuwenden ist, auch wenn ein PKW nach der allgemeinen Lebenserfahrung nicht für private Zwecke genutzt wird,
- ob bei einem derartigen Sachverhalt ein Anscheinsbeweis aufgrund tatsächlicher, glaubhafter Umstände möglich ist und
- ob die Grenzen zulässiger Typisierung bei Lebenssachverhalten wie im vorliegenden Fall nicht überschritten sind,
letztlich um das von ihm als rechtsgrundsätzlich erachtete Problem geht, unter welchen Voraussetzungen ein Anscheinsbeweis entkräftet ist, ist die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht schlüssig dargelegt. Denn für diese —im Einzelfall von der Sachverhaltswürdigung des FG abhängige— Frage lassen sich keine allgemeinen Rechtsgrundsätze aufstellen (vgl. , BFH/NV 1998, 1500, unter 3.; ähnlich , BFH/NV 1998, 1109).
b) Zudem verlangt § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO vom Beschwerdeführer, dass er sich mit der einschlägigen Rechtsprechung und Literatur zu der von ihm für grundsätzlich gehaltenen Frage auseinander setzt (vgl. z.B. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 116 Rz. 32, m.w.N.). Das hat der Kläger unterlassen. Er hätte dazu Stellung nehmen müssen, dass nach allgemeiner Auffassung die bloße Behauptung, ein PKW werde nicht für Privatfahrten genutzt oder Privatfahrten würden ausschließlich mit anderen Fahrzeugen durchgeführt, nicht ausreicht, um die Pauschalversteuerung abzuwenden (, BFHE 191, 286, BStBl II 2000, 273).
Auch im Übrigen kleidet der Kläger lediglich seine Kritik an der Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG und an der Würdigung des FG in allgemein formulierte Fragen, ohne dass dadurch deren Klärungsbedürftigkeit dargetan wäre.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2005 S. 1801 Nr. 10
NWB-Eilnachricht Nr. 47/2005 S. 3922
IAAAB-60871