Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör
Gesetze: FGO § 76; GG Art. 103
Instanzenzug: ,F
Gründe
Die Beschwerde ist unzulässig. Die Beschwerdebegründung der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) entspricht nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) an die Darlegung des Zulassungsgrunds i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO. Die Klägerin hat keine Tatsachen angegeben, aus denen sich schlüssig ein Verfahrensmangel ergibt.
a) Eine Überraschungsentscheidung des Finanzgerichts (FG) verletzt den Anspruch der Verfahrensbeteiligten auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes —GG— ; , Neue Juristische Wochenschrift —NJW— 1997, 2305). Sie ist aber nur dann gegeben, wenn das Gericht seine Entscheidung auf einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt stützt und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gibt, mit der auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens nicht rechnen konnte (Senatsbeschluss vom X B 38/04, juris Nr: STRE200451281). Dies ist dann nicht der Fall, wenn das Gericht im Verlauf des gerichtlichen Verfahrens seine vorläufige Rechtsansicht kundgetan hat und danach mit einer entsprechenden Entscheidung zu rechnen war oder der maßgebliche Gesichtspunkt zuvor Gegenstand des Vorbringens der Beteiligten gewesen ist (, juris Nr: STRE200450246).
Aus diesem Grund setzt die schlüssige Rüge des Vorliegens einer Überraschungsentscheidung voraus, dass das Verhalten des FG geschildert und auch der Vortrag der anderen Beteiligten dargelegt wird. Hiermit befasst sich die Beschwerdebegründung aber nicht. In ihr wird lediglich erläutert, das FG habe ausgeführt, die Klägerin habe mit dem Hinweis auf die verkehrsungünstige Lage ihres Betriebs „einen pauschalen Einwand erhoben”. Dieser sei nicht geeignet, die detaillierten Feststellungen der Prüferin des FG (im Rahmen einer Verprobung der von der Klägerin erklärten Umsätze und Gewinne) zu widerlegen. Auf diesen Gesichtspunkt hätte das FG vor Erlass des Urteils hinweisen müssen.
Die Klägerin berücksichtigt insbesondere nicht, dass ihr damaliger Prozessbevollmächtigter im Schriftsatz an das zu dem Verlauf des am vor dem FG durchgeführten Erörterungstermins Stellung genommen hat. In diesem Schriftsatz bringt der Prozessbevollmächtigte zum Ausdruck, dass der Berichterstatter, der danach in der Streitsache als Einzelrichter entschieden hat, in dem Erörterungstermin zu erkennen gegeben habe, auf die Lage des klägerischen Betriebs komme es nicht an. Eines weiteren rechtlichen Hinweises bedurfte es deshalb nicht.
b) Die Rüge, das FG habe seine Sachaufklärungspflicht gemäß § 76 Abs. 1 FGO verletzt, setzt u.a. den Vortrag voraus, das FG habe einen Beweisantrag übergangen oder hätte auch ohne einen entsprechenden Beweisantritt von Amts wegen den Sachverhalt weiter aufklären müssen. Die Klägerin macht nicht geltend, dass im finanzgerichtlichen Verfahren ein Antrag gestellt worden ist, sie als Beteiligte gemäß § 81 FGO zu vernehmen. In einem solchen Fall ist neben dem Vortrag, aus welchen Gründen sich dem FG die Notwendigkeit einer weiteren Aufklärung oder eine Beweiserhebung hätte aufdrängen müssen, die Darlegung erforderlich, welche entscheidungserheblichen Tatsachen sich bei einer weiteren Sachaufklärung oder Beweisaufnahme ergeben hätten und inwiefern eine weitere Aufklärung auf der Grundlage des materiell-rechtlichen Standpunkts des FG zu einer anderen Entscheidung hätte führen können (, juris Nr: STRE200451165).
Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht. In ihr wird lediglich dargelegt, das FG habe nicht das persönliche Erscheinen der Klägerin zu der mündlichen Verhandlung vom angeordnet. Es habe deshalb nicht durch Befragung der Klägerin aufgeklärt, welcher Konkurrenzsituation deren Betrieb ausgesetzt war. Die Beschwerdebegründung berücksichtigt insoweit nicht, dass eine Beteiligtenvernehmung regelmäßig kein Beweismittel ist, das sich dem FG aufdrängen muss, weil ein Beteiligter ohnehin im Verfahren alle ihm bekannten Umstände darlegen kann (, juris Nr: STRE985081460).
Der Klägerin blieb es auch unbenommen, an der mündlichen Verhandlung teilzunehmen und sich zur Sache zu äußern oder ihren Prozessvertreter vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung umfassend über den aus ihrer Sicht entscheidenden Gesichtspunkt der Konkurrenzsituation zu informieren. Besonderer Ausführungen, weshalb es der Vernehmung der Klägerin in der mündlichen Verhandlung bedurft hätte, waren im Streitfall schon deshalb erforderlich, weil die Klägerin ausweislich der Niederschrift vom an dem an diesem Tag abgehaltenen Erörterungstermin teilgenommen hat. Sie hatte mithin, wie auch der Schriftsatz ihres damaligen Prozessvertreters vom zeigt (siehe unter a), Gelegenheit, die Konkurrenzsituation ihres Betriebs zu schildern.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2005 S. 1861 Nr. 10
RAAAB-60401