Anhörungsrüge nach § 133a FGO; Anspruch auf rechtliches Gehör
Gesetze: FGO § 133a
Instanzenzug:
Gründe
I. Mit Beschluss vom ... Januar 2005 hat der Senat die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) gegen das Urteil des Finanzgerichts (FG) als unzulässig verworfen. Mit Schriftsatz vom hat der Kläger gegen den genannten Beschluss „Gegenvorstellung” analog § 321a der Zivilprozessordnung (ZPO) beim Bundesfinanzhof (BFH) eingelegt mit dem Antrag, die Revision zuzulassen bzw. das Urteil des FG aufzuheben.
Der Kläger macht die Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend und führt zur Begründung im Wesentlichen aus: Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs liege darin, dass der BFH die mit der Nichtzulassungsbeschwerde aufgeworfene und sowohl für die Allgemeinheit als auch für die Entscheidung im Streitfall wichtige Rechtsfrage nicht zur Kenntnis genommen habe. Anders als der BFH in dem angefochtenen Beschluss meint, habe er, der Kläger, sich ausführlich mit der für den Streitfall einschlägigen Rechtsprechung des BFH auseinander gesetzt. Der BFH habe zudem die im Beschwerdeverfahren vorgebrachten Verfahrensrügen nicht beachtet und diese zu Unrecht in unzulässige materiell-rechtliche Rügen umgedeutet. Schließlich habe das FG im erstinstanzlichen Verfahren seinen —des Klägers— ausführlichen Vortrag zu der Frage der Nichtigkeit des Haftungsbescheids nicht zur Kenntnis genommen. Dies sei ein klarer Mangel unzureichender Sachverhaltsaufklärung. Der BFH habe diesen Verfahrensmangel in seiner Entscheidung nicht berücksichtigt.
II. 1. Die Eingabe des Klägers ist als Anhörungsrüge i.S. des § 133a der Finanzgerichtsordnung (FGO) zu werten. Diese Vorschrift ist durch Art. 10 Nr. 2 des Gesetzes über die Rechtsbehelfe bei Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (AnhRüG) vom (BGBl I, 3220) in die FGO aufgenommen worden und hat mit Wirkung ab (vgl. Art. 22 Satz 2 AnhRüG) die zuvor gültige Regelung des § 155 FGO i.V.m. § 321a ZPO, auf welche sich der Kläger noch beruft, abgelöst. Die Rüge zielt ab auf Fortführung des Verfahrens vor dem Gericht, das die beanstandete Entscheidung, gegen die ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf nicht gegeben ist, erlassen hat, sofern dieses Gericht den Anspruch des Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat (§ 133a Abs. 1 Satz 1 FGO). Ebendies hält der Kläger der beanstandeten Entscheidung des BFH entgegen. Dabei versteht der Senat den Antrag des Klägers dahin, dass er mit der Anhörungsrüge die Fortführung des Verfahrens über die Nichtzulassungsbeschwerde unter Aufhebung des beanstandeten Beschlusses des BFH und eine ihm positive Entscheidung hinsichtlich der Zulassung der Revision erreichen möchte. Das weitergehende Begehren des Klägers, auch das vorinstanzliche Urteil aufzuheben, ist von vornherein unzulässig, da dieses Ziel mit der Anhörungsrüge nicht erreicht werden kann. § 133a FGO gestattet es lediglich, ggf. das Verfahren vor dem Gericht, das die rechtskräftige Entscheidung erlassen hat, fortzuführen (vgl. § 133a Abs. 5 FGO).
2. Die Anhörungsrüge ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen (§ 133a Abs. 4 Satz 2 FGO).
Die Rüge ist zwar statthaft und in der Frist des § 133a Abs. 2 Satz 1 FGO (Zwei-Wochen-Frist) erhoben worden. Weitere Zulässigkeitsvoraussetzung einer Anhörungsrüge ist es jedoch, die angegriffene Entscheidung zu bezeichnen und das Vorliegen der in § 133a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FGO genannten Voraussetzungen darzulegen (§ 133a Abs. 2 Satz 6 FGO). Hierzu gehört insbesondere das Aufzeigen der Umstände, aus denen sich die Verletzung des rechtlichen Gehörs durch das Gericht ergibt, gegen dessen Entscheidung sich der Betroffene wendet. Ob die von dem Kläger erhobene Anhörungsrüge diesen Anforderungen genügt, kann im Streitfall offen bleiben. Die Rüge ist jedenfalls unbegründet, weil der Senat in dem angegriffenen Beschluss den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör nicht in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
Der Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes —GG—, § 96 Abs. 2 FGO) beinhaltet für das Gericht die Verpflichtung, die Ausführungen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen, in Erwägung zu ziehen und sich mit dem entscheidungserheblichen Kern des Vorbringens auseinander zu setzen (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 96 Rz. 30).
Art. 103 Abs. 1 GG und § 96 Abs. 2 FGO sind allerdings erst dann verletzt, wenn sich aus den besonderen Umständen des Einzelfalles deutlich ergibt, dass das Gericht Vorbringen entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei seiner Entscheidung ersichtlich nicht in Erwägung gezogen hat (, BFH/NV 2003, 335, m.w.N.). Denn grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die Gerichte das von ihnen entgegengenommene Beteiligtenvorbringen zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen haben. Sie sind nicht verpflichtet, sich mit jedem Vorbringen in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu befassen (vgl. z.B. , Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1996, 153, m.w.N.; , BFH/NV 1995, 131).
Im Streitfall sind keine Umstände dargelegt, aus denen sich entnehmen ließe, dass der Senat das Vorbringen des Klägers in dessen Beschwerdebegründungsschrift über die Zulassung der Revision bei seiner Entscheidung nicht in Erwägung gezogen hätte.
Insbesondere hat der Senat den Vortrag des Klägers, dass das erstinstanzliche Urteil an mehreren Verfahrensmängeln leide, zur Kenntnis genommen. Dass der Senat diesem Vortrag nicht die vom Kläger gewünschte Bedeutung beigemessen hat, verletzt nicht dessen Anspruch auf rechtliches Gehör (, BFH/NV 1994, 878, m.w.N.).
Gleiches gilt für das Vorbringen des Klägers, der Senat habe die in der Beschwerdebegründung aufgeworfene Rechtsfrage nicht beachtet. Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör ist auch insoweit nicht gegeben, weil der Senat die entsprechenden Ausführungen des Klägers in dessen Beschwerdebegründung zur Kenntnis genommen hat. Nicht von Belang ist wiederum, dass der Senat —anders, als der Kläger meint— der Beschwerdeschrift keine eindeutig formulierte Rechtsfrage zu entnehmen vermochte.
Es steht im Übrigen für sich, dass der Kläger selbst es für notwendig hält, die angeblich klärungsbedürftigen Rechtsfragen in einer Rechtsbehelfsschrift „anders und ausführlicher” zu formulieren.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
4. Für diese Entscheidung wird eine Gebühr in Höhe von 50 € erhoben (vgl. Anlage 1 —Kostenverzeichnis— zum Gerichtskostengesetz i.d.F. von Art. 1 des Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts vom , BGBl I, 718, Teil 6 Gebühr Nr. 6400 i.d.F. von Art. 11 Nr. 7 Buchst. h AnhRüG).
5. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 133a Abs. 4 Satz 3 FGO).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2005 S. 1614 Nr. 9
TAAAB-56100