BFH Beschluss v. - VI B 65/04

Kein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch bei gerundeten Kilometer-Angaben und nicht zeitnahen Eintragungen

Gesetze: EStG § 6 Abs. 1 Nr. 4, § 8 Abs. 2

Instanzenzug:

Gründe

Die Beschwerde ist nicht begründet. Die von dem Prozessbevollmächtigten der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) vorgetragenen Gründe rechtfertigen eine Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) nicht.

1. Nach § 8 Abs. 2 Satz 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) kann bei der Ermittlung des geldwerten Vorteils für die private Nutzung eines betrieblichen PKW nur dann von der 1 v.H.-Regelung (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG) abgewichen werden, wenn ein „ordnungsgemäßes Fahrtenbuch” geführt wird.

Im Streitfall ist das Finanzgericht (FG) nach Beweiserhebung zu der Auffassung gelangt, dass kein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch vorlag. Diese Überzeugung hat es darauf gestützt, dass die dienstlich gefahrene Anzahl der Kilometer in der Endziffer in der Regel eine „0” aufweise und dass der Kläger die Eintragungen bisweilen monatlich für alle Tage zusammen und nicht zeitnah täglich vorgenommen habe. Dem Umstand, dass der Arbeitgeber die Abrechnungen stichprobenweise überprüft und akzeptiert habe, hat das FG demgegenüber keine ausschlaggebende Bedeutung beigemessen. Es ist danach unter Würdigung der gesamten Umstände des Streitfalls zu der Überzeugung gelangt, dass die Darstellung des Klägers, er sei abgesehen von den angegebenen vier Privatfahrten mit dem Dienstfahrzeug während der vier Streitjahre ausschließlich dienstlich gefahren, nicht den Tatsachen entspreche. Das FG hat somit aufgrund tatrichterlicher Würdigung des konkreten Sachverhalts das Vorliegen eines ordnungsgemäßen Fahrtenbuches verneint.

An diese Würdigung ist der Bundesfinanzhof (BFH) nach § 118 Abs. 2 FGO gebunden, weil sie weder gegen Erfahrungssätze noch gegen Denkgesetze verstößt. Der BFH ist nicht befugt, eine eigene Tatsachen- oder Beweiswürdigung an die Stelle der Würdigung des FG zu setzen (vgl. Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 16. Aufl., § 118 FGO Tz. 54 ff., 64 ff.).

2. Soweit sich die Kläger dagegen wenden, dass das FG die fehlende Ordnungsmäßigkeit des Fahrtenbuchs u.a. mit den gerundeten km-Angaben zu dem Großteil der Dienstfahrten begründet hat, ergibt sich daraus weder eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, noch ein Verfahrensfehler. Ein solcher Rückschluss ist nicht zu beanstanden. Er liegt vielmehr nahe, weil sich aus den gerundeten Beträgen ergibt, dass die Angaben im Fahrtenbuch nicht (genau) mit den abgelesenen km-Ständen übereinstimmen.

Nicht schlüssig ist demgegenüber die Ansicht der Kläger, die Rundungen könnten im Gesamtjahresergebnis nur zu einer Abweichung von maximal 5 km führen. Denn bei nicht exakt abgelesenen km-Ständen lässt sich nicht feststellen, ob und ggf. in welchem Umfang die jeweiligen Rundungsdifferenzen tatsächlich auf andere Dienst- oder Privatfahrten entfallen sind. Ebenso wenig lässt sich feststellen, ob es sich in den einzelnen Fällen um Ab- oder Aufrundungen gehandelt hat und ob diese sich summieren oder ausgleichen.

3. Grundsätzliche Bedeutung kommt der Rechtssache auch nicht deshalb zu, weil das FG dem Umstand, dass der Arbeitgeber die Spesenabrechnungen stichprobenweise anhand von Tankbelegen und km-Ständen überprüft hat, keine ausschlaggebende Bedeutung beigemessen hat. Denn das Gesetz stellt auf das Vorliegen eines ordnungsgemäßen Fahrtenbuchs ab, nicht auf die Überzeugung des Arbeitgebers hinsichtlich der dienstlichen Verwendung des Kfz.

4. Ebenso wenig hat die Rechtssache wegen des von den Klägern geltend gemachten Gesichtspunktes grundsätzliche Bedeutung, dass für Handelsvertreter eine „lockerere” Führung des Fahrtenbuchs zuzulassen sei. Denn das FG hat die Klageabweisung erkennbar darauf gestützt, dass im Streitfall das Fahrtenbuch weder mit genauen km-Ständen noch durchgängig zeitnah geführt wurde. Auf die Frage, in welchem Umfang der Kläger beruflich mit dem PKW unterwegs war, kam es für diese Beurteilung nicht an.

5. Die Revision ist auch nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen. Denn eine die einheitliche Rechtsprechung gefährdende Abweichung liegt nur vor, wenn das FG bei gleichem oder vergleichbarem Sachverhalt in einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage eine andere Auffassung vertritt als das andere Gericht (vgl. z.B. , BFH/NV 2003, 886). Das ist hier nicht der Fall. Denn der Sachverhalt, der dem von den Klägern angeführten (Entscheidungen der Finanzgerichte —EFG— 1998, 184) zugrunde lag, wies die vorliegend vom FG für entscheidungserheblich gehaltenen Besonderheiten —Rundung der km-Angaben und nachträgliche Erstellung des Fahrtenbuchs— nicht auf.

6. Auch die weiteren behaupteten Verfahrensmängel —Verletzung des rechtlichen Gehörs und der Sachaufklärungspflicht des Gerichts— greifen nicht durch. Denn dazu hätte dargelegt werden müssen, inwiefern eine weitere Sachaufklärung bzw. ein weiterer Sachvortrag auf der Grundlage des materiell-rechtlichen Standpunkts des FG zu einer anderen Entscheidung hätte führen können (vgl. , BFH/NV 2004, 493). Diesen Anforderungen genügt der Hinweis auf weiteren Sachverhaltsvortrag nicht.

7. Im Kern des Beschwerdevorbringens greifen die Kläger die Beweiswürdigung des FG an. Damit machen sie jedoch keinen Verfahrensmangel geltend, sondern wenden sich gegen die sachliche Richtigkeit des FG-Urteils. Derartige Einwände eröffnen die Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO nicht (ständige Rechtsprechung, vgl. u.a. , BFH/NV 2004, 1660).

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:


Fundstelle(n):
BFH/NV 2005 S. 1554 Nr. 9
DStRE 2005 S. 978 Nr. 16
NWB-Eilnachricht Nr. 20/2006 S. 1688
OAAAB-56090