BFH Beschluss v. - V B 184/03

Vorsteueraufteilung nach § 15 Abs. 4 UStG bei gemischt genutzten Gebäuden

Gesetze: UStG § 15 Abs. 4

Instanzenzug:

Gründe

I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) erwarb 1995 ein Wohn- und Geschäftsgebäude, das sie renovierte. Im Dezember 1995 erklärte sie gegenüber dem Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt —FA—), im Erdgeschoss der Gebäude befänden sich Ladenflächen, die nach der Renovierung ca. 252 qm betragen würden; sie optiere für die gesamte Ladenfläche zur Umsatzsteuer. In ihrer Umsatzsteuererklärung für 1996 erklärte die Klägerin lediglich Vermietungsumsätze; Vorsteuerbeträge machte sie nicht geltend. Nach der Renovierung im Jahr 1997 vermietete sie 47,7 % der Gesamtfläche für gewerbliche steuerpflichtige Zwecke; 52,3 % entfielen auf vermietete Wohnungen. In Übereinstimmung mit ihrer Erklärung vom Dezember 1995, sie optiere für die gesamte Ladenfläche zur Umsatzsteuer, machte sie in ihrer Umsatzsteuererklärung für 1997 47,7 % der insgesamt 1997 angefallenen Vorsteuerbeträge geltend. Dem folgte das FA (Zustimmung vom ).

Unter Hinweis auf die (BFHE 196, 345, BStBl II 2002, 833, BFH/NV 2001, 1685) und V R 52/00 (BFH/NV 2002, 225) beantragte die Klägerin beim FA erfolglos die Änderung der Bescheide und die Berücksichtigung des Umsatzschlüssels.

Das Finanzgericht (FG) wies die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage ab mit der Begründung, die Klägerin sei an den einmal gewählten Aufteilungsmaßstab in dem nach § 168 der Abgabenordnung (AO 1977) formell bestandskräftigen Umsatzsteuerbescheid gebunden; die Revision hat das FG nicht zugelassen.

Die Klägerin begehrt die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der FinanzgerichtsordnungFGO—) sowie zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO).

Das FA tritt der Beschwerde entgegen.

II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Zulassungsgründe i.S. des § 115 Abs. 2 Nrn. 1 bis 3 FGO sind nicht entsprechend den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO dargelegt bzw. liegen nicht vor.

Nach § 115 Abs. 2 FGO ist die Revision nur zuzulassen, wenn

1. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,

2. die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des BFH erfordert oder

3. ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Gemäß § 116 Abs. 3 FGO müssen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO dargelegt werden (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 116 Rz. 25 ff.; Lange in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 116 FGO Rz. 159 ff., jeweils mit zahlreichen Rechtsprechungsnachweisen).

1. Eine Rechtsfrage hat grundsätzliche Bedeutung, wenn ihre Beantwortung durch den BFH aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit und/oder Rechtsentwicklung im allgemeinen Interesse liegt (vgl. , BFHE 144, 137, BStBl II 1985, 625). Es muss sich um eine klärungsbedürftige Rechtsfrage handeln, die im Revisionsverfahren geklärt werden kann. Am Klärungsbedarf fehlt es, wenn die Rechtsfrage anhand der bereits vorliegenden Rechtsprechung des BFH beantwortet werden kann und keine neuen rechtlichen Gesichtspunkte erkennbar sind, die eine erneute Prüfung und Entscheidung dieser Frage durch den BFH geboten erscheinen lassen (vgl. z.B. Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz. 28, mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen).

Der erkennende Senat hat bereits wiederholt entschieden: Wenn der Unternehmer einen i.S. des § 15 Abs. 4 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) sachgerechten Aufteilungsmaßstab gewählt hat, ist dieser Maßstab auch für nachfolgende Besteuerungszeiträume der Besteuerung zugrunde zu legen. Das gilt auch dann, wenn ggf. noch andere „sachgerechte” Ermittlungsmethoden in Betracht kommen, wie z.B. die Aufteilung der Vorsteuerbeträge nach dem Verhältnis der mit dem Gegenstand ausgeführten Umsätze (gegenstandsbezogener Umsatzschlüssel). Der gewählte (sachgerechte) Aufteilungsmaßstab ist auch maßgebend für eine mögliche Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG (, BFHE 185, 524, BStBl II 1998, 492; in BFHE 196, 345, BStBl II 2002, 833; vom V R 75/00, BFH/NV 2002, 227; vom V R 28/01, BFH/NV 2002, 228; in BFH/NV 2002, 225; vom V R 32/01, BFH/NV 2002, 229; , BFH/NV 2005, 584); die Bestandskraft der Steuerfestsetzung für das Erstjahr in Verbindung mit der Unabänderbarkeit gestaltet die für das Erstjahr „maßgebende” Rechtslage für die Verwendungsumsätze (, BFHE 173, 270, BStBl II 1994, 485). Ist der Umsatzsteuerbescheid des Erstjahres bestandskräftig, verbleibt es bei der einmal getroffenen Wahl, weil nach ständiger Rechtsprechung die Ausübung eines Wahlrechts keine Tatsache i.S. des § 173 AO 1977 ist (vgl. , BFHE 158, 520, BStBl II 1990, 195; BFH-Beschluss in BFH/NV 2005, 584).

Die Klägerin macht insoweit lediglich geltend, das FG habe diese Grundsätze fehlerhaft angewendet, weil im Streitfall eine Änderung des nur formell bestandskräftigen Bescheides nach § 164 AO 1977 noch möglich gewesen sei; allein damit ist die grundsätzliche Bedeutung nicht dargelegt.

2. Auch die Zulassung der Revision zur Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) kommt nicht in Betracht. Die Klägerin hat zwar einen entscheidungserheblichen abstrakten Rechtssatz aus dem angefochtenen finanzgerichtlichen Urteil aber nicht auch —was erforderlich gewesen wäre— einen davon abweichenden abstrakten Rechtssatz aus den genannten Vergleichsentscheidungen des BFH bezeichnet. Nur wenn auf diese Weise unvereinbare abstrakte Rechtssätze bezeichnet werden, ist die Beschwerde wegen Divergenz zulässig (vgl. z.B. , BFH/NV 2003, 521).

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
BFH/NV 2005 S. 1398 Nr. 8
TAAAB-56084