BFH Beschluss v. - III B 138/03

Darlegung von Revisionszulassungsgründen; kurze oder lückenhafte Urteilsbegründung kein Verfahrensfehler

Gesetze: FGO § 116 Abs. 3 Satz 3

Instanzenzug:

Gründe

Der Senat sieht gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) von der Darstellung des Tatbestands ab.

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Sie wird durch Beschluss zurückgewiesen (§ 132 FGO).

1. Die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache verlangt substanziierte Ausführungen zur Klärungsbedürftigkeit einer hinreichend bestimmten Rechtsfrage, die im Streitfall voraussichtlich klärbar und deren Beurteilung von der Klärung einer zweifelhaften oder umstrittenen Rechtslage abhängig ist. Hierzu muss sich der Beschwerdeführer insbesondere mit der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH), den Äußerungen im Schrifttum sowie mit ggf. veröffentlichten Verwaltungsmeinungen auseinander setzen. Liegen zu dem Fragenkreis bereits Entscheidungen vor, ist zusätzlich darzulegen, weshalb eine erneute Befassung des BFH für erforderlich gehalten wird. Eine weitere bzw. erneute Klärung der Rechtsfrage kann z.B. geboten sein, wenn gegen die bisherige Rechtsprechung gewichtige Einwendungen erhoben werden, mit denen sich der BFH bislang noch nicht auseinander gesetzt hat. Darüber hinaus ist auf die Bedeutung der Klärung der Rechtsfrage für die Allgemeinheit einzugehen (Beschlüsse des Senats vom III B 65/01, BFH/NV 2002, 217, und vom III B 121/03, BFH/NV 2005, 46).

Die Beschwerde wird diesen Anforderungen nicht gerecht. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) hat sich nicht mit der umfangreichen Rechtsprechung des BFH zur Berichtigung von Verwaltungsakten wegen offenbarer Unrichtigkeiten nach § 129 der Abgabenordnung (AO 1977) auseinander gesetzt (vgl. z.B. , BFHE 203, 14, BStBl II 2003, 867, m.w.N.). Sie macht im Wesentlichen geltend, sie bzw. ihr steuerlicher Berater habe bei der Erstellung der Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre mithilfe eines EDV-Programms ihre Aufwendungen für Heimunterbringung unter dem Punkt „Heimunterbringung” des Erklärungsvordrucks (Mantelbogen, Zeilen 102 bis 104) angegeben, ohne zu wissen, dass das Programm den Betrag nicht den anderen außergewöhnlichen Belastungen (Zeilen 116 bis 119) hinzufüge. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) habe lediglich den Pauschbetrag für behinderte Menschen nach § 33b Abs. 3 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) gewährt und damit den Eingabefehler im Sinne einer offenbaren Unrichtigkeit übernommen. Mit diesen Ausführungen erhebt die Klägerin —in der Art einer Revisionsbegründung— Einwendungen gegen die sachliche Richtigkeit des Urteils des Finanzgerichts (FG). Damit wird die grundsätzliche Bedeutung nicht dargetan (, BFH/NV 2002, 1476).

2. Die Klägerin rügt auch zu Unrecht, das FG-Urteil weiche von der höchstrichterlichen Rechtsprechung bzw. von Urteilen anderer FG ab. Die Divergenzrüge erfordert, in der Beschwerdebegründung tragende und abstrakte Rechtsätze aus dem angefochtenen FG-Urteil einerseits und aus den benannten Divergenzentscheidungen andererseits herauszuarbeiten und gegenüber zu stellen, um eine Abweichung zu verdeutlichen (, BFH/NV 2002, 1484). Die Klägerin hat zwar aus den von ihr benannten Entscheidungen Rechtssätze abgeleitet. Es fehlt jedoch an der Gegenüberstellung abstrakter Rechtssätze des angefochtenen FG-Urteils. Auch hier erschöpfen sich die Rügen der Klägerin weitgehend in Einwendungen gegen die materielle Richtigkeit des Urteils des FG. Das reicht zur Rüge der Divergenz nicht aus (Senatsbeschluss vom III B 47/99, BFH/NV 2000, 1451).

Soweit die Klägerin sinngemäß meint, das FG gehe abweichend von der Rechtsprechung des BFH davon aus, die Behandlung außergewöhnlicher Belastungen im Vorjahr stelle eine bindende Entscheidungsgrundlage für die Behandlung entsprechender Kosten im Streitjahr dar, ist eine Divergenz bereits deshalb abzulehnen, weil das FG in dem angefochtenen Urteil einen solchen Rechtssatz nicht aufgestellt hat. Es hat lediglich ausgeführt, der Bearbeiter habe sich in der entsprechenden Auslegung der Einkommensteuererklärung dadurch bestärkt fühlen können, dass der Bescheid für das Vorjahr nicht angefochten worden sei.

3. Die Verfahrensrüge greift nicht durch. Die Klägerin rügt, dem FG-Urteil fehlten wesentliche Begründungselemente, weil das FG die erklärten und nach ihrer, der Klägerin, Auffassung als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigenden Beträge nicht der Höhe nach in das Urteil aufgenommen habe. Das FG hätte auch die Eingabe der Heimkosten und die Verarbeitung der eingegebenen Werte in dem EDV-Programm darlegen müssen. Ferner fehlten Aussagen dazu, welche Überlegungen der Sachbearbeiter beim Erlass der Bescheide angestellt habe. Damit ist das Fehlen der Entscheidungsgründe nicht schlüssig dargetan. Dieser Verfahrensmangel (§ 119 Nr. 6 FGO) liegt nur dann vor, wenn das FG ein selbständiges Angriffs- oder Verteidigungsmittel mit Stillschweigen übergangen hat (Senatsbeschluss vom III B 145/01, BFH/NV 2002, 810) oder wenn nicht erkennbar ist, welche Feststellungen und Erkenntnisse der Entscheidung zugrunde liegen oder auf welchen rechtlichen Erwägungen sie beruht (Senatsurteil vom III R 11/98, III R 12/98, BFH/NV 2001, 899). Eine kurze oder auch lückenhafte und den Beteiligten nicht überzeugende Begründung ist nicht verfahrensfehlerhaft (, BFH/NV 2002, 1323). Soweit die Klägerin schließlich einwendet, das FG habe die Jahresfrist für die Wiedereinsetzung (§ 110 Abs. 3 AO 1977) falsch berechnet, macht sie einen materiellen Fehler, keinen Verfahrensfehler geltend.

Fundstelle(n):
HAAAB-53914