OFD Hannover - S 0820 - 35 - StH 259

Umfang der Beratungsbefugnis der Lohnsteuerhilfevereine

Bezug:

I. Allgemeines

Die Befugnis der Lohnsteuerhilfevereine zur Hilfeleistung in Steuersachen ist durch das Gesetz zur Änderung von Vorschriften über die Tätigkeit der Steuerberater vom (BGBl 2000 I S. 874; in Kraft getreten am ), Artikel 8 des Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung und zur Förderung eines kapitalgedeckten Altersvorsorgevermögens (Altersvermögensgesetz – AvmG –) vom (BGBl 2001 I S. 1310; in Kraft getreten am ) sowie Artikel 15 des Gesetzes zur Änderung steuerlicher Vorschriften (Steueränderungsgesetz 2001 – StÄndG 2001 –) vom (BGBl 2001 I S. 3794; in Kraft getreten am ) neu geregelt worden.

Lohnsteuerhilfevereine sind Selbsthilfeeinrichtungen von Arbeitnehmern und demgemäß nur zur Hilfeleistung in Steuersachen für ihre Mitglieder befugt (§ 13 Abs. 1 Steuerberatungsgesetz – StBerG –). Die Hilfeleistung darf nur unter den in § 4 Nr. 11 StBerG genannten Voraussetzungen erfolgen. Sie schließt die Vertretung vor dem Finanzgericht ein, erstreckt sich jedoch nicht auf die Vertretung vor dem Bundesfinanzhof.

Lohnsteuerhilfevereine dürfen für ihre Mitglieder nur geschäftsmäßige Hilfe in Steuersachen leisten, wenn diese Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit, sonstige Einkünfte aus wiederkehrenden Bezügen (§ 22 Nr. 1 Einkommensteuergesetz – EStG –) oder Einkünfte aus Unterhaltsleistungen (§ 22 Nr. 1a EStG) erzielen (§ 4 Nr. 11 Buchstabe a StBerG).

Die Hilfeleistung ist auch zulässig, wenn die Mitglieder (zusätzlich zu den vorgenannten Einkünften) Einnahmen – nicht Einkünfte – aus anderen Einkunftsarten i. S. von § 4 Nr. 11 Buchstabe c StBerG haben, die insgesamt die Höhe von 9.000 EUR, im Falle der Zusammenveranlagung von 18.000 EUR, nicht übersteigen. Bei der Ermittlung der vorgenannten Betragsgrenzen sind auch solche Einnahmen einzubeziehen, die im Rahmen einer gesonderten und einheitlichen Feststellung von Überschusseinkünften zu berücksichtigen sind. Dabei ist unbeachtlich, ob der Lohnsteuerhilfeverein für das Feststellungsverfahren eine Befugnis zur Hilfeleistung in Steuersachen hat (vgl. Abschnitt II).

Die Hilfeleistung in Steuersachen wird unzulässig, wenn

Dem Lohnsteuerhilfeverein ist in diesen Fällen die Hilfeleistung in Steuersachen nicht nur für diese (schädlichen) Einkünfte und Einnahmen, sondern insgesamt nicht gestattet.

Die Befugnis zur Hilfeleistung in Steuersachen kann in diesen Fällen auch nicht teilweise dadurch begründet werden, dass für die Gewinneinkünfte oder umsatzsteuerpflichtigen Umsätze zusätzlich ein Steuerberater tätig wird oder der Arbeitnehmer diese Einkünfte selbst ermittelt und erklärt (Verbot der Mandatsteilung, vgl. BStBl 1989 II S. 384).

Die Befugnis zur Hilfeleistung in Steuersachen beschränkt sich auf den Arbeitnehmerbereich und erstreckt sich nur auf die Hilfeleistung bei der Einkommensteuer und ihren Zuschlagsteuern. Somit ist der Lohnsteuerhilfeverein nicht zur Hilfeleistung beim Steuerabzug von Vergütungen für im Inland erbrachte Bauleistungen (§ 48 ff. EStG) und in Fällen der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers nach § 13b UStG befugt. Sind die Voraussetzungen des § 4 Nr. 11 Satz 1 StBerG erfüllt, so umfasst die Befugnis zur Hilfeleistung in Steuersachen

  • die allgemeine Beratung bei den in § 4 Nr. 11 Buchstaben a und c StBerG genannten Einkünften und Einnahmen,

  • die Hilfeleistung bei der Eintragung von Freibeträgen oder sonstigen Angaben auf der Lohnsteuerkarte,

  • die Hilfeleistung bei der Erstellung der Einkommensteuererklärung einschließlich der erforderlichen Anlagen und

  • die Hilfeleistung bei Anträgen zur Freistellung oder Anrechnung von Körperschaftsteuer und Kapitalertragsteuer.

Soweit die Hilfeleistung in Steuersachen nach § 4 Nr. 11 Satz 1 StBerG zulässig ist, berechtigt sie auch zur Hilfeleistung bei

Mitglieder, die arbeitslos geworden sind, dürfen weiterhin beraten werden.

II. Besonderheiten der Hilfeleistung im Feststellungsverfahren

  • In Feststellungsverfahren i. S. des § 179 ff. AO hinsichtlich Gewinneinkünften sind Lohnsteuerhilfevereine nicht zur Hilfeleistung in Steuersachen befugt. Der Lohnsteuerhilfeverein darf die Gewinneinkünfte auch nicht ungeprüft in die Einkommensteuererklärung übernehmen (Beachte: Änderung der Rechtslage – § 4 Nr. 11 Buchstabe b StBerG).

  • Bei der gesonderten und einheitlichen Feststellung von Überschusseinkünften und mit ihnen in Zusammenhang stehenden anderen Besteuerungsgrundlagen, der steuererheblichen Sachumstände nach § 180 Abs. 5 AO sowie des Abzugsbetrags nach § 10e EStG ist die Hilfeleistung in Steuersachen nur zulässig, wenn alle Beteiligten Mitglieder des die Hilfe leistenden Lohnsteuerhilfevereins sind und jeder Beteiligte die Voraussetzungen des § 4 Nr. 11 Satz 1 StBerG erfüllt.

    Ist dies nicht der Fall, ist die Befugnis des Lohnsteuerhilfevereins zur Hilfeleistung im Feststellungsverfahren gegenüber sämtlichen Beteiligten ausgeschlossen. Der Lohnsteuerhilfeverein darf jedoch den gesonderten und einheitlich festgestellten Überschuss bzw. Abzugsbetrag der Beteiligten, gegenüber denen die Hilfeleistung (außerhalb des Feststellungsverfahrens) zulässig ist, nachrichtlich in deren Einkommensteuererklärung übernehmen.

  • In Feststellungsverfahren i. S. des § 179 ff. AO hinsichtlich der Bemessungsgrundlagen für die Eigenheimzulage nach dem EigZulG ist ein Lohnsteuerhilfeverein zur Hilfeleistung in Steuersachen nur dann befugt, wenn alle Anspruchsberechtigten Mitglieder dieses Lohnsteuerhilfevereins sind und jeder Anspruchsberechtigte die Voraussetzungen des § 4 Nr. 11 Satz 1 StBerG erfüllt.

    Ist dies nicht der Fall, darf der Lohnsteuerhilfeverein lediglich den gesondert und einheitlich festgestellten Betrag der Anspruchsberechtigten, gegenüber denen die Hilfeleistung (außerhalb des Feststellungsverfahrens) zulässig ist, nachrichtlich in deren Eigenheimzulageantrag übernehmen.

III. Besonderheiten der Hilfeleistung beim Verlustabzug nach § 10d EStG

Liegen die Voraussetzungen des § 4 Nr. 11 Satz 1 StBerG vor, so umfasst die Befugnis zur Hilfeleistung in Steuersachen auch die Übernahme des verbleibenden Verlustvortrags nach § 10d EStG, selbst wenn er aus den in § 4 Nr. 11 Buchstabe b StBerG genannten Einkünften resultiert. Gleiches gilt für die Befugnis zur Hilfeleistung bei der Verteilung des Verlustabzugs (§ 10d Abs. 1 Satz 7 und 8 EStG).

IV. Beispiele

Einkünfte aus anderen Einkunftsarten

Beispiel 1:

Der Arbeitnehmer hat im Kalenderjahr Arbeitslohn bezogen. Daneben hat er für eine schriftstellerische Tätigkeit ein Honorar von 300 EUR (ohne USt) erhalten.

Stellungnahme: Der Lohnsteuerhilfeverein ist gegenüber diesem Arbeitnehmer ungeachtet der Höhe der Einkünfte aus selbstständiger Arbeit insgesamt nicht zur Hilfeleistung in Steuersachen befugt. Der Lohnsteuerhilfeverein darf diese und andere Gewinneinkünfte (z. B. gewerbliche Einkünfte als atypisch stiller Gesellschafter) auch nicht ungeprüft in die Einkommensteuererklärung übernehmen (Beachte: Änderung der Rechtslage – § 4 Nr. 11 Buchstabe b StBerG).

Arbeitnehmerbereich

Beispiel 2: (…) [1]
Beispiel 3:

Ein Arbeitnehmer lässt in die von ihm vermietete Wohnung von einem in den Niederlanden ansässigen Unternehmer neue Fenster einbauen. Der Arbeitnehmer bittet seinen Lohnsteuerhilfeverein, ihm bei der Umsatzsteuer-Voranmeldung zu helfen.

Stellungnahme: Der Lohnsteuerhilfeverein darf nicht tätig werden. Die Befugnis zur Hilfeleistung erstreckt sich nur auf die Einkommensteuer und ihre Zuschlagsteuern, nicht jedoch auf die Umsatzsteuer.

Beispiel 4:

Ein Arbeitnehmer, der drei Eigentumswohnungen geerbt hat, lässt diese zum Zwecke späterer Vermietung für 18.000 EUR renovieren (Erhaltungsaufwendungen). Der Leistende legt keine Freistellungsbescheinigung nach § 48b EStG vor. Der Arbeitnehmer bittet den Lohnsteuerhilfeverein, ihm bei der Anmeldung des einzubehaltenden Steuerabzugs zu helfen.

Stellungnahme: Der Lohnsteuerhilfeverein darf nicht tätig werden. Die Befugnis zur Hilfeleistung in Steuersachen erstreckt sich nur auf die Einkommensteuer des jeweiligen Mitglieds. Die Vornahme des Steuerabzugs und die Abführung des Abzugsbetrags erfolgen hingegen für Rechnung des Leistenden.

Verlustabzug nach § 10d EStG

Beispiel 5:

Die Eheleute beziehen beide Arbeitslohn. Aus einer früheren Tätigkeit aus Gewerbebetrieb haben sie einen verbleibenden Verlustvortrag nach § 10d EStG, der gesondert festgestellt wurde.

Stellungnahme: Der vom Finanzamt gesondert festgestellte Verlustvortrag darf in die Einkommensteuererklärung übernommen werden, obwohl er aus Einkünften aus Gewerbebetrieb resultiert.

Einnahmegrenze

Beispiel 6:

Die Eheleute sind beide Arbeitnehmer und Mitglieder des Lohnsteuerhilfevereins. Neben ihrem Arbeitslohn haben sie im Kalenderjahr Zinseinnahmen von je 1.500 EUR bezogen. Außerdem sind sie Eigentümer eines Mietwohngrundstücks, das ihnen je zur Hälfte gehört: Die hieraus erwirtschafteten Mieteinnahmen betragen insgesamt 17.500 EUR. Gewinneinkünfte wurden nicht erzielt.

Stellungnahme: Der Lohnsteuerhilfeverein ist insgesamt nicht zur Hilfeleistung in Steuersachen befugt, da die Einnahmen aus dem Mietwohngrundstück (17.500 EUR) zusammen mit den Einnahmen aus Kapitalvermögen (2 × 1.500 EUR ohne Berücksichtigung der Freibeträge nach § 20 Abs. 4 EStG) die Betragsgrenze des § 4 Nr. 11 Buchstabe c StBerG (18.000 EUR) übersteigen.

Feststellungsverfahren

Beispiel 7:

Wie Beispiel 6, jedoch sind die Arbeitnehmer nicht verheiratet und die Einnahmen aus dem Mietwohngrundstück betragen 5.000 EUR.

Stellungnahme: Die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sind gesondert und einheitlich festzustellen (§ 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe a AO). Der Lohnsteuerhilfeverein ist zur Hilfeleistung bei der gesonderten und einheitlichen Feststellung der Vermietungseinkünfte und der Erstellung der Einkommensteuererklärungen befugt, da alle Beteiligten Mitglieder des Lohnsteuerhilfevereins sind, jeder Beteiligte die Voraussetzungen des § 4 Nr. 11 StBerG erfüllt und die Betragsgrenze des § 4 Nr. 11 Buchstabe c StBerG nicht überschritten wird.

Beispiel 8:

Wie Beispiel 7, jedoch sind die Arbeitnehmer Mitglieder unterschiedlicher Lohnsteuerhilfevereine.

Stellungnahme: Die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sind gesondert und einheitlich festzustellen (§ 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe a AO). Der Lohnsteuerhilfeverein ist nicht zur Hilfeleistung bei der gesonderten und einheitlichen Feststellung der Vermietungseinkünfte befugt, da die Beteiligten Mitglieder verschiedener Lohnsteuerhilfevereine sind.

Der Lohnsteuerhilfeverein darf jedoch den gesondert und einheitlich festgestellten Überschuss seines Mitglieds, gegenüber dem die Hilfeleistung zulässig ist, nachrichtlich in dessen Einkommensteuererklärung übernehmen, da die anteiligen Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung (2.500 EUR) und die Einnahmen aus Kapitalvermögen (1.500 EUR) die Betragsgrenze des § 4 Nr. 11 Buchstabe c StBerG i. H. von 9.000 EUR nicht übersteigen.

Diese Erlasse [2] treten an die Stelle der gleich lautenden Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder vom (BStBl 2001 I S. 246).

Zusatz der OFD:

Sollten Lohnsteuerhilfevereine die Grenzen ihrer Beratungsbefugnis überschreiten, sind sie nach § 80 Abs. 5 AO zurückzuweisen. Die OFD bittet, ihr in diesen Fällen gem. § 27 StBerG zu berichten.

Durch das Gesetz vom zur Neuordnung der einkommensteuerrechtlichen Behandlung von Altersvorsorgeaufwendungen und Altersbezügen (Alterseinkünftegesetz – AltEinkG [3]) und das Gesetz vom zur Umsetzung von EU-Richtlinien in nationales Steuerrecht und zur Änderung weiterer Vorschriften (Richtlinienumsetzungsgesetz – EURLUmsG [4]) ist die Befugnis der Lohnsteuerhilfevereine zur beschränkten Hilfeleistung in Steuersachen erweitert worden.

Diese dürfen demnach nun auch Hilfe in Steuersachen für Mitglieder leisten, die Einkünfte aus Leistungen nach § 22 Nr. 5 EStG erzielen (§ 4 Nr. 11 Satz 1 Buchst. a StBerG).

Die Befugnis zur Hilfeleistung erstreckt sich nunmehr auch auf Einkünfte aus anderen Einkunftsarten, wenn die den Einkünften zugrunde liegenden Einnahmen nach § 3 Nr. 12 oder Nr. 26 EStG in voller Höhe steuerfrei sind (§ 4 Nr. 11 Satz 1 Buchst. b StBerG).

Außerdem dürfen Lohnsteuerhilfevereine auch bei den mit haushaltsnahen Beschäftigungsverhältnissen i. S. des § 35a Abs. 1 EStG zusammenhängenden Arbeitgeberaufgaben Hilfe leisten (§ 4 Nr. 11 Satz 3 StBerG).

OFD Hannover v. - S 0820 - 35 - StH 259

Fundstelle(n):
TAAAB-53359

1überholt durch EURLUmsG vom , s. a. Zusatz der OFD

2BStBl 2002 I S. 344

3BGBl 2004 I S. 1427

4BGBl 2004 I S. 3310