BFH Beschluss v. - V B 194/04

Rüge einer Divergenz

Gesetze: FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2

Instanzenzug:

Gründe

I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist eine GmbH, die zu dem Zweck gegründet wurde, die Eigentümerinteressen bei der Nutzung einer Liegenschaft wahrzunehmen. Ihre alleinige Gesellschafterin ist die öffentliche Hand.

Mit der Betriebsführung selbst hat die Klägerin die X-AG beauftragt.

Die Aufgaben der Klägerin ergeben sich aus dem Gesellschaftsvertrag und einem zwischen der Gesellschafterin und der Klägerin geschlossenen Beauftragungsvertrag. Zur Erfüllung dieser Aufgaben erhielt die Klägerin von der Gesellschafterin Geldmittel, die der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) in den Umsatzsteuerbescheiden für die Streitjahre 1993 bis 1996 als Entgelte für steuerpflichtige Umsätze der Klägerin an die Gesellschafterin behandelte.

Nach erfolgslosem Einspruch klagte die Klägerin wegen Umsatzsteuer und Körperschaftsteuer. Die Klage wegen Körperschaftsteuer hatte teilweisen Erfolg; wegen der Umsatzsteuer blieb die Klage erfolglos. Das Finanzgericht (FG) ließ die Revision gegen sein Urteil nicht zu.

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der vorliegenden Beschwerde, mit der sie Divergenz der Vorentscheidung vom (BFHE 198, 233, BStBl II 2002, 782) und einen Verfahrensmangel rügt.

II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

1. Nach § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist die Revision zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO), die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine BFH-Entscheidung erfordert (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO). Die Nichtzulassung kann mit der Beschwerde angefochten werden (§ 116 Abs. 1 FGO). Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung zu begründen (§ 116 Abs. 3 Satz 1 FGO). In der Beschwerdebegründung müssen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO dargelegt werden (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO).

2. Die Beschwerdebegründung wegen Körperschaftsteuer ist verspätet. Die Vorentscheidung ist den Prozessbevollmächtigten der Klägerin am zugestellt worden. Die am beim BFH eingegangene Beschwerdebegründung ist nicht innerhalb der Zweimonatsfrist des § 116 Abs. 3 Satz 1 FGO erfolgt. Die Beschwerdebegründung vom betrifft ausschließlich die Umsatzsteuer und nicht die Körperschaftsteuer.

3. Die Beschwerde wegen Umsatzsteuer ist rechtzeitig begründet worden, hat aber in der Sache keinen Erfolg.

a) Die Revision ist zwar nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO auch bei einer Divergenz der Vorentscheidung von einer Entscheidung des BFH zuzulassen; die von der Klägerin gerügte Divergenz liegt aber nicht vor.

Die Klägerin entnimmt dem Urteil in BFHE 198, 233, BStBl II 2002, 782 folgende abstrakte Rechtssätze:

„Bei der Übernahme satzungsmäßiger Aufgaben in einen besonderen Geschäftsbesorgungsvertrag führt dies dann zu keinem entgeltlichen Leistungsaustausch, soweit die Zahlungen des Gesellschafters an seine Gesellschaft im Gesellschaftsverhältnis und nicht in einem daneben bestehenden Geschäftsbesorgungsvertrag begründet sind.

Ob Tätigkeiten einerseits und Zahlungen andererseits im Gesellschaftsverhältnis oder in einem Geschäftsbesorgungsvertrag begründet sind, ist eine dem Finanzgericht insgesamt obliegende Sachverhaltswürdigung.”

Abgesehen davon, dass diese Rechtssätze jedenfalls dem Wortlaut nach nicht völlig mit den Formulierungen des BFH übereinstimmen, steht die Vorentscheidung zu ihnen nicht in Widerspruch. Die Vorentscheidung nimmt vielmehr ausdrücklich auf das Urteil in BFHE 198, 233, BStBl II 2002, 782 Bezug. Entgegen der Ansicht der Klägerin enthält sie auch nicht sinngemäß den Rechtssatz: „Werden satzungsgemäße Aufgaben in ein schuldrechtliches Vertragsverhältnis übernommen, sind der umsatzsteuerlichen Beurteilung alleine und isoliert die schuldrechtlichen Vereinbarungen zu Grunde zu legen, denen dann eine im Gesellschaftsverhältnis begründete Veranlassung nicht mehr beigemessen werden kann.” Vielmehr ist das FG unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls zum Ergebnis gelangt, dass die Zahlungen der Gesellschafterin nicht im Gesellschaftsvertrag, sondern im Beauftragungsvertrag begründet waren. Dabei hat das FG maßgeblich berücksichtigt, dass sich die Zuschussverpflichtung des Bundes nicht unmittelbar aus dem Gesellschaftsvertrag, sondern aus § 6 des Beauftragungsvertrags ergab.

b) Die Revision ist auch nicht wegen des von der Klägerin gerügten Verfahrensmangels (Verstoß gegen § 76 Abs. 1 Satz 2 FGO durch Unterlassung von Beweiserhebungen) zuzulassen.

Nach § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO erforscht das Gericht den Sachverhalt von Amts wegen. Die Beteiligten sind dabei heranzuziehen (§ 76 Abs. 1 Satz 2 FGO).

Aus der Beschwerdebegründung ergibt sich nicht schlüssig, inwiefern das FG gegen diese Vorschrift verstoßen haben soll und welche Beweise es nach Ansicht der Klägerin noch hätte erheben sollen.

Es ist unklar, ob die von der Klägerin zitierte „Satzung” und der vom FG erwähnte „Gesellschaftsvertrag” identisch sind, ob die Klägerin behaupten will, dem FG habe ihre „Satzung” nicht vorgelegen, oder ob sie lediglich rügt, das FG habe „§ 15 der Satzung” nicht ausreichend oder nicht richtig berücksichtigt. Jedenfalls fehlt es an der Darlegung, dass die Entscheidung des FG auf einem diesbezüglichen Verfahrensfehler des FG beruhen kann. Auch dem von der Klägerin in der Beschwerdebegründung zitierten Wortlaut des § 15 der „Satzung” kann nicht unmittelbar eine Zahlungsverpflichtung des Bundes an die Klägerin entnommen werden.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
QAAAB-52991