BFH Beschluss v. - II B 171/03

Bindungswirkung des Bescheids über den Einheitswert des Betriebsvermögens

Gesetze: AO § 182; BewG §§ 110, 114

Instanzenzug:

Gründe

I. Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) sind Eheleute, die zum 1. Januar der Jahre 1994 und 1995 mit einem Kind zur Vermögensteuer zusammen veranlagt wurden. Der Kläger war an einer OHG mit einem Gewinnbezugsrecht und einem Anteil an den stillen Reserven von 100 % atypisch still beteiligt. Die OHG, die Klägerin und zwei Kinder der Kläger waren mit je 25 % am Grundkapital einer AG beteiligt.

Im Dezember 1992 schloss der Kläger mit der AG einen Vertrag über die Gewährung eines Darlehens von bis zu 3 Mio. Schweizer Franken (SFR). In ihren Vermögensteuererklärungen ordneten die Kläger die —nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) nicht in einer Sonderbilanz des Klägers bei der OHG ausgewiesenen— Darlehensforderungen dem sonstigen Vermögen zu, begehrten später aber, sie im Sonderbetriebsvermögen des Klägers bei der OHG zu erfassen.

Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg. Das FG führte aus, es sei nicht festzustellen gewesen, ob die Darlehensgewährung unter dem Gesichtspunkt der Sicherung der wirtschaftlichen Existenz der AG zum Zwecke der Aufrechterhaltung der Geschäftsbeziehung mit der OHG notwendig gewesen sei. Gleichzeitig wies das FG die zur gemeinsamen Verhandlung verbundene Klage auf Einbeziehung der Darlehensforderungen in die Einheitswertfeststellungen der OHG ab.

Die Kläger begehren die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung und zur Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung. Ferner rügen sie die Verletzung von Sachaufklärungs- und Hinweispflichten.

II. Die Beschwerde ist unbegründet.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision sind teils nicht in der nach § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) erforderlichen Weise dargelegt worden, teils liegen sie nicht vor.

1. Die Kläger haben nicht hinreichend dargelegt, dass die von ihnen aufgeworfene Rechtsfrage der steuerlichen Behandlung von Darlehen, die ein Mitunternehmer einer der Personengesellschaft nahestehenden Kapitalgesellschaft gewährt, von grundsätzlicher Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO ist.

Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zu, wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das (abstrakte) Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Außerdem muss die Rechtsfrage klärungsbedürftig und in einem künftigen Revisionsverfahren klärungsfähig sein (BFH-Beschlüsse vom X B 109/02, BFH/NV 2003, 1082, unter 1. a, und vom X B 132/02, BFH/NV 2004, 495, unter 1.). Die schlüssige Darlegung der Klärungsbedürftigkeit erfordert ein konkretes und substantiiertes Eingehen darauf, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Rechtsfrage umstritten ist (BFH-Beschlüsse vom III B 164/01, BFH/NV 2002, 1028; vom X B 121/01, BFH/NV 2003, 934, und vom VIII B 168/03, BFH/NV 2004, 1524). Dazu enthält die Beschwerdebegründung keinerlei Ausführungen.

2. Es kann dahinstehen, ob das Vorbringen, eine Entscheidung des BFH sei zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO), den Darlegungsanforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO entspricht und ob die von den Klägern gerügten Abweichungen des Urteils der Vorinstanz von anderen Entscheidungen tatsächlich gegeben sind.

Denn jedenfalls in diesem Verfahren „erfordert” die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des BFH, weil über die Frage, ob ein Wirtschaftsgut zum sonstigen Vermögen oder aber zum Betriebsvermögen gehört, im Verfahren über die Feststellung des Einheitswerts des Betriebsvermögens verbindlich entschieden wird und sie damit in einem zur Vermögensteuer geführten künftigen Revisionsverfahren nicht klärungsfähig wäre.

Gemäß § 182 Abs. 1 Satz 1 der Abgabenordnung (AO 1977) sind Feststellungsbescheide für Folgebescheide bindend, soweit die in den Feststellungsbescheiden getroffenen Feststellungen für diese Folgebescheide von Bedeutung sind. Bezogen auf den Streitfall ist die im Feststellungsverfahren zu treffende Entscheidung, ob die Darlehensforderung Bestandteil des (Sonder-) Betriebsvermögens des Klägers bei der atypisch stillen Gesellschaft ist, auch für die Veranlagung zur Vermögensteuer bindend. Denn Wirtschaftsgüter gehören nur zum sonstigen Vermögen, soweit sie nicht zum Betriebsvermögen gehören (Einleitungssatz des § 110 Abs. 1 des BewertungsgesetzesBewG— in der zu den streitigen Veranlagungszeitpunkten gültigen Fassung). Für inländische Gewerbebetriebe sind Einheitswerte festzustellen (§ 19 Abs. 1 Nr. 2 BewG). Bei der Bewertung des Gesamtvermögens sind die Wirtschaftsgüter, für die ein Einheitswert festzustellen ist, mit den festgestellten Einheitswerten anzusetzen (§ 114 Abs. 3 BewG).

Damit enthält ein Einheitswertbescheid gleichzeitig eine positive und eine negative Feststellung. Entsprechend reicht die Änderung eines Folgebescheids nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO 1977 so weit, wie sie durch die Änderung des zugrunde liegenden Feststellungsbescheids gerechtfertigt ist (, BFHE 82, 352, BStBl III 1965, 376, zu § 218 Abs. 4 der Reichsabgabenordnung).

3. Ob die von den Klägern geltend gemachten Verfahrensmängel vorliegen, kann der Senat ebenfalls offen lassen. Denn die Beschwerde ist insoweit jedenfalls in analoger Anwendung des § 126 Abs. 4 FGO (vgl. dazu , BFH/NV 2004, 906, unter I. 2.) zurückzuweisen.

Das angefochtene Urteil kann nicht i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO auf den gerügten Verfahrensmängeln „beruhen”, weil das FG angesichts der verfahrensrechtlichen Bindungswirkung des Einheitswertbescheids, in dem die Darlehensforderung nicht dem Betriebsvermögen zugeordnet wurde, nicht zu einer klagestattgebenden Entscheidung hinsichtlich der Vermögensteuer kommen konnte.

Fundstelle(n):
BFH/NV 2005 S. 997 Nr. 7
YAAAB-52796