OFD Berlin - St 124 - S 2253 a - 1/89

Steuerliche Behandlung von Funktionsträgergebühren in Erbbaurechtsfällen

Gemäß RdNr. 21 des Fondserlasses ( BStBl 2003 I S. 546) können die Kosten, die der Bauherr im Zusammenhang mit der Errichtung des Gebäudes oder der Eigentumswohnung aufzubringen hat, Anschaffungskosten des Grund und Bodens und – bei Eintritt nach Baubeginn – des bereits erstellten Teils des Gebäudes oder der Eigentumswohnung, Herstellungskosten des Gebäudes oder der Eigentumswohnung oder sofort abziehbare Werbungskosten sein. Entsprechendes galt in Tz. 4.1 des 4. Bauherrenerlasses ( BStBl 1990 I S. 366).

Es stellt sich die Frage, ob in Fällen einer Erbbaurechtseinräumung die nach dem Fondserlass bzw. nach dem 4. Bauherrenerlass nicht als sofort abziehbare Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben zu behandelnden Funktionsträgergebühren nach dem Verhältnis der tatsächlich angefallenen Anschaffungs- und Herstellungskosten aufzuteilen und zuzuordnen sind (Anschaffungskosten = hier nur Anschaffungsnebenkosten des Erbbaurechts) oder ob diese Aufwendungen anteilig den Anschaffungskosten des Erbbaurechts nach dem Wert des mit dem Erbbaurecht belasteten Grund und Bodens im Verhältnis zu den Herstellungskosten des Gebäudes zugeordnet werden müssen.

Diese Frage ist weder im 4. Bauherrenerlass angesprochen noch ist sie im Fondserlass geregelt; Regelungsgegenstand beider Erlasse sind ausschließlich Eigentumsgrundstücke. Sie ist von den ESt-Referatsleitern der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder erörtert worden.

Ergebnis der Erörterung ist, dass es im 4. Bauherrenerlass (jetzt: Fondserlass) weniger um die zutreffende Ermittlung der Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten der Wirtschaftsgüter des Fonds geht, sondern mehr um die steuerliche Einordnung aller bei solchen oder ähnlichen Modellen auftretenden, ungewöhnlichen und/oder unangemessen hohen Aufwendungen (vgl. RdNr. 5 des Fondserlasses vom ).

Analog zum Bauherrenerlass muss auch in Erbbaurechtsfällen davon ausgegangen werden, dass

  • die zu aktivierenden Funktionsträgergebühren ebenfalls auf die Erlangung des gesamten Objektes gerichtet sind und

  • das begehrte Gesamtobjekt in einem Gebäude und einem grundstücksgleichen Recht besteht, „auf dem” das Gebäude steht bzw. errichtet wird.

Unabhängig davon, ob der Erbbauzins ratierlich oder in einem Einmalbetrag geleistet wird, ist das „Erlangungsziel” der Anleger neben dem Gebäude auch das Erbbaurecht. Die zu aktivierenden Funktionsträgergebühren sind deshalb anteilig Anschaffungs-(neben)kosten des Erbbaurechts.

Die überhöhten Funktionsträgergebühren werden nicht als zusätzliches Nutzungsentgelt für das Erbbaurecht und auch nicht nur für Bauleistungen gezahlt, sondern sie erhält „der Initiator” für seine Leistungen (u.a. Beschaffung des Grundstücks, Baureifmachung, Gewinnaufschlag und die üblichen Leistungen der Bebauung). Wirtschaftlich kann es deshalb keinen Unterschied machen, ob diese Leistungen (und die Vergütung hierfür) für ein Eigentumsgrundstück oder ein Erbbaurecht bezahlt werden. Da die Vergütung des Initiators für die auf den „Grund und Boden” bezogenen Leistungen sich aber nicht nach einem Jahresbetrag des Erbbauzinses, sondern nach dem tatsächlichen Grundstückswert richten, müssen diese Kosten nach dem Wert des Grundstücks/Erbbaurechts einschließlich der sonstigen Anschaffungs-(neben)kosten (des Erbbaurechts) anteilig den Anschaffungs-(neben)kosten des Erbbaurechts zugeordnet werden. Dies ergibt sich jedenfalls völlig zwanglos unter der beispielhaften Annahme, dass die erhöhten Funktionsträgergebühren eine versteckte Maklerprovision für die Beschaffung des Erbbaurechts enthalten.

Ein solches Verständnis entspricht auch der Auffassung des BFH in ständiger Rechtsprechung (z.B.  BStBl 1983 II S. 413 und  BStBl 1992 II S. 70), nach der die im Zusammenhang mit der Erbbaurechtsbestellung zusammenhängenden (einmaligen) Kosten zu aktivieren sind, während das (laufende) Nutzungsentgelt wegen des fortwährenden Leistungsaustauschs zwischen dem Grundstückseigentümer und dem Erbbauberechtigten zu sofort abzugsfähigen Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten führt.

Schließlich kommt es beim Ansatz von Anschaffungskosten nicht darauf an, ob der Aufwand tatsächlich zu einer Wertverbesserung des erworbenen Wirtschaftsguts geführt hat und sich entsprechend nachweisen lässt. Entscheidend ist vielmehr, dass Anschaffungskosten als Bezugsgröße die Erbringung von Anschaffungsleistungen voraussetzen.

Die ESt-Referatsleiter haben darüber hinaus entschieden, dass der Wert des „Grund und Bodens”/des Erbbaurechts als Bemessungsgrundlage für die Aufteilung der Funktionsträgergebühren wie folgt ermittelt werden soll:

Bei Erbbaurechtseinmalzahlungen:

nach dem vertraglich verabredeten Betrag der Einmalzahlung zuzüglich der angefallenen Anschaffungs(neben)kosten;

Bei laufendem Erbbauzins bzw. einer Kombination zwischen Erbbauzinsvorauszahlung für mehrere Jahre und sodann lfd. Erbbauzins:

nach den kapitalisierten Erbbauzinszahlungen einschl. der -vorauszahlungen unter Berücksichtigung der Laufzeit des Erbbaurechts (ggf. aus Vereinfachungsgründen lt. Anlage 9a zum BewG – BStBl 1992 I S. 689 – = Tabelle 7 zum  BStBl 2001 I S. 1057).

Der Erbbauzins als Bezugsgröße spiegelt den Wert des Grund und Bodens, wie er zwischen den Vertragsparteien vereinbart wurde, wider, und durch die Kapitalisierung nach der Anlage 9a wird die Laufzeit des Erbbaurechts angemessen berücksichtigt. Der so ermittelte Wert entspricht auch weitestgehend dem Wert, der bei einer Erbbauzinseinmalzahlung zu berücksichtigen wäre.

In der Praxis ergibt sich danach für die Ermittlung der aufzuteilenden Funktionsträgergebühren folgendes Verfahren:

Ermittlung des Gesamtaufwandes unter Einbeziehung des ermittelten „Grund und Boden – Hilfswerts” lt. vorbeschriebener Methode (siehe nachfolgendes Beispiel).

Feststellung der Höhe der als Werbungskosten anzuerkennenden Funktionsträgergebühren nach dem unter 1. ermittelten Gesamtaufwand;

Aufteilung des nach 2. nicht als Werbungskosten anzuerkennenden Anteils der Funktionsträgergebühren im Verhältnis „Hilfswert Grund und Boden/Erbbaurecht” zuzüglich Anschaffungs-(neben)kosten des Erbbaurechts und Anschaffungs- und Herstellungskosten des Gebäudes;

Anteilige Aktivierung und Abschreibung über die gegebene jeweilige Nutzungsdauer.

Beispiel:
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Anschaffungsnebenkosten Erbbaurecht/Laufzeit 75 Jahre
5   
Herstellungskosten Gebäude
500   
Funktionsträgergebühren insgesamt
50   
Zwischensumme
555   
lfd. Erbbauzinszahlung jährlich 20
 
Berechnung des Gesamtaufwandes:
 
Lfd. Erbbauzins × Vervielfältiger lt. Anlage 9a 18,345 =
367   
Gesamtaufwand
922   
Zu aktivierende Funktionsträgergebühren (von den 50 oben sind 6,4 als sofort abzugsfähig angenommen) 43,6
 
Aufteilung der Funktionsträgergebühren:
 
Die Aufteilung erfolgt mit der Formel
43,6 × 372 (= 367 + 5)
872
18,6
= zusätzliche Anschaffungsnebenkosten Erbbaurecht
 
bzw.
43,6 × 500
872
25.0
= zusätzliche Herstellungskosten.
 
 
zusammen
43,6

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Fundstelle(n):
TAAAB-52604