Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme
Gesetze: FGO § 76 Abs. 2, §§ 81, 115
Instanzenzug:
Gründe
I. Bei einer durch Beamte der Zollfahndung durchgeführten Kontrolle eines Busses, der aus Rumänien kommend über Österreich nach Deutschland eingereist war, wurden in einem Schmuggelversteck 80 000 Stück unversteuerte Zigaretten gefunden. Der Bus gehört einem rumänischen Unternehmen, dessen Geschäftsführer der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) ist. Einer der beiden Busfahrer (C) gab in dem anschließenden strafrechtlichen Ermittlungsverfahren an, dass der Kläger vor der Abreise aus Rumänien die Zigaretten in dem Bus versteckt habe. Daraufhin wurde mit Steuerbescheid die auf die Zigaretten entfallende Tabaksteuer gegen den Kläger als Gesamtschuldner festgesetzt.
Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) urteilte, dass die Steuerschuld nach § 19 des Tabaksteuergesetzes entstanden und der Kläger Steuerschuldner sei, da er das Verbringen bzw. Versenden der Zigaretten aus dem freien Verkehr Österreichs in das deutsche Steuergebiet veranlasst habe. Nach den zollamtlichen Ermittlungen sei davon auszugehen, dass die Zigaretten vom Kläger in das Versteck im Bus eingebaut und in seinem Auftrag über Österreich nach Deutschland verbracht worden seien. Dies folge aus den Angaben des C im Ermittlungsverfahren, aus der Anzeige der Ehefrau des Klägers, welche zu der Überprüfung des Busses geführt habe, sowie aus dem Umstand, dass bei einer anschließenden Durchsuchung einer Halle des Unternehmens des Klägers weitere unversteuerte Zigaretten gefunden worden seien.
Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers, welche er auf den Zulassungsgrund des Verfahrensmangels (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung —FGO—) stützt. Er macht geltend, dass das FG die ihm nach § 76 FGO obliegenden Sachaufklärungs- und Hinweispflichten verletzt habe.
II. Die Beschwerde ist unbegründet, weil die vom Kläger geltend gemachten Verfahrensmängel zum Teil nicht schlüssig dargelegt sind, wie es § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO verlangt, jedenfalls aber nicht vorliegen.
Da der im finanzgerichtlichen Verfahren geltende Untersuchungsgrundsatz eine Verfahrensvorschrift ist, auf deren Einhaltung ein Beteiligter —ausdrücklich oder durch Unterlassen einer Rüge— verzichten kann (§ 155 FGO i.V.m. § 295 der Zivilprozessordnung), hat die unterlassene rechtzeitige Rüge eines vom FG übergangenen Beweisantrags den endgültigen Rügeverlust, so z.B. auch zur Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde, zur Folge. Im Streitfall ist es jedoch bereits weder von Seiten der Beschwerde dargelegt noch sonst ersichtlich, dass der Kläger im finanzgerichtlichen Verfahren überhaupt Beweisanträge —etwa bezüglich der Vernehmung seiner Ehefrau oder des C als Zeugen— gestellt hat. Vielmehr hat der Kläger mit seiner Klagebegründung lediglich bestritten, dass er Kenntnis von den Zigaretten im Bus gehabt bzw. Besitz an ihnen begründet habe, und hat sein Einverständnis mit einer Entscheidung des Gerichts ohne mündliche Verhandlung erklärt. Anders als die Beschwerde meint, war das FG auch nicht gemäß § 76 Abs. 2 FGO verpflichtet, den sachkundig vertretenen Kläger darauf hinzuweisen, dass er hinsichtlich einer von ihm für erforderlich gehaltenen weiteren Aufklärung des Sachverhalts ggf. Beweisanträge zu formulieren bzw. den im Ausland lebenden C, falls er dessen Vernehmung zu einem Auslandssachverhalt begehre, in der mündlichen Verhandlung zu stellen habe.
Aus diesem Grund konnte sich das FG auch auf das richterliche Vernehmungsprotokoll über die Aussage des C im Ermittlungsverfahren stützen und war durch den Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme nicht von Amts wegen verpflichtet, C als Zeugen zu vernehmen. Sollte das Vorbringen der Beschwerde zutreffen, dass C zwischenzeitlich bereits verstorben war, ist es umso weniger erkennbar, worauf die Beschwerde ihre Verfahrensrüge stützen will.
Im Übrigen ist auch der Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme eine Verfahrensvorschrift, auf deren Einhaltung ein Beteiligter ausdrücklich oder durch Unterlassen einer Rüge verzichten kann (vgl. , BFH/NV 2002, 667, m.w.N.), weshalb es sich im Streitfall nicht als verfahrensfehlerhaft darstellt, dass das FG die Angaben der Ehefrau des Klägers im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren verwertet hat. In Anbetracht der Ausführungen in der Klageerwiderung konnte für den sachkundig vertretenen Kläger kein Zweifel bestehen, dass sich das zollamtliche Ermittlungsergebnis u.a. auch auf die Angaben seiner Ehefrau stützte. Gleichwohl hat er in keiner Weise zu erkennen gegeben, dass und ggf. weshalb er die Einvernahme seiner Ehefrau als Zeugin durch das FG für erforderlich hielt, sondern hat vielmehr auf eine mündliche Verhandlung vor dem FG verzichtet.
Fundstelle(n):
SAAAB-52571