Statthaftigkeit der Beschwerde gegen die Wiederaufnahme des Klageverfahrens ablehnenden Beschlusses des FG
Gesetze: FGO § 128
Instanzenzug:
Gründe
Vor dem Finanzgericht (FG) hatten sowohl der Kläger, Antragsteller und Beschwerdeführer (Kläger) persönlich als auch der Wirtschaftsprüfer und Steuerberater Dipl.-Kfm. P für den Kläger Klage wegen Einkommensteuer 2000 erhoben. Die persönliche Klageerhebung des Klägers sollte bei fristgerechtem Eingang der Klage des P gegenstandslos sein. Weiter hatte der Kläger angekündigt, dass P und ein weiterer Bevollmächtigter die Klage begründen würden. P seinerseits hatte die Klage namens und im Auftrag des Klägers „kraft nachzureichender Vollmacht” erhoben und den Rechtsbehelf damit begründet, dass der Beklagte, Antragsgegner und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) einen völlig überhöhten Gewinn geschätzt habe. Die Klageschrift des P war ausweislich der Faxausdrucke als erste beim FG eingegangen.
In der mündlichen Verhandlung vom nahm P die Klage zurück. Das FG stellte das Verfahren durch Beschluss vom ein. Der Einstellungsbeschluss wurde P mit einfachem Brief am zugesandt.
Mit Schreiben vom beantragte der Kläger sinngemäß, das Verfahren wieder aufzunehmen. Er gab an, die Klagerücknahme habe erkennbar gegen seine Interessen verstoßen und sei nach Treu und Glauben unwirksam. Unmittelbar nach Kenntnisnahme der Klagerücknahme habe er seinem Prozessvertreter (P) das Mandat entzogen.
Das FG lehnte die gemäß § 134 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 579 Abs. 1 Nr. 4 der Zivilprozessordnung (ZPO) begehrte Wiederaufnahme des Verfahrens durch Beschluss vom ab, weil der Kläger nach der im Verfahren wegen Einkommensteuer 2000 (Az: 10 K 6244/02 E) vorgelegten, auf P lautenden Prozessvollmacht nach Vorschrift der Gesetze vertreten gewesen sei.
Mit der am beim FG eingegangenen Beschwerde macht der Kläger geltend, die von P eingereichte Prozessvollmacht vom habe nur die Einkommensteuer 1995 bis 1997 betroffen. Für den Rechtsstreit wegen Einkommensteuer 2000 seien die Rechtsanwälte A bestellt gewesen. Diese hätten die Klage jedoch nicht zurückgenommen. Das sei dem FG auch bekannt gewesen.
Die binnen der Zweiwochenfrist des § 129 Abs. 1 FGO erhobene Beschwerde ist zwar statthaft, aber jedenfalls unbegründet und war daher durch Beschluss (§ 132 FGO) zurückzuweisen.
1. Die Beschwerde gegen den die Wiederaufnahme des Klageverfahrens ablehnenden Beschluss des FG ist statthaft (so auch Tipke/ Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 134 FGO Tz. 66). Das folgt aus § 591 ZPO.
Auch kann ein durch Beschluss rechtskräftig abgeschlossenes Verfahren entsprechend § 134 FGO i.V.m. §§ 578 ff. ZPO aufgrund eines Antrages wieder aufgenommen werden (vgl. , BFH/NV 2000, 457). Dementsprechend können auch durch Einstellungsbeschluss nach § 72 Abs. 2 Satz 2 FGO beendete Verfahren grundsätzlich wieder aufgenommen werden (s. auch hierzu Tipke/Kruse, a.a.O., § 134 FGO Tz. 7, m.w.N.). Dafür besteht nach heutiger Rechtslage umso mehr ein Bedürfnis, als § 128 Abs. 2 FGO i.d.F des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze (FGOÄndG 2) vom (BGBl I 2000, 1757) die Beschwerdemöglichkeit gegen Einstellungsbeschlüsse selbst ausdrücklich ausschließt.
2. Das FG hat aber zu Recht entschieden, dass die im Klageverfahren wegen Einkommensteuer 2000 (Az: 10 K 6244/02 E) durch P in der mündlichen Verhandlung am erklärte Rücknahme der Klage wirksam war.
Zum einen brauchte das FG angesichts der Tatsache, dass P Wirtschaftsprüfer und Steuerberater ist, gemäß § 62 Abs. 3 Satz 6 FGO i.d.F. des FGOÄndG 2 einen etwaigen Mangel der Prozessvollmacht von sich aus gar nicht zu prüfen.
Zum anderen hatte der Kläger in seiner der Klageerhebung des P nachfolgenden Klageschrift den P sogar selbst als seinen Bevollmächtigten für das Klageverfahren wegen Einkommensteuer 2000 bezeichnet.
3. Offensichtlich im Sinne des Klägers hat das FG dessen Antrag, den Beschluss über die Klagerücknahme aufzuheben, auch als Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens angesehen. Denn der Kläger hatte geltend gemacht, nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten gewesen zu sein, so dass eine Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 134 FGO i.V.m. § 578 Abs. 1 und § 579 Abs. 1 Nr. 4 ZPO in Betracht kam. Auf dieselben Vorschriften stützt der Kläger auch sein nunmehriges Begehren.
Unter diesen Umständen kann dahin stehen, ob das FG das Begehren des Klägers als Antrag auf Fortsetzung des Verfahrens hätte auslegen müssen (vgl. z.B. Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 72 Rz. 40; Brandis in Tipke/Kruse, a.a.O., § 72 FGO Tz. 33, jeweils m.w.N.). Denn jedenfalls war das Klageverfahren nicht fortzusetzen.
4. Angesichts dieser Rechtslage kommt es auch nicht mehr darauf an, dass der Kläger den Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens nicht binnen der Notfrist des § 586 Abs. 1 ZPO gestellt hatte.
Fundstelle(n):
BFH/NV 2005 S. 1103 Nr. 7
CAAAB-52559