BMF - IV A 5 - S 7306 - 3/05

Aufteilung des Vorsteuerabzugs bei Kreditinstituten – § 15 Abs. 4 UStG

Die Umsatzsteuer-Referatsleiter der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder haben im Rahmen ihrer Sitzung USt IV/02 dem vom Bundesamt für Finanzen gemeinsam mit dem Finanzamt Frankfurt am Main V entwickelten „Neuen Konzept für die Vorsteueraufteilung bei Kreditinstituten” zugestimmt. Die USt-Referatsleiter halten das Konzept aus rechtlicher wie praktischer Sicht für geeignet. Den verschiedenen im Vorfeld vorgetragenen Einwänden der Verbände konnte nicht Rechnung getragen werden.

Das „Neue Konzept zur Vorsteueraufteilung bei Kreditinstituten” enthält Grundsätze der Aufteilung der Vorsteuern. Weitere Einzelheiten zu der dort dargestellten Aufteilungsmethode sollen ausschließlich in den jeweiligen Prüfungsfällen geklärt werden.

Das „Neue Konzept zur Vorsteueraufteilung bei Kreditinstituten” stellt eine Möglichkeit zur Aufteilung der Vorsteuern im Schätzungswege dar. Soweit aufgrund der in einem Einzelfall gegebenen Besonderheiten (z.B. Größe des Kreditinstituts) das vorliegende Konzept für nicht geeignet gehalten wird, sind im Benehmen mit dem für die Umsatzbesteuerung jeweils zuständigen Finanzamt andere Methoden zur Aufteilung des Vorsteuerabzuges nach § 15 Abs. 4 UStG im Schätzungswege zulässig.

Es bestehen keine Bedenken, wenn die sich aus dem Konzept ergebenden Grundsätze rückwirkend für alle noch nicht bestandskräftig veranlagten Kalenderjahre angewendet werden.

Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass es Sache des Steuerpflichtigen ist, die für die Geltendmachung von Vorsteuern bedeutsamen Umstände nachzuweisen. Dazu gehört auch die Beachtung der gesetzlichen Aufzeichnungspflichten (insbesondere die Aufzeichnungen nach § 22 Abs. 3 Satz 2 UStG).”

Neues Konzept für die Vorsteueraufteilung bei Kreditinstituten

1. Organisationsstrukturen

Für Zwecke der Vorsteueraufteilung bei Kreditinstituten sind trotz des Grundsatzes der Einheit des Unternehmens (§ 2 Abs. 1 Satz 2 UStG) verselbstständigte Organisationsstrukturen isoliert zu betrachten. Für die Entscheidung der Frage, ob eine solche verselbstständigte Organisationseinheit vorliegt, ist darauf abzustellen, ob und in welchem Umfang sie – für sich betrachtet – abgrenzbare Tätigkeiten ausführt. Das Vorhandensein einer eigenständigen Buchführung ist nicht erforderlich. Als verselbstständigte Organisationseinheiten kommen z.B. Organgesellschaften, Bausparkassen, Hypothekenbanken oder Filialen mit besonderen Aufgaben einer Großbank in Frage. Im Rahmen einer Vorsondierung sind dabei auch Unternehmensteile, die nichtunternehmerische Tätigkeiten ausführen, vorab auszugliedern. Voraussetzung für eine „Ausgliederung” solcher nichtunternehmerischen Tätigkeiten ist allerdings, dass es sich hierbei um organisatorisch abgegrenzte Unternehmensteile handelt, in denen nur solche Umsätze getätigt werden, die keinen Bezug zu anderen Umsätzen aufweisen.

2. Aufteilung der Umsätze nach ihrer Verwendung

Für die Berechtigung zum Vorsteuerabzug ist auf die Verwendung des einzelnen Eingangsumsatzes abzustellen. Hierbei ist eine funktionale Zuordnung von Vorsteuern zu den Ausgangsumsätzen vorzunehmen. Es sind Gruppen von Vorsteuern zu bilden:

Gruppe 1 (Vorsteuern im Sinne des § 15 Abs. 1 und 3 UStG):

Vorsteuern, die eindeutig und ausschließlich in vorsteuerabzugsberechtigende Ausgangsumsätze eingehen. In diesem Fall können die auf den Eingangsumsätzen ruhenden Umsatzsteuern in voller Höhe als Vorsteuern geltend gemacht werden.

Gruppe 2 (Vorsteuern im Sinne des § 15 Abs. 2 UStG):

Vorsteuern, die eindeutig und ausschließlich in nicht abzugsberechtigende Ausgangsumsätze eingehen. In diesem Fall sind die auf den Eingangsumsätzen ruhenden Umsatzsteuern in voller Höhe nicht als Vorsteuern abziehbar.

Gruppe 3 (Vorsteuern im Sinne des § 15 Abs. 4 UStG):

Vorsteuern, bei denen keine eindeutige Zuordnung zu den Gruppen 1 und 2 festzustellen ist. In diesem Fall können die auf den Eingangsumsätzen ruhenden Umsatzsteuern nach sachgerechter Schätzung als Vorsteuern geltend gemacht werden.

3. Methoden

Nach § 15 Abs. 4 Satz 2 UStG kann der Unternehmer die nicht abziehbaren Teilbeträge im Wege der sachgerechten Schätzung ermitteln. Die Aufteilung der Vorsteuern hat danach zu erfolgen, in welcher Weise ein Eingangsumsatz in eine bestimmte Produktionsstufe bzw. Arbeitnehmerleistung einfließt (sog. wirtschaftliche Methode). Die Aufteilung dieser Vorsteuern ist nach Kostenzurechnungsgesichtspunkten oder nach dem Prinzip der wirtschaftlichen Zurechnung (vgl.  BStBl 1994 II S. 271) vorzunehmen. Das hierzu benötigte Zahlenmaterial ist z.B. aus der betrieblichen Kostenträgerrechnung oder aus der Aufwands- und Ertragsrechnung heranzuziehen. Bei der nach § 15 Abs. 4 Satz 2 UStG zugelassenen Schätzung ist auf die im Einzelfall bestehenden wirtschaftlichen Verhältnisse abzustellen. Hierbei ist es erforderlich, dass der angewandte Maßstab systematisch von der Aufteilung nach der wirtschaftlichen Zuordnung ausgeht.

Für Vorsteuern, die in die Gruppe 3 einzuordnen sind, ist zunächst anhand individueller Schlüssel (z.B. bei Einkäufen von DV-Leistungen durch Maschinenlaufzeiten oder bei Gebäuden durch eine gegenständlich-räumliche Abgrenzung) eine Aufteilung vorzunehmen. Für die dann noch verbleibenden, nicht zuordenbaren Vorsteuerbeträge bietet sich als letzter Schritt eine Aufteilung nach einem modifizierten Aufteilungsschlüssel an.

Bei einer sachgerechten Schätzung sind die besonderen Strukturen bei Kreditinstituten zu beachten.

4. Margen als Bemessungsgrundlage

4.1 Allgemeines

Bemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG ist bei Finanzumsätzen der Wert für die Leistung eines Kreditinstituts an den Empfänger, die darin besteht, diesen mit einem Finanzprodukt zu versorgen.

Folgende Umsätze sind bei Kreditinstituten anzutreffen:

  1. aus Kreditgeschäften (vgl. Tz. 4.2)

  2. aus Wertpapiergeschäften (vgl. Tz. 4.3)

  3. aus sonstigen Geschäften (vgl. Tz. 4.4)

Für die Vorsteuerzuordnung bzw. für die Bestimmung des Vorsteuerverbrauchs bei der Ausführung von Finanzumsätzen stellt sich die Frage, mit welchem Wert vorsteuerbelasteter Sachaufwand in die Umsätze einfließt und ob aus der Umsatzgröße für die Gesamtleistung des Kreditinstituts Rückschlüsse auf diesen Wert gezogen werden können.

In den nachfolgenden Fällen kommt eine Marge als Bemessungsgrundlage in Betracht:

4.2 Kreditgeschäfte

Das Hauptgeschäft von Kreditinstituten ist auf der Aktivseite die Vergabe von Krediten und auf der Passivseite die Beschaffung von Mitteln für die Herausgabe der Kredite. Den erhaltenen Zinseinnahmen aus den herausgelegten Krediten stehen Refinanzierungskosten für die Mittelaufnahmen gegenüber. Der Überschuss aus den Zinseinnahmen und den Refinanzierungskosten ist die Marge. Für das Kreditgeschäft ist festzustellen, dass die Umsatzgröße weitestgehend von Eingangsleistungen bestimmt wird, die nicht vorsteuerbelastet sind (Refinanzierung). Aussagekräftig ist vielmehr eine Marge, die durch diese Geschäfte erzielt wird. Mit dieser Marge werden abgedeckt:

  1. Personalkosten

  2. Sachkosten

  3. Risiken

  4. Gewinnanteile.

Zur Berücksichtigung möglicher Zinsänderungsrisiken werden zu jedem Bilanzstichtag Zinsertragsbilanzen erstellt, aus denen die durchschnittliche Verzinsung der Aktiv- und der Passivseite eines Kreditinstituts zu ersehen ist. Die sich aus der durchschnittlichen Verzinsung ergebende Durchschnittsmarge kann typisierend für alle Kreditgeschäfte in eine Verhältnisrechnung eingehen. Dabei können Besonderheiten in der Kreditstruktur angemessen berücksichtigt werden.

Die Kreditgrößenstruktur ist bei den Instituten unterschiedlich. Bei einem Vergleich der Kreditvolumen wird nach den Erfahrungen der Bp deutlich, dass Kredite in Drittländer inländische Kredite deutlich übersteigen. Die Margen sind in der Regel u.a. auch wegen des erhöhten Risikos höher. Betragsmäßig höheren absoluten Margen haften allerdings regelmäßig keine höheren Sachaufwendungen an, wodurch kein der absoluten Marge entsprechender Vorsteuerverbrauch eintritt. Folgerichtig ist eine Kürzung um einen Abschlag geboten. Dieser kann sich an der Anzahl der abgeschlossenen Kredite orientieren.

4.3 Wertpapiergeschäfte
4.3.1 Eigenhandelsumsätze

Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung, der die herrschende Lehre folgte, liegt dem Ersterwerb bei der Fremdemission eines festverzinslichen Wertpapiers zivilrechtlich ein Kaufvertrag zugrunde. Mit der Ausgabe und dem Erwerb von Wertpapieren soll die Verkehrsfähigkeit einer Forderung und die Legitimation des Inhabers erleichtert werden. Unter diesem Gesichtspunkt liegt das Schwergewicht bei einer Wertpapieremission auf der Lieferung eines Wertpapiers durch den Emittenten. Das gilt auch für die Veräußerung eines Wertpapiers an weitere Erwerber.

Die Leistung des Erwerbers besteht in der Entrichtung des Entgelts für die Lieferung des Wertpapiers. Die Annahme einer Lieferung hat zur Folge, dass bei Verkäufen von Wertpapieren der Ort der Lieferung nach § 3 Abs. 1 UStG bestimmt wird. Der Lieferort liegt in den Fällen im Inland, in denen die Wertpapiere nach dem Verkauf bei einem inländischen Kassenverein verwahrt werden. Werden Wertpapiere an ausländische Erwerber veräußert und werden diese Papiere nicht bei einem inländischen Kassenverein verwahrt, liegen steuerfreie Ausfuhrlieferungen im Sinne des § 4 Nr. 1 Buchst. a in Verbindung mit § 6 Abs. 1 UStG vor.

Für Zwecke der Vorsteueraufteilung ist eine fiktive pauschale Provision, die von den Wertpapierumsätzen der Bank abgeleitet wird, als Marge anzusehen. Soweit eine solche Provision aus der Buchführung nicht ersichtlich ist, kann sie geschätzt werden.

4.3.2 Provisionsumsätze im Geschäft mit Wertpapieren

Führen Kreditinstitute im Auftrag von Kunden Wertpapiergeschäfte durch, erbringen die Kreditinstitute sonstige Leistungen. Als Marge ist die gesamte Provision aus diesen Geschäften anzusetzen. Sollten die Provisionen nicht aus der Buchführung oder aus den sonstigen Aufzeichnungen zu entnehmen sein, wird – aus Vereinfachungsgründen – der Ansatz einer pauschalen Provision, die von den Wertpapierumsätzen der Bank abgeleitet wird, als Marge angenommen.

4.4 Sonstige Geschäfte, insbesondere auch Finanzinnovationen
4.4.1

Bei allen sonstigen banktypischen Geschäften, die nicht unter Tz. 4.2 und 4.3 fallen, insbesondere bei allen steuerbaren Derivatumsätzen, kommt – je nach Umständen des Einzelfalls – der Ansatz einer Marge oder eines Dienstleistungsentgelts in Betracht.

4.4.2

Für Vorsteuern, die nicht banktypischen Geschäften zuzuordnen sind, gelten die allgemeinen Grundsätze.

5. Sonderfälle

5.1 Ausländische Betriebsstätten inländischer Kreditinstitute

Ausländische Betriebsstätten inländischer Kreditinstitute gehören nach dem Grundsatz der Einheitlichkeit des Unternehmens zum inländischen Unternehmen im Sinne des § 2 UStG. Für Zwecke der Vorsteueraufteilung sind sie jedoch als eigenständige, abgrenzbare Organisationseinheiten zu betrachten. Ggf. ist für Zwecke der Vorsteueraufteilung ein eigenständiger Schlüssel zu ermitteln. Hierbei kommt eine Anlehnung an die „Kostenumlagen” und die darin enthaltenen vorsteuerbehafteten Beträge in Betracht.

5.2 Inländische Betriebsstätten ausländischer Kreditinstitute

Inländische Betriebsstätten gehören zum Gesamtunternehmen im Sinne des § 2 UStG. Die Umsätze der inländischen Betriebsstätten und die Vorsteuern sind isoliert von den Tätigkeiten der ausländischen Kreditinstitute zu betrachten. Es gelten die gleichen Maßstäbe wie für jedes andere inländische Kreditinstitut.

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Auf diese Anweisung wird Bezug genommen in folgenden Verwaltungsanweisungen:




Fundstelle(n):
QAAAB-52537