OFD Frankfurt am Main - S 0222 a A - 2 - St II 4.03

Elektronische Kommunikation

Bezug: BStBl 2005 I S. 3

1. Zugangseröffnung

Die Übermittlung elektronischer Dokumente an die Finanzbehörden und an die Steuerpflichtigen ist zulässig, soweit der Empfänger hierfür einen Zugang eröffnet (§ 87a Abs. 1 Satz 1). Die Zugangseröffnung kann durch ausdrückliche Erklärung oder konkludent sowie generell oder nur für bestimmte Fälle erfolgen. Vorbehaltlich einer ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung besteht weder für die Steuerpflichtigen noch für die Finanzbehörden ein Zwang zur Übermittlung elektronischer Dokumente.

Finanzbehörden, die eine E-Mail-Adresse angeben, erklären damit ihre Bereitschaft zur Entgegennahme elektronischer Dokumente: für die Übermittlung elektronisch signierter Dokumente (vgl. Nr. 3) muss der Zugang gesondert eröffnet werden. Wegen der elektronischen Übermittlung von Steuererklärungsdaten Hinweis auf § 150 Abs. 1 Satz 2 und die Steuerdaten-Übermittlungsverordnung.

Bei natürlichen oder juristischen Personen, die eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausüben und die auf einem im Verkehr mit der Finanzbehörde verwendeten Briefkopf, in einer Steuererklärung oder in einem Antrag an die Finanzbehörde ihre E-Mail-Adresse angegeben oder sich per E-Mail an die Finanzbehörde gewandt haben, kann in der Regel davon ausgegangen werden, dass sie damit konkludent ihre Bereitschaft zur Entgegennahme elektronischer Dokumente erklärt haben. Bei Steuerpflichtigen, die keine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausüben (z.B. Arbeitnehmer), ist dagegen derzeit nur bei Vorliegen einer ausdrücklichen, aber nicht formgebundenen Einverständniserklärung von einer Zugangseröffnung im Sinne des § 87a Abs. 1 Satz 1 auszugehen.

2. Zugang

Ein elektronisches Dokument ist zugegangen, sobald die für den Empfang bestimmte Einrichtung es in für den Empfänger bearbeitbarer Weise aufgezeichnet hat (§ 87a Abs. 1 Satz 2) Ob und wann der Empfänger das bearbeitbare Dokument tatsächlich zur Kenntnis nimmt, ist für den Zeitpunkt des Zugangs unbeachtlich. Zur widerlegbaren Vermutung des Tags des Zugangs elektronischer Verwaltungsakte vgl. § 122 Abs. 2a und § 123 Sätze 2 und 3. Ein für den Empfänger nicht bearbeitbares Dokument ist nicht im Sinne des § 87a Abs. 1 Satz 2 zugegangen und löst somit noch keine Rechtsfolgen (z.B. die Wahrung einer Antrags- oder Rechtsbehelfsfrist oder das Wirksamwerden eines Verwaltungsakts) aus. Zum Verfahren nach Übermittlung eines nicht bearbeitbaren elektronischen Dokuments vgl. § 87a Abs. 2.

3. Elektronisch signierte Dokumente

Soweit durch Gesetz die Schriftform vorgeschrieben ist, kann dieser Form grundsätzlich auch durch Übermittlung in elektronischer Form entsprochen werden. Hierbei muss das Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur im Sinne des § 2 Nr. 3 des Signaturgesetzes (BStBl 2001 I S. 351) versehen sein (§ 87a Abs. 3 und 4).

§ 87a Abs. 3 gilt auch, wenn eine eigenhändige Unterschrift gesetzlich vorgeschrieben ist. In diesem Fall ist das Dokument von derjenigen Person elektronisch zu signieren, die zur eigenhändigen Unterschrift verpflichtet ist, bzw. in den Fällen des § 150 Abs. 3 von der bevollmächtigten Person.

Elektronische Dokumente, die mit einem Wahlnamen signiert worden sind, dem die Funktion des bürgerlichen Namens zukommt, sind von den Finanzbehörden nicht unter Berufung auf § 87a Abs. 3 Satz 3 zurückzuweisen.

4. Beweis durch elektronische Dokumente

Ist ein elektronisches Dokument Gegenstand eines Beweises, wird der Beweis durch Vorlegung oder Übermittlung der Datei angetreten. Befindet sich das vorzulegende elektronische Dokument weder im Besitz des Steuerpflichtigen noch im Besitz der Finanzbehörde, gilt hinsichtlich der Vorlage- bzw. Übermittlungspflicht Dritter § 97 Abs. 1 und 3 entsprechend (§ 87a Abs. 5 Satz 1). Die Finanzbehörde hat bei Ihrem Herausgabevorlangen anzugeben, dass das elektronische Dokument für die Besteuerung einer anderen Person benötigt wird (§ 97 Abs. 1 Satz 2). Sie kann das elektronische Dokument an Amtsstelle oder bei dem Dritten einsehen, wenn dieser damit einverstanden ist (§ 97 Abs. 3 Satz 1). Der Dritte hat ggf. auf seine Kosten diejenigen Hilfsmittel zur Verfügung zu stellen, die erforderlich sind, um das Dokument lesbar zu machen (§ 97 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 147 Abs. 5).

Der Anschein der Echtheit eines mit einer qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz übermittelten Dokuments, der sich aufgrund der Prüfung nach dem Signaturgesetz ergibt, kann nur durch Tatsachen erschüttert werden, die ernstliche Zweifel daran begründen, dass das Dokument mit dem Willen des Signaturschlüssel-Inhabers übermittelt wurde (§ 87a Abs. 5 Satz 2). Für die Beurteilung der Frage, wann „ernstliche Zweifel” vorliegen, können die Auslegungsgrundsätze zu § 361 Abs. 2 Satz 2 (vgl. zu § 361, Nr. 2.5) herangezogen werden. Für die Widerlegung der Echtheitsvermutung ist daher erforderlich, dass die vorgetragenen Tatsachen ergeben, dass die Wahrscheinlichkeit, dass das Dokument nicht mit dem Willen des Signaturschlüssel-Inhabers übermittelt worden ist, zumindest ebenso hoch ist wie die Wahrscheinlichkeit, dass das übermittelte Dokument dem Willen des Signaturschlüssel-Inhabers entspricht.

Die Vermutung des § 87a Abs. 5 Satz 2 gilt nicht, wenn das übermittelte elektronische Dokument mit einer „einfachen” elektronischen Signatur (§ 2 Nr. 1 des Signaturgesetzes), mit einer „fortgeschrittenen elektronischen Signatur” (§ 2 Nr. 2 des Signaturgesetzes) oder mit einer Signatur im Sinne des § 87a Abs. 6 versehen worden ist.

Zusatz der OFD:

Mit der Einfügung eines § 87a in die Abgabenordnung durch das Dritte Gesetz zur Änderung verwaltungsverfahrensrechtlicher Vorschriften vom (BStBl 2002 I S. 820) hat der Gesetzgeber lediglich die rechtlichen Rahmenbedingungen dafür geschaffen, dass Erklärungen und Anträge der Steuerpflichtigen und Verwaltungsakte der Finanzbehörden rechtsverbindlich elektronisch übermittelt werden können. Die (voll-)elektronischen Steuererklärungen und der Elektronische Vorwaltungsakt können jedoch erst dann zur Praxis werden, wenn hierfür auch die technischen und organisatorischen Voraussetzungen realisiert worden sind.

Die Finanzverwaltung des Landes Hessen ist zur Zeit noch nicht in der Lage, Steuerbescheide auf elektronischem Wege bekannt zu geben, da die dazu notwendigen technischen Rahmenbedingungen sowohl auf Seiten der Finanzverwaltung als auch bei den Steuerpflichtigen noch nicht erfüllt sind.

Die Umsetzung eines solchen Verfahrens erfordert eine erhebliche Vorlaufzeit und es ist derzeit nicht absehbar, bis wann mit dem Einsatz eines solchen Verfahrens gerechnet werden kann.

OFD Frankfurt am Main v. - S 0222 a A - 2 - St II 4.03

Fundstelle(n):
NAAAB-52042