Geordnete Belegsammlung genügt nicht den Anforderungen an eine Aufzeichnung der Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben als Voraussetzung für einen wirksamen Antrag auf anderweitige Gewinnermittlung nach § 13a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG a. F.
Gesetze: EStG § 13a Abs. 2 Nr. 2, § 4 Abs. 3
Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),
Gründe
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) erzielt u.a. Einkünfte aus der Bewirtschaftung eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs, dessen Gewinn für das Normalwirtschaftsjahr der Land- und Forstwirte aufgrund eines Antrags nach § 13a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in der für die Streitjahre (1994 bis 1996) geltenden Fassung (EStG a.F.) bis zum Wirtschaftsjahr 1992/93 durch Einnahmenüberschussrechnung ermittelt worden war.
Am reichte der Kläger die Einkommensteuererklärungen 1993 und 1994 und am die Einkommensteuererklärungen 1995 und 1996 ein. In der jeweils dazugehörenden Anlage L war der im Vordruck vorgesehene Antrag nach § 13a Abs. 2 EStG nicht gestellt. Die Anlagen L wiesen jedoch einen durch Einnahmenüberschussrechnung ermittelten Gewinn aus. Den Einkommensteuererklärungen waren außerdem Gewinnermittlungen gemäß § 4 Abs. 3 EStG für die den Veranlagungszeiträumen zu Grunde liegenden Wirtschaftsjahre beigefügt, in denen die Betriebseinnahmen und -ausgaben nach verschiedenen Kategorien aufgeschlüsselt waren. Aus einem Anlageverzeichnis ergaben sich im Übrigen die Absetzungen für Abnutzung.
Nachdem der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) die Einkommensteuer 1993 und 1994 zunächst antragsgemäß festgesetzt hatte, kam er nach einer Betriebsprüfung zu dem Ergebnis, dass der Kläger nach Ablauf des vierjährigen Bindungszeitraums für die Gewinnermittlung durch Einnahmenüberschussrechnung für das Wirtschaftsjahr 1993/94 und die folgenden Wirtschaftsjahre keinen wirksamen Antrag auf Durchführung einer anderweitigen Gewinnermittlungsart gestellt hatte. Danach ging das FA für das Wirtschaftsjahr 1993/94 von einem verspäteten Antrag aus und lehnte den für das Wirtschaftsjahr 1994/95 rechtzeitig eingegangenen Antrag mit der Begründung ab, die vorgelegte Einnahmenüberschussrechnung beruhe nicht auf eigenen laufenden tatsächlichen Aufzeichnungen der Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben. Für das Wirtschaftsjahr 1994/95 lagen zwar in einem Ordner fortlaufend abgelegte Belege vor. Die Geschäfte mit dem Landhandel (Getreideverkäufe und Einkäufe) wurden über ein Kundenkonto mit monatlichen Auszügen abgewickelt, die übrigen Betriebsausgaben über ein privates Girokonto mit Auszügen und Belegen erfasst und die Bareinnahmen durch Eigenbelege für Lohnarbeiten von jeweils 2 000 DM ausgewiesen. Auf dieser Grundlage hatte der Bevollmächtigte des Klägers die Einnahmenüberschussrechnung nachträglich erstellt um sie mit der Einkommensteuererklärung 1994 einzureichen.
Das FA ermittelte die Gewinne der Wirtschaftsjahre 1993/94 bis 1996/97 nach Durchschnittssätzen gemäß § 13a EStG a.F. und änderte die Einkommensteuerbescheide für die Streitjahre 1993 und 1994 gemäß § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977). Für die Streitjahre 1995 und 1996 ergingen erstmalige Bescheide auf dieser Grundlage. Insoweit ging das FA davon aus, dass der mit den Einkommensteuererklärungen 1995 und 1996 eingereichte Antrag nach § 13a Abs. 2 EStG für das Wirtschaftsjahr 1995/96 ebenfalls verspätet gestellt worden war und die für das Wirtschaftsjahr 1996/97 vorgelegte Einnahmenüberschussrechnung nicht auf entsprechenden Aufzeichnungen beruhte.
Nach erfolglosem Vorverfahren hatte die Klage nur insoweit Erfolg, als die Gewinnzuschläge nach § 13a Abs. 8 EStG a.F. für die Wirtschaftsjahre 1993/94 und 1994/95 herabgesetzt wurden; im Übrigen wurde die Klage mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2003, 1158 veröffentlichten Gründen abgewiesen. Das Finanzgericht (FG) folgte der Würdigung des FA, wonach die Anträge auf anderweitige Gewinnermittlung für die Wirtschaftsjahre 1993/94 und 1995/96 verfristet und für die Wirtschaftsjahre 1994/95 und 1996/97 die Aufzeichnungspflichten nicht erfüllt worden seien.
Mit seiner dagegen gerichteten Revision rügt der Kläger die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Nach seiner Auffassung könne dem FG der Vorwurf mangelnder Sachaufklärung nicht erspart bleiben. Die Feststellung des FG hinsichtlich der Bargeschäfte entbehre „ausweislich der Feststellungen des Finanzamtes für Betriebsprüfung der Land- und Forstwirtschaft” jeder Grundlage. Da unzweifelhaft feststehe, dass eine geordnete Belegsammlung vorgelegen habe, sei von einer ordnungsgemäßen Ausübung des Wahlrechts auf Gewinnermittlung durch Einnahmenüberschussrechnung auszugehen. Auch nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) reiche das Erstellen und Sammeln von Einnahmen- und Ausgabenbelegen aus, weil diese Belege bei Erfüllung nur geringer zusätzlicher Voraussetzungen die Funktion von Grundaufzeichnungen übernehmen könnten.
Der Kläger beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben, die Einkommensteuerbescheide 1994 bis 1996 auf der Grundlage der Gewinnermittlungen nach § 4 Abs. 3 EStG für die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft zu ändern und dabei die Korrekturen der Betriebsprüfung zu beachten.
Das FA beantragt die Revision zurückzuweisen.
Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung —FGO—). Das FG hat zutreffend erkannt, dass der Kläger sein Wahlrecht auf anderweitige Gewinnermittlung nach § 13a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG in der für die Streitjahre geltenden Fassung (EStG a.F.) nicht wirksam ausgeübt hat. Die Gewinne des Klägers aus Land- und Forstwirtschaft waren daher nach Ablauf der vierjährigen Bindungsfrist des § 13a Abs. 2 Satz 1 EStG a.F. für die den Streitjahren zu Grunde liegenden Wirtschaftsjahre 1993/94 bis 1996/97 wieder nach § 13a Abs. 3 bis 8 EStG a.F. zu ermitteln.
1. Der Senat hält den vom Kläger geltend gemachten Verfahrensmangel unzureichender Sachaufklärung nicht für durchgreifend. Von einer Begründung wird gemäß § 126 Abs. 6 FGO abgesehen.
2. Nach § 13a Abs. 2 EStG a.F. konnte sich der Inhaber eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs, dessen Gewinn nach Durchschnittssätzen zu ermitteln war, auf Antrag für insgesamt vier aufeinander folgende Wirtschaftsjahre zur Gewinnermittlung durch Bestandsvergleich oder durch Vergleich der Betriebseinnahmen mit den Betriebsausgaben entscheiden. Dieser Antrag ist gemäß § 13a Abs. 2 Satz 2 EStG a.F. bis zur Abgabe der Steuererklärung, jedoch spätestens 12 Monate nach Ablauf des ersten Wirtschaftsjahrs, auf das er sich bezieht, schriftlich zu stellen. Wählt der Steuerpflichtige die Einnahmenüberschussrechnung, so ist nach § 13a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG a.F. weitere Voraussetzung, dass für das erste der vier Wirtschaftsjahre keine Bücher geführt werden und kein Abschluss gemacht wird, aber die Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben aufgezeichnet werden.
3. a) Zutreffend hat das FG den Antrag für das erste Wirtschaftsjahr nach Auslaufen der vierjährigen Bindungsfrist für den vorausgegangenen Antrag auf Gewinnermittlung durch Einnahmenüberschussrechnung, das Wirtschaftsjahr 1993/94, als verspätet angesehen. Am und damit mehr als 12 Monate nach Ablauf des Wirtschaftsjahrs 1993/94 wurde die Einkommensteuererklärung 1993 eingereicht. Dabei kann dahinstehen, ob der steuerlich beratene Kläger den Antrag nach § 13a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG a.F. mit der gebotenen Eindeutigkeit gestellt hat. Denn der Kläger hat das im Vordruck der Anlage L zur Einkommensteuererklärung 1993 vorgesehene Kästchen für die Ausübung des Wahlrechts nicht angekreuzt (die Gestaltung des Formulars, das auch im Streitfall Anwendung fand, ergibt sich aus dem Sachverhalt des Senatsurteils vom IV R 12/86, BFHE 152, 476, BStBl II 1988, 530). Allerdings hat der erkennende Senat auch beim Fehlen der Anlage L den Ausweis des nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelten Gewinns in der unterschriebenen Einkommensteuererklärung als Antrag nach § 13a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG a.F. anerkannt (, BFHE 169, 132, BStBl II 1993, 125). Jedenfalls war der Gewinn des Wirtschaftsjahrs 1993/94 allein schon auf Grund des verspäteten Antrags wieder nach § 13a Abs. 3 bis 8 EStG a.F. zu ermitteln, ohne dass es eines entsprechenden Hinweises durch das FA bedurft hätte. Dass die Voraussetzungen der Durchschnittssatzgewinnermittlung nach § 13a Abs. 1 Satz 1 EStG a.F. im Wirtschaftsjahr 1993/94 vorgelegen haben, ist unstreitig.
b) Unter der Voraussetzung, dass auch für das Wirtschaftsjahr 1994/95 die Option mangels Aufzeichnungen der Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben nicht wirksam ausgeübt wurde (s. unten Nr. 4 der Gründe), gilt Gleiches für den auf das Wirtschaftsjahr 1995/96 bezogenen Antrag auf anderweitige Gewinnermittlung, der mit Einreichen der Steuererklärung am ebenfalls verspätet gestellt wurde. Der Gewinn für dieses Wirtschaftsjahr, war daher ebenfalls nach Durchschnittssätzen zu ermitteln.
4. Aber auch für die Wirtschaftsjahre 1994/95 und 1996/97 hat der Kläger die Option zur Einnahmenüberschussrechnung nicht rechtswirksam ausgeübt. Der erkennende Senat folgt dem FG auch insoweit, als dieses von besonderen Aufzeichnungspflichten ausgegangen ist, die der Kläger nach § 13a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG a.F. zu erfüllen hatte.
a) In seinem Urteil vom IV R 3/92 (BFHE 171, 177, BStBl II 1993, 549) hat der Senat entschieden, dass der Antrag auf anderweitige Gewinnermittlung nach § 13a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG a.F. nur wirksam ist, wenn die vorgelegte Gewinnermittlung durch Einnahmenüberschussrechnung auf tatsächlichen Aufzeichnungen der Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben beruht. Dies hat der Senat aus dem Wortlaut und Normzweck der Regelung des § 13a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG a.F. abgeleitet, die ausdrücklich auf den Betrieb des Steuerpflichtigen bezogene tatsächliche Aufzeichnungen fordert, zu denen der Steuerpflichtige ansonsten bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG nach bisheriger Rechtsprechung des BFH nicht verpflichtet ist (, BFHE 136, 28, BStBl II 1984, 504). Allerdings hat es der Senat in jener Entscheidung ausdrücklich dahingestellt sein lassen, ob dieser Aufzeichnungspflicht auch durch eine geordnete Belegsammlung genügt sein könnte, die im damals entschiedenen Fall nicht vorgelegen hatte. Diese Frage verneint der Senat nunmehr und verweist zur Vermeidung von Wiederholungen auf die im Urteil in BFHE 171, 177, BStBl II 1993, 549 (unter 1.b) wiedergegebene Begründung.
b) Nach den den Senat bindenden Feststellungen des FG hat der Kläger diese vom Gesetz für das erste der vier Wirtschaftsjahre angeordnete Verpflichtung, die Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben aufzuzeichnen, nicht erfüllt. Vielmehr hatte der Bevollmächtigte des Klägers die Einnahmenüberschussrechnungen für diese Wirtschaftsjahre, ebenso wie für die Wirtschaftsjahre 1993/94 und 1995/96, für die der Antrag verspätet eingegangen ist, nachträglich anhand fortlaufend abgelegter Belege, die Geschäfte mit dem Landhandel betreffender monatlicher Kontoauszüge, Auszügen des privaten Girokontos und Eigenbelegen über Bareinnahmen sowie Lohnzahlungen erstellt. Damit hat der Kläger in den Wirtschaftsjahren 1994/95 und 1996/97 aber nicht —wie vom Gesetz gefordert— die Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben aufgezeichnet.
c) Der Kläger hat dagegen zwar eingewandt, die geordnete Sammlung von Belegen könne die Funktion von Grundaufzeichnungen übernehmen. Er hat sich dazu jedoch zu Unrecht auf das (BFHE 159, 123, BStBl II 1990, 287) berufen. Denn einmal betraf diese Entscheidung nicht den Sonderfall des Wechsels der Gewinnermittlungsart, wie er in § 13a Abs. 2 Satz 1 EStG a.F. geregelt ist, sondern einen Fall der Eröffnung eines Betriebs, in dem dem Steuerpflichtigen das Wahlrecht zustand, seinen Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG oder durch Einnahmenüberschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG zu ermitteln. Zum anderen unterscheidet auch der III. Senat des BFH in BFHE 159, 123, BStBl II 1990, 287 das Sammeln der Belege von weiteren Aufzeichnungen, die er auch für diesen Fall erstmaliger Gewinnermittlung in Gestalt einer „regelmäßigen Summenziehung” für erforderlich hält, andernfalls der Gewinn nach § 4 Abs. 1 EStG durch Betriebsvermögensvergleich zu ermitteln ist. Nach dem Urteil in BFHE 159, 123, BStBl II 1990, 287 kann die geordnete Belegsammlung nur bei Erfüllung dieser Mindestaufzeichnungen die Funktion von Grundaufzeichnungen übernehmen.
d) Im Streitfall sind nicht einmal diese Mindestanforderungen an Aufzeichnungen erfüllt. Als einzige Grundlage einer Einnahmenüberschussrechnung anstelle der Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen gemäß § 13a EStG kann eine geordnete Belegsammlung den Begriff der Aufzeichnungen nicht erfüllen. Insoweit verkennt der Kläger auch den Begriff der Aufzeichnungen, den der Gesetzgeber nicht nur in § 13a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG a.F., sondern auch in verschiedenen anderen Vorschriften des EStG, wie etwa in § 4 Abs. 4a Satz 6 oder § 4 Abs. 7 Satz 1 EStG verwendet. Diesen Ausdruck hat der Senat in ständiger Rechtsprechung als Oberbegriff für Buchungen innerhalb einer kaufmännischen Buchführung und für Ausgabeaufzeichnungen i.S. des § 4 Abs. 3 EStG verstanden (, BFHE 92, 487, BStBl II 1968, 648, und vom IV R 207/85, BFHE 152, 528, BStBl II 1988, 611).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2005 S. 881 Nr. 6
PAAAB-51710