BFH Beschluss v. - VII B 332/04

Statthaftigkeit einer außerordentlichen Beschwerde gegen nicht anfechtbare FG-Entscheidung

Gesetze: FGO § 128 Abs. 4; ZPO § 321a

Instanzenzug:

Gründe

Das Finanzgericht (FG) hat die Erinnerung der Erinnerungsführerin und Beschwerdeführerin (Erinnerungsführerin) gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten des FG betreffend das Verfahren…durch den angefochtenen Beschluss zurückgewiesen. Das FG begründete seine Entscheidung im Wesentlichen damit, dass die von der Erinnerungsführerin geltend gemachte Erledigungsgebühr i.S. des § 24 der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte —die im Streitfall noch anzuwenden war— für das Tätigwerden ihres Prozessbevollmächtigten zu Recht nicht festgesetzt worden sei, da die Erledigung des Rechtsstreits nicht auf die Mitwirkung des Prozessbevollmächtigten der Erinnerungsführerin zurückzuführen, sondern vielmehr aufgrund der zwischenzeitlich geänderten Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) erfolgt sei. Die bloße Vornahme von Verfahrenshandlungen seitens des Prozessbevollmächtigten, wie die weitere Begründung von Rechtsbehelfen bzw. -mitteln, reiche dazu nicht aus.

Hiergegen wendet sich die Erinnerungsführerin mit Schriftsatz vom , mit welchem sie außerordentliche Beschwerde erhebt. Sie ist der Ansicht, der angefochtene Beschluss des FG sei greifbar gesetzeswidrig, da dieser Entscheidung erkennbar die gesetzliche Grundlage fehle. Das FG verkenne, dass bei Änderung der Rechtsprechung des BFH bereits ein „außergerichtlich” an das Finanzamt geleiteter Hinweis ausreiche, um auf diese Weise eine über die allgemeine Prozessführung hinausgehende Tätigkeit nachzuweisen.

Das Rechtsmittel ist unzulässig und deshalb zu verwerfen.

1. Gegen die Entscheidung des FG über die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten ist eine Beschwerde an den BFH nicht statthaft, weil eine solche in Streitigkeiten über Kosten nach § 128 Abs. 4 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) nicht gegeben ist (vgl. Gräber/ Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 149 Rz. 8). Die Entscheidung des FG ist daher, worauf die Erinnerungsführerin in dem angefochtenen Beschluss zutreffend hingewiesen worden ist, unanfechtbar.

2. Auch die Beschwerde in Form einer außerordentlichen Beschwerde wegen sog. greifbarer Gesetzwidrigkeit ist im Finanzprozess seit dem In-Kraft-Treten des Zivilprozessreformgesetzes vom (BGBl I 2001, 1887) mit der Einfügung eines § 321a in die Zivilprozessordnung (ZPO) grundsätzlich nicht mehr statthaft (vgl. dazu BFH-Beschlüsse vom IV B 190/02, BFHE 200, 42, BStBl II 2003, 269; vom V B 185/02, BFHE 200, 46, BStBl II 2003, 270). Stattdessen kann zur Beseitigung schweren Verfahrensunrechts in mit förmlichen Rechtsmitteln nicht anfechtbaren Entscheidungen eine fristgebundene Gegenvorstellung bei dem Ausgangsgericht entsprechend § 321a ZPO erhoben werden (BFH-Beschlüsse in BFHE 200, 42, BStBl II 2003, 269; in BFHE 200, 46, BStBl II 2003, 270; vom VII B 157/02, BFH/NV 2003, 633; vom X B 81/02, BFH/NV 2003, 499; vom I B 114/02, BFHE 201, 11, BStBl II 2003, 317; s. jetzt § 133a FGO i.d.F. von Art. 10 Nr. 2 des Gesetzes über die Rechtsbehelfe bei Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör vom , BGBl I 2004, 3220).

Nach dem Beschluss des IV. Senats des (BFHE 206, 194, BStBl II 2004, 833) steht den Betroffenen allerdings ausnahmsweise eine außerordentliche Beschwerde zum BFH zu, wenn eine mit förmlichen Rechtsbehelfen nicht anfechtbare Entscheidung des FG darauf beruht, dass das FG eine Vorschrift des Prozessrechts bewusst in einer objektiv greifbar gesetzeswidrigen Weise anwendet.

Der beschließende Senat kann offen lassen, ob er sich dieser Entscheidung des IV. Senats anschließen könnte (ebenfalls offen gelassen: X. Senat des , juris; kritisch dazu Steinhauff, juris PraxisReport Steuerrecht 28/2004, Beitrag 5, m.w.N aus der neueren Rechtsprechung des BFH, des Bundesgerichtshofs und des Bundesverwaltungsgerichts). Denn im vorliegenden Streitfall ergeben sich weder aus der Beschwerdebegründung der Erinnerungsführerin noch aus den Akten Anhaltspunkte dafür, dass eine solche greifbare Gesetzeswidrigkeit der angefochtenen Vorentscheidung in Betracht kommt. Die bloße Behauptung der Erinnerungsführerin, der angefochtene Beschluss des FG sei greifbar gesetzeswidrig, weil dieser Entscheidung erkennbar die gesetzliche Grundlage fehle, lässt nicht erkennen, worin die schwerwiegende Unrichtigkeit der FG-Entscheidung liegen könnte. Im Ergebnis beanstandet die Erinnerungsführerin lediglich den Inhalt der Entscheidung; dieser wäre jedoch, sofern er nicht mit der geltenden Rechtsordnung schlechthin unvereinbar ist, kein geeigneter Anknüpfungspunkt für eine außerordentliche Beschwerde. Selbst wenn man der Erinnerungsführerin dahin folgen wollte, dass das FG die von ihr begehrte Erledigungsgebühr zu Unrecht nicht festgesetzt hat, läge hierin nur ein schlichter Fehler der angefochtenen Entscheidung bei der Gesetzesanwendung, der nach dem Willen des Gesetzgebers nicht in einem Rechtsmittelverfahren korrigiert werden kann.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO. Eine Gebührenfreiheit nach § 66 Abs. 8 des Gerichtskostengesetzes (GKG), das im Streitfall i.d.F. des Art. 1 des Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts vom (BGBl I, 718) anzuwenden ist, weil das Rechtsmittel nach dem eingelegt worden ist (§ 72 Nr. 1 GKG), besteht bei einer nicht statthaften Beschwerde nicht (Senatsbeschluss vom VII B 142/95, BFH/NV 1996, 242).

Fundstelle(n):
BFH/NV 2005 S. 905 Nr. 6
GAAAB-50835