Unterhaltszahlungen an Angehörige in ausländischen Krisengebieten
Leitsatz
1. Macht ein Steuerpflichtiger Unterhaltszahlungen an im Ausland lebende Angehörige steuermindernd geltend, trifft ihn nach § 90 Abs. 2 AO 1977 eine erhöhte Mitwirkungspflicht zur Aufklärung des Sachverhalts sowie zur Vorsorge und Beschaffung von Beweismitteln. Da die Erfüllung dieser Mitwirkungspflichten erforderlich, möglich, zumutbar und verhältnismäßig sein muss, können hinsichtlich der Beschaffung amtlicher Bescheinigungen aus Krisengebieten Beweiserleichterungen in Betracht kommen.
2. Auch wenn das FG nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung entscheidet und ihm als Tatsacheninstanz die Auswahl und Gewichtung der erforderlichen Beweismittel obliegt, hat es die erhöhte Mitwirkungspflicht des Steuerpflichtigen nach § 90 Abs. 2 AO 1977 zu berücksichtigen. Die Entscheidung, welche Anforderungen an den Nachweis von Unterhaltszahlungen an im Ausland lebende, unterstützungsbedürftige Angehörige zu stellen sind und welche Beweismittel der Steuerpflichtige zu beschaffen hat, gehört zur Rechtsanwendung und kann daher vom BFH überprüft werden.
3. Die tatrichterliche Überzeugungsbildung ist revisionsrechtlich nur eingeschränkt überprüfbar. Sind die Tatsachen, aufgrund derer das FG seine Überzeugung gebildet hat, widersprüchlich oder ist die Folgerung aus den festgestellten Tatsachen nicht nachvollziehbar, liegt ein Verstoß gegen die Denkgesetze vor, den das Revisionsgericht von Amts wegen als Fehler der Rechtsanwendung zu beachten hat.
Gesetze: AO 1977 § 90 Abs. 2EStG § 33a Abs. 1 und 4FGO § 96 Abs. 1 Satz 1
Instanzenzug: (EFG 2004, 201) (Verfahrensverlauf),
Gründe
I.
Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) werden als Eheleute zusammen zur Einkommensteuer veranlagt und haben eine im Juni 1996 geborene Tochter, für die sie im Streitjahr 1996 Kindergeld in Höhe von 1 400 DM bezogen. Der Kläger erzielte 1996 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 35 005 DM.
Mit der gemeinsamen Einkommensteuererklärung für 1996 machten die Kläger u.a. Unterhaltszahlungen in Höhe von 6 000 DM an die 1948 geborene, im Kosovo lebende, verwitwete Mutter des Klägers —GM— gemäß § 33a Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) geltend.
Der Erklärung lag eine auf den datierte, vom Bürgermeister des Wohnortes X unterzeichnete —unvollständige— Unterhaltsbescheinigung für das Kalenderjahr 1996 bei.
Nicht beantwortet sind u.a. die Fragen nach der Arbeitslosigkeit der Mutter und gelegentlicher oder regelmäßiger beruflicher Tätigkeit, nach dem Beginn der Unterstützungsleistungen, nach den vor der Unterstützung von ihr bezogenen jährlichen Einkünften, nach dem eigenen Vermögen, insbesondere Hausbesitz, sowie zu Unterstützungsleistungen aus öffentlichen Mitteln.
Ferner war eine von der Mutter und einem fernen Verwandten, dem Zeugen BM unterschriebene, auf den datierte Empfangsbestätigung beigefügt, wonach sie, die Mutter, folgende Zahlungen erhalten habe:
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1 000 DM | |
3 000 DM | |
2 000 DM |
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt —FA—) berücksichtigte im Rahmen der Einkommensteuerfestsetzung für 1996 diese Aufwendungen wegen fehlender Zwangsläufigkeit nicht.
Mit dem Einspruch machten die Kläger geltend, in Jugoslawien habe Bürgerkrieg geherrscht und die Mutter lebe im Kosovo. In dieser Zeit hätten dort Frauen keine Arbeit gefunden. Das Geld habe ein Verwandter, Herr BM, übergeben. Ferner legten sie einen Kontoauszug vom vor, der eine Barabhebung zum in Höhe von 4 000 DM und einen Sollstand von 4 163,52 DM ausweist.
Weitere Zahlungen sollen aus Barlohnbezügen erbracht worden sein. Schließlich legten die Kläger in Kopien den Reisepass des Zeugen BM vor, der Visa mit folgenden Daten enthält: , , und .
Das FA wies den Einspruch als unbegründet zurück.
Mit der Klage machten die Kläger geltend, die Familie werde aufgrund der Abstammung im Kosovo unterdrückt. Die verwitwete Mutter beziehe seit 1996 keine Rente mehr.
Das Finanzgericht (FG) gab der im Hinblick auf die Ländergruppeneinteilung (, BStBl I 1996, 115) auf einen Betrag von 4 000 DM beschränkten Klage mit in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2004, 201 veröffentlichtem Urteil im Anschluss an eine Vernehmung des Herrn BM als Zeugen statt.
Mit der Revision rügt das FA die Verletzung materiellen und formellen Rechts (§ 33a Abs. 1 EStG; § 76 Abs. 1, § 96 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung —FGO— i.V.m. § 90 Abs. 2 der Abgabenordnung —AO 1977—).
Das FA beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage als unbegründet abzuweisen.
Die Kläger beantragen, die Revision als unzulässig zu verwerfen.
II.
Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO).
Die Annahme des FG, die Kläger hätten das Vorliegen der Voraussetzungen gemäß § 33a Abs. 1 EStG hinreichend nachgewiesen, hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Darüber hinaus können die erst im Laufe des Streitjahres 1996 geleisteten Zahlungen nicht für die vorangegangenen Monate steuermindernd als Unterhaltsaufwendungen berücksichtigt werden.
1. a) Erwachsen einem Steuerpflichtigen Aufwendungen für den Unterhalt einer ihm oder seinem Ehegatten gegenüber gesetzlich unterhaltsberechtigten Person, so wird auf Antrag die Einkommensteuer dadurch ermäßigt, dass die Aufwendungen bis zu 12 000 DM im Kalenderjahr 1996 vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden (§ 33a Abs. 1 Satz 1 EStG in der für das Streitjahr gültigen Fassung).
Ob ein gesetzlicher Unterhaltsanspruch besteht, richtet sich nach inländischen Maßstäben, d.h. nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB). Dies gilt nach § 33a Abs. 1 Satz 5 2. Halbsatz EStG auch für die in der Bundesrepublik Deutschland lebenden ausländischen Steuerpflichtigen, die Angehörige im Ausland unterstützen (, BFHE 199, 407, BStBl II 2002, 760).
Ist die unterhaltene Person nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtig, so können die Aufwendungen nur abgezogen werden, soweit sie nach den Verhältnissen des Wohnsitzstaates der unterhaltenen Person notwendig und angemessen sind (§ 33a Abs. 1 Satz 5 EStG).
Die vom BMF im Schreiben in BStBl I 1996, 115 für die Bemessung des Höchstbetrages für Unterhaltszahlungen ins Ausland erlassene sog. Ländergruppeneinteilung stellt eine rechtlich nicht zu beanstandende Auslegung des Gesetzes dar (vgl. , BVerfGE 78, 214).
Für das Streitjahr 1996 galt für Jugoslawien eine Verringerung des Höchstbetrages auf 1/3 = 4 000 DM.
b) Nach § 33a Abs. 1 Satz 3 EStG darf die unterhaltene Person kein oder nur ein geringes Vermögen besitzen. Werden die Unterhaltsaufwendungen von mehreren Steuerpflichtigen getragen, so wird bei jedem der Teil des sich hiernach ergebenden Betrages abgezogen, der seinem Anteil am Gesamtbetrag der Leistungen entspricht (§ 33a Abs. 1 Satz 6 EStG).
c) Der Steuerpflichtige hat die Voraussetzungen für den Abzug von Unterhaltszahlungen gemäß § 33a Abs. 1 EStG nachzuweisen, und zwar neben der Bedürftigkeit des Unterstützungsempfängers insbesondere auch die tatsächlichen Zahlungen. Gemäß § 90 Abs. 2 AO 1977 sind bei Unterhaltszahlungen an im Ausland lebende Unterstützungsempfänger die Beteiligten in besonderem Maße verpflichtet, bei der Aufklärung mitzuwirken und die Beweismittel zu beschaffen. Die in der Verwaltungsregelung ( BStBl I 1997, 826 Ziff. 3 und 4) aufgestellten Kriterien konkretisieren den Rechtsbegriff der „erforderlichen Beweismittel” zwar zutreffend, jedoch nicht abschließend (, BFHE 206, 529, BStBl II 2005, 24).
Zuzulassen sind regelmäßig nur sichere und leicht nachprüfbare —soweit möglich inländische— Beweismittel (, BFHE 150, 151, BStBl II 1987, 675; , BFH/NV 1999, 1595).
Insbesondere müssen Bedürftigkeitsbescheinigungen erwachsener Unterhaltsempfänger detaillierte Angaben über vor dem Beginn der Unterstützung bezogene Einkünfte enthalten. Im Hinblick auf die nur eingeschränkte Überprüfbarkeit eines im Ausland verwirklichten Sachverhalts sind umfassende Angaben dazu unerlässlich. Grundsätzlich ist es zumutbar, vollständig ausgefüllte Bescheinigungen vorzulegen (, BFH/NV 1991, 229, m.w.N.). Die von der Rechtsprechung des BFH anerkannte Beweiserleichterung für bei Auslandsfahrten bar geleistete Unterhaltsleistungen an Personen im Ausland greift nicht in Fällen, in denen beide Eheleute im Inland leben. Sie kann auch nicht auf andere Sachverhalte ausgedehnt werden (BFH-Urteil in BFHE 206, 529, BStBl II 2005, 24).
Welche Beweismittel zum Nachweis eines Sachverhalts erforderlich sind, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles. Auch wenn das FG gemäß § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung entscheidet und ihm als Tatsacheninstanz die Auswahl und Gewichtung der erforderlichen Beweismittel obliegt, hat es die erhöhte Mitwirkungspflicht des Steuerpflichtigen nach § 90 Abs. 2 AO 1977 zu berücksichtigen. Die Entscheidung, welche Anforderungen an den Nachweis von Vorgängen im Ausland zu stellen sind und welche Beweismittel der Steuerpflichtige zu beschaffen hat, gehört zur Rechtsanwendung und kann daher vom BFH überprüft werden (BFH-Urteile in BFHE 150, 151, BStBl II 1987, 675; in BFH/NV 1991, 229; vom I R 14/01, BFHE 197, 287, BStBl II 2002, 861, unter II. 10.).
Die Erfüllung der Pflichten zur Aufklärung des Sachverhalts sowie zur Vorsorge und Beschaffung von Beweismitteln muss allerdings erforderlich, möglich, zumutbar und verhältnismäßig sein (BFH-Urteile in BFHE 150, 151, BStBl II 1987, 675; vom I R 109/82, BFH/NV 1986, 249; vom III R 116/72, BFHE 113, 150, BStBl II 1975, 25; ausführlich Söhn in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 10. Aufl., § 90 AO 1977 Rz. 180, 166, 156 und 72 ff., m.w.N.; Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 16. Aufl., § 90 AO 1977 Tz. 26 und 27).
So können etwa in Fällen eines Bürgerkrieges Beweiserleichterungen hinsichtlich der Beschaffung amtlicher Bescheinigungen in Betracht kommen (, EFG 1995, 823; ferner Anmerkung Haferkamp in EFG 2004, 203).
d) Nach § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO muss das FG nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung entscheiden. Das Gesamtergebnis des Verfahrens bilden alle rechtserheblichen Umstände tatsächlicher Art, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Das FG ist bei der Feststellung und Gewichtung der entscheidungserheblichen Tatsachen und Beweisergebnisse keinen starren Regeln unterworfen; es darf aber nicht willkürlich verfahren. Es muss insbesondere die gebildete subjektive Überzeugung objektivieren. Sie muss verstandesmäßig einsichtig und logisch nachvollziehbar sein und sich auf festgestellte Tatsachen stützen. Zwar ist die finanzrichterliche Überzeugungsbildung revisionsrechtlich nur eingeschränkt auf Verstöße gegen Denkgesetze und allgemeine Erfahrungssätze überprüfbar. Das FG hat jedoch im Einzelnen darzulegen, wie und dass es seine Überzeugung in rechtlich zulässiger und einwandfreier Weise gewonnen hat (, BFH/NV 1997, 772). Die subjektive Gewissheit des Tatrichters vom Vorliegen eines entscheidungserheblichen Sachverhalts ist nur dann ausreichend und für das Revisionsgericht bindend, wenn sie auf einer logischen, verstandesmäßig einsichtigen Beweiswürdigung beruht, deren nachvollziehbare Folgerungen den Denkgesetzen entsprechen und von den festgestellten Tatsachen getragen werden. Fehlt es an einer tragfähigen Tatsachengrundlage für die Folgerungen in der tatrichterlichen Entscheidung oder fehlt die nachvollziehbare Ableitung dieser Folgerungen aus den festgestellten Tatsachen und Umständen, so liegt ein Verstoß gegen die Denkgesetze vor, der als Fehler der Rechtsanwendung ohne besondere Rüge vom Revisionsgericht beanstandet werden kann (, BFHE 154, 7, BStBl II 1988, 944; vom VII R 10/84, BFH/NV 1987, 728; vom VII R 93/93, BFH/NV 1995, 572; vom II R 53/92, BFH/NV 1996, 18).
Allein die Feststellung, ein Zeuge habe etwas glaubhaft bestätigt, erfüllt das Gebot der Nachvollziehbarkeit der Beweiswürdigung zumindest dann nicht, wenn der Zeuge als naher Angehöriger möglicherweise befangen sein könnte. Das Gericht hat dann im Rahmen seiner Beweiswürdigung auch die Gründe darzustellen, die für seine Überzeugung über die Glaubhaftigkeit der Zeugenaussage leitend gewesen sind (, BFHE 130, 198, BStBl II 1980, 402).
2. Die Beweiswürdigung des FG wird diesen Maßstäben nicht hinreichend gerecht, zumal das FG teilweise in materiell-rechtlicher Hinsicht von der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht entsprechenden Grundsätzen ausgeht.
a) Das FG hat es im Streitfall im Hinblick auf die Verhältnisse im Kosovo als nicht erforderlich angesehen, amtliche Bescheinigungen in der sonst vorgesehenen Form für den Nachweis der Unterhaltsbedürftigkeit der Mutter des Klägers sowie der Zahlungen an diese zu verlangen. Indes haben die Kläger tatsächlich entsprechende Bescheinigungen vorgelegt, die jedoch in wesentlichen Teilen unvollständig sind.
Die Bescheinigung enthält keine Aussage dazu, ob die unterstützte Person nicht, gelegentlich oder regelmäßig beruflich tätig war, ob Unterstützungsleistungen aus öffentlichen Mitteln erbracht worden sind, seit wann die Unterstützung von den Klägern gewährt worden ist, welche jährlichen Einkünfte vor der Unterstützung bezogen worden sind, ob eigenes Vermögen vorhanden war und welcher Wert davon auf einen Hausbesitz entfällt.
Das FG hat sich auch nicht mit der Frage auseinander gesetzt, weshalb es unmöglich und unzumutbar gewesen ist, eine vollständige Bescheinigung beizubringen, obwohl es offensichtlich möglich war, eine amtliche Bescheinigung zu erlangen.
Der Zeuge hat bekundet, nach seinen Erkenntnissen habe die Mutter keine Arbeit gehabt und sei Hausfrau gewesen. Es mag zwar sein, dass angesichts der politischen Verhältnisse Angehörige des albanischen Volksstammes keine Arbeitsstelle beim Staat finden konnten und ebenso wenig eine offizielle Bestätigung über ihre Arbeitslosigkeit. Gleichwohl sind zumindest konkrete Darlegungen zur Unterhaltsbedürftigkeit unerlässlich, aus denen sich ableiten lässt, dass eine unterstützte erwachsene Person im arbeitsfähigen Alter trotz Arbeitssuche keine, und zwar auch keine gelegentliche Erwerbstätigkeit aufnehmen konnte und tatsächlich auch nicht aufgenommen hat.
Der vom FG vernommene Zeuge hat lediglich erklärt, er wisse nicht, ob die Mutter des Klägers über Vermögen verfügt habe; das von ihren Eltern ererbte und von ihr bewohnte alte Haus sei indes wertlos gewesen. Sie habe jedoch zum damaligen Zeitpunkt —also im Streitjahr 1996— in einem alten ihr gehörenden Haus zusammen mit ihren Kindern gelebt.
Die Klägerin hat im Verfahren wegen Einkommensteuer 1997 als Beteiligte erklärt, die Mutter habe in einem nicht ihr gehörenden Haus mit einem größeren Garten gewohnt, das aufgrund Erbnachfolge dem Bruder ihres Mannes gehört habe. Dieses Haus sei 1998 —also erst nach dem Streitjahr 1996— niedergebrannt. Ursprünglich habe der Vater des Klägers drei Häuser besessen, die jedoch alle zerstört worden seien.
Ob der Unterhaltsempfänger über kein oder nur geringes Vermögen i.S. des § 33a Abs. 1 Satz 3 EStG verfügt, ist unabhängig von der Anlageart nach dem Verkehrswert zu entscheiden. Ein Vermögen im Inland von bis zu 30 000 DM wird in der Regel als gering beurteilt (, BFHE 201, 192, BStBl II 2003, 655). Dieser Wert ist entsprechend der Ländergruppeneinteilung auf 1/3 zu kürzen.
Das FG hat trotz dieser gesamten Umstände keine konkreten Tatsachen festgestellt, die die Schlussfolgerung zuließen, die Mutter sei im Streitjahr 1996 gehindert gewesen, für ihren Unterhalt selbst zu sorgen.
Nach ständiger Rechtsprechung sind Personen im arbeitsfähigen Alter, die die zum Bestreiten des Lebensunterhalts zur Verfügung stehenden Quellen, insbesondere ihre Arbeitskraft nicht ausschöpfen, nicht unterstützungsbedürftig. Selbst wenn am Wohnort Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung geherrscht hat, darf daraus nicht ohne nähere Ermittlungen geschlossen werden, die unterstützte Person habe trotz Bemühens keine Arbeitsstätte, zumindest in der Form von Gelegenheitsarbeit, gefunden (, BFHE 124, 513, BStBl II 1978, 340; vom III R 206/82, BFHE 149, 532, BStBl II 1987, 599; vom III R 81/96, BFH/NV 1998, 293; , BFH/NV 1998, 1352).
b) Insbesondere reichen, sofern die volle oder zumindest teilweise Unterstützungsbedürftigkeit der Mutter des Klägers zu bejahen wäre, die bislang vom FG getroffenen Feststellungen nicht aus, um die Zahlung der vom FG anerkannten Unterhaltsleistungen nachzuweisen.
Das FG hat es als unerheblich angesehen, dass sich die in der Empfangsbestätigung vom angegebenen Daten nicht mit den vom Zeugen als Geldüberbringer erklärten Urlaubszeiten sowie den in Kopie vorgelegten Visaeinträgen decken und dass nur über einen Betrag in Höhe von 4 000 DM eine Barabhebung nachgewiesen worden sei, weil der Zeuge glaubhaft bekundet habe, an zwei Terminen Geld mitgenommen zu haben.
Das FG hat indes nicht ausgeführt, aus welchen Umständen es die Glaubhaftigkeit dieser Zeugenaussage trotz mehrerer Widersprüchlichkeiten abgeleitet hat. Dazu bestand schon deshalb Anlass, weil der Zeuge in einem Verwandtschaftsverhältnis zur Mutter und dem Kläger steht und ebenso wenig eine aus den Lebensverhältnissen begründete besondere landsmannschaftliche Verbundenheit auszuschließen ist.
Bereits die in der Empfangsbestätigung vom angegebenen Übergabedaten begegnen Zweifeln. Für das Übergabedatum vom findet sich kein Visumstempel. Selbst wenn der Betrag von 1 000 DM vom FG im Ergebnis unberücksichtigt gelassen worden ist, so müsste das Fehlen jeglicher Anhaltspunkte für eine Übergabe durch den Zeugen zu diesem Zeitpunkt zumindest im Rahmen der Glaubhaftigkeit der Zeugenaussage mitberücksichtigt werden. Ebenso sind die Übergabedaten vom und vom zweifelhaft. Ausweislich des Visumstempels vom hätte es für das FG nahe gelegen, den Zeugen näher zum Ablauf der Anreise und der Ankunftszeit zu befragen. Im Dezember 1996 ist der Zeuge ausweislich des Visumstempels erst am eingereist und nicht bereits am vermeintlichen Übergabetag, dem , vor Ort gewesen.
Der Zeuge hat ferner ausgesagt, die Mutter des Klägers und er hätten die Empfangsbestätigung am angegebenen Datum, dem , eigenhändig unterzeichnet. Ausweislich der vom Kläger eingereichten Reisepasskopie des Zeugen und dem darin enthaltenen Visumstempel ist dieses Datum indes auszuschließen. Der Zeuge hat trotz Nachfrage hierzu keine plausible Erklärung gegeben. Auch das Gericht hat diesen Umstand nicht näher gewürdigt.
Das Gericht ist der Frage der Mittelbeschaffung durch den Kläger ebenfalls nicht näher nachgegangen. Vielmehr hat es sich damit begnügt, dass zumindest im August 1996 eine zeitnahe Abhebung einer den Übergabebetrag übersteigenden Geldsumme vorliege und für Dezember 1996 zwar keine Barabhebung nachgewiesen sei, indes angesichts der Höhe des Betrages dieser habe angespart oder gar der Restbetrag aus dem August 1996 dazu habe verwendet werden können.
Das FG ist der Behauptung des Klägers, er habe auch Barlohn bezogen und für die Unterstützung verwendet, nicht nachgegangen. Diese Behauptung konnte ohne Schwierigkeit überprüft werden und das Ergebnis dieser Ermittlungen zugleich in die Würdigung, insbesondere der Glaubhaftigkeit des klägerischen Vortrages, entsprechend einbezogen werden. Für den ursprünglich von den Klägern für April 1996 geltend gemachten Betrag in Höhe von 1 000 DM ist gleichermaßen keine Barabhebung nachgewiesen worden.
Die „zeitnahe” Barabhebung von 4 000 DM ist bereits am und damit fast zwei Wochen vor dem Reisetermin des Zeugen als Geldüberbringer vorgenommen worden. Diese frühe Abhebung muss umso mehr verwundern, als sie zu einem Soll von immerhin 4 163,52 DM auf dem Konto des Klägers geführt hat. Die weitere Schlussfolgerung des FG, die Kläger hätten den Betrag im Dezember 1996 aus Ersparnissen oder dem verbliebenen Restbetrag vom August 1996 aufbringen können, ist angesichts des ins Minus geratenen Kontos der Kläger im August 1996 nicht nachzuvollziehen und vor allem ohne nähere Aufklärung rein spekulativ.
Zu Recht verlangt das FA einen zeitnahen, lückenlosen Nachweis in der „Zahlungskette”, also Nachweise über die Abhebungen oder Verfügbarkeit dieser Beträge durch den Kläger, Bestätigungen durch den Geldüberbringer und ebenso zeitnahe Bestätigungen durch den Letztempfänger, die Mutter des Klägers. Es sind keine Hindernisse erkennbar, solche Beweisstücke vorsorglich zeitnah zu erstellen.
3. Sollte das FG im zweiten Rechtsgang sich nach Maßgabe der unter Ziff. II. 2. aufgezeigten Gesichtspunkte gleichwohl Gewissheit hinsichtlich der tatsächlichen Zahlungen der von den Klägern geltend gemachten Unterhaltsleistungen verschaffen können, so wird es weiterhin zu prüfen haben, ob der für die Kläger geltend gemachte Höchstbetrag von 4 000 DM zeitanteilig zu kürzen ist (§ 33a Abs. 4 EStG).
a) Nach ständiger Rechtsprechung des , BFHE 131, 475, BStBl II 1981, 31; vom III R 196/82, BFHE 149, 61, BStBl II 1987, 341) können auch nur gelegentliche (z.B. ein- oder zweimalige) Leistungen im Jahr Aufwendungen für den Unterhalt i.S. von § 33a Abs. 1 EStG sein. Unterhalt pflegt indes typischerweise regelmäßig wiederkehrend erbracht zu werden. Deshalb ist, soweit gelegentliche Leistungen als Unterhalt i.S. von § 33a Abs. 1 EStG anerkannt werden, besonders sorgfältig zu prüfen, ob der Empfänger unterstützungsbedürftig i.S. von § 33a Abs. 1 EStG ist und ob die Leistungen geeignet sind, den laufenden Lebensbedarf des Empfängers zu decken.
Unterhaltsleistungen dürfen regelmäßig nicht auf Monate vor dem Zahlungsmonat zurückbezogen werden. Dies ergibt sich aus dem Umstand, dass Unterhaltsleistungen bestimmt und geeignet sein müssen, der Deckung des Lebensbedarfs des Unterhaltsempfängers zu dienen. Es spricht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass ein Unterhaltsverpflichteter, der seine Angehörigen laufend unterstützt, seine Leistungen so einrichtet, dass sie zur Deckung des Lebensbedarfs des Empfängers bis zum Erhalt der nächsten Leistung dienen. Diese —im Einzelfall widerlegbare— Vermutung steht regelmäßig einer Rückbeziehung von Unterhaltsleistungen auf Monate vor dem Zahlungsmonat entgegen.
Anders kann die Rechtslage sein, wenn ein Steuerpflichtiger überhaupt erstmals im Laufe eines Jahres Unterhaltsleistungen an seine Angehörigen im Ausland erbringt. In einem solchen Fall gilt die Vermutung nicht, dass mit den gezahlten Beträgen keine Schulden des Empfängers, die er zur Bestreitung seines Unterhalts aufgenommen hat, abgedeckt werden (, BFHE 133, 521, BStBl II 1981, 713; in BFHE 149, 61, BStBl II 1987, 341; vom III R 63/89, BFH/NV 1992, 101).
b) Das FG hat hinsichtlich des Verwendungszwecks angesichts der damaligen Verhältnisse im Kosovo, der glaubhaften Aussage des Zeugen und der Angaben in der Unterhaltsbescheinigung Bedenken gegen eine ganzjährige Berücksichtigung der Unterstützungsleistungen verneint. Es ist darüber hinaus aber auch der von der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufgestellten tatsächlichen Vermutung entgegengetreten.
Dementsprechend hat das FG den Höchstbetrag für das gesamte Jahr 1996 anerkannt. Es hat jedoch keine Feststellungen darüber getroffen, ob und ggf. wann der Kläger im vorangegangenen Jahr seine Mutter unterstützt hat und wovon die Mutter im Jahr 1995 gelebt hat, ob also ggf. vorhandene Mittel aus dem Jahr 1995 gereicht haben, um den laufenden Lebensbedarf bis Juli 1996 zu decken oder für dieses Jahr die von der Rechtsprechung anerkannte Ausnahme bei nachweislich fremdfinanziertem Unterhalt in Betracht kommen kann.
Ohne derartige Feststellungen kann nicht überprüft werden, ob das FG zu dem Ergebnis kommen konnte, der erstmals am übergebene Geldbetrag sei dazu geeignet und bestimmt gewesen, den Lebensbedarf der Mutter für das gesamte Streitjahr sicherzustellen (vgl. dazu BFH-Urteile in BFHE 131, 475, BStBl II 1981, 31; in BFHE 149, 532, BStBl II 1987, 599).
4. Schließlich wird das FG zu prüfen haben, ob ggf. als Unterhaltszahlungen anzuerkennende Beträge aufzuteilen sind, weil die Mutter des Klägers bereits im Streitjahr 1996 mit weiteren Personen in einem Haushalt zusammengelebt hat. Nach der Rechtsprechung des Senats ist im Falle des Zusammenlebens mehrerer unterstützter Personen in einem Haushalt grundsätzlich nicht darauf abzustellen, an welchen Angehörigen Beträge überwiesen wurden. Einheitliche Unterhaltsleistungen, die für den Unterhalt einer solchen Personengruppe bestimmt sind, sind vielmehr nach einem allgemeinen Maßstab aufzuteilen (, BFHE 174, 317, BStBl II 1994, 731). Dies gilt auch, soweit unterhaltene Personen nicht unterhaltsberechtigt sind (, BFHE 199, 355, BStBl II 2002, 753).
In der für 1996 vorgelegten Bedürftigkeitsbescheinigung wird verneint, dass die unterstützte Person in einem Haushalt gemeinsam mit anderen unterstützten Personen zusammengelebt habe. Indes hat der Zeuge erklärt, die Mutter habe in dem ihr gehörenden alten Haus zusammen mit ihren Kindern gelebt.
Sollte die Mutter des Klägers zusammen mit Kindern auch schon im Streitjahr 1996 in einem gemeinsamen Haushalt gelebt haben, so wird das FG zu prüfen haben, ob die Unterstützungsleistungen nach Kopfteilen nach Maßgabe der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze aufzuteilen sind (BFH-Urteil in BFHE 174, 317, BStBl II 1994, 731).
Des Weiteren ist in der Bedürftigkeitsbescheinigung für 1996 verneint worden, dass andere Personen neben dem Kläger zum Unterhalt der Mutter beigetragen haben. Unaufgeklärt geblieben ist jedoch, ob die im Haushalt der Mutter oder im Kosovo wohnhaften Kinder sich ebenfalls an der Unterhaltsleistung für die Mutter beteiligt haben, z.B. auch durch eine kostenlose Überlassung des ggf. dem Bruder des Klägers gehörenden Hauses zur Nutzung. Die Klägerin hat im Verfahren wegen Einkommensteuer 1997 als Beteiligte ausgesagt, die Mutter habe in einem nicht ihr gehörenden Haus gelebt, das aufgrund Erbnachfolge dem Bruder ihres Mannes gehört habe. In diesem Fall wären die Unterstützungsleistungen ggf. gemäß § 33a Abs. 1 Satz 6 EStG aufzuteilen.
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
Fundstelle(n):
BStBl 2005 II Seite 483
BB 2005 S. 816 Nr. 15
BFH/NV 2005 S. 739
BFH/NV 2005 S. 739 Nr. 5
BStBl II 2005 S. 483 Nr. 12
DB 2005 S. 751 Nr. 14
DStR 2005 S. 588 Nr. 14
DStRE 2005 S. 550 Nr. 9
FR 2005 S. 598 Nr. 11
HFR 2005 S. 427
KÖSDI 2005 S. 14587 Nr. 4
NWB-Eilnachricht Nr. 52/2006 S. 4504
StB 2005 S. 162 Nr. 5
XAAAB-44841