Abgrenzung von Arbeitslohn und Leistungen aufgrund einer anderen Rechtsbeziehung
Instanzenzug: , 1 K 68/02
Gründe
Die Beschwerde der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) hat keinen Erfolg.
1. Entgegen der Auffassung der Kläger ist eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nicht erforderlich (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 der Finanzgerichtsordnung —FGO—). Das Finanzgericht (FG) ist bei seiner Entscheidung insbesondere nicht von höchstrichterlichen Rechtsprechungsgrundsätzen abgewichen.
1.1. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH (z.B. Urteile vom VI R 33/97, BFH/NV 2004, 1594, Der Betrieb —DB— 2004, 2348; vom VI R 112/98, BFHE 203, 53, BStBl II 2003, 886; vom VI R 159/99, BFHE 195, 364, BStBl II 2001, 815; vom VI R 170/82, BFHE 143, 544, BStBl II 1985, 529) werden Bezüge oder Vorteile für eine Beschäftigung gewährt, wenn sie durch das individuelle Dienstverhältnis veranlasst worden sind. Dies ist zu bejahen, wenn die Einnahmen dem Empfänger mit Rücksicht auf das Dienstverhältnis zufließen und sich als Ertrag der nichtselbständigen Arbeit darstellen, d.h. wenn sich die Leistung des Arbeitgebers im weitesten Sinne als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft des Arbeitnehmers erweist (vgl. auch H 70 der Lohnsteuer-Richtlinien —LStR— 2004 unter „Allgemeines zum Arbeitslohnbegriff"; Schmidt/Drenseck, Einkommensteuergesetz, 23. Aufl., § 19 Rz. 24).
Arbeitslohn kann auch bei einer Zuwendung eines Dritten anzunehmen sein, wenn diese ein Entgelt „für” eine Leistung bildet, die der Arbeitnehmer im Rahmen des Dienstverhältnisses für seinen Arbeitgeber erbringt, erbracht hat oder erbringen soll. Voraussetzung ist, dass sie sich für den Arbeitnehmer als Frucht seiner Arbeit für den Arbeitgeber darstellt und im Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis steht (BFH-Urteile in BFH/NV 2004, 1594, DB 2004, 2348, m.w.N.; vom I R 119/98, BFHE 195, 110, BStBl II 2001, 512).
Andererseits liegt Arbeitslohn dann nicht vor, wenn die Zuwendung wegen anderer Rechtsbeziehungen oder wegen sonstiger, nicht auf dem Dienstverhältnis beruhender Beziehungen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber gewährt wird (BFH-Urteil in BFH/NV 2004, 1594, DB 2004, 2348, m.w.N.; Schmidt/Drenseck, a.a.O., § 19 Rz. 29). Ob ein Leistungsaustausch aufgrund einer Sonderrechtsbeziehung vorliegt, kann nur aufgrund einer Würdigung der den Einzelfall prägenden Umstände entschieden werden (vgl. auch Küttner/Thomas, Personalbuch 2004, Stichwort Arbeitsentgelt, Rz. 61 ff.).
Von dieser gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. zuletzt auch Senatsurteil vom VI R 25/02, DStR 2005, 59) ist das FG ausdrücklich ausgegangen. Es ist demzufolge nicht erkennbar, worin ein abstraktes Interesse an einer Leitentscheidung des BFH bestehen könnte. Entgegen der Ansicht der Kläger weicht die Vorentscheidung auch nicht —auch nicht in verdeckter Form— von der Rechtsprechung des BFH ab. Das FG hat insbesondere keinen abstrakten Rechtssatz des Inhalts aufgestellt, jede Übertragung von (zusätzlichen) Geschäftsanteilen auf einen Arbeitnehmer und Mitgesellschafter führe zu Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit.
1.2. Auf der Grundlage der angeführten höchstrichterlichen Rechtsprechung hat das FG unter Einbeziehung und in Abwägung der einzelnen Umstände des Streitfalles dahin gehend erkannt, dass die dem Kläger gewährten geldwerten Vorteile, die aus der verbilligten Überlassung von (weiteren) Gesellschaftsanteilen resultierten, maßgeblich auf den dienstvertraglichen Beziehungen des Klägers zu den Unternehmen der X-Gruppe beruhten. Das FG hat insbesondere festgestellt, dass das Interesse der Altgesellschafter darauf gerichtet gewesen sei, den Kläger als kompetenten Fachmann an die Firmengruppe zu binden, das Unternehmen strategisch neu auszurichten und zu sanieren. Entsprechend den in dem Grundlagenvertrag vom festgehaltenen Zwecken sei dem Kläger in einem Stufenplan (Phasen I bis III) die Stellung eines Mehrheitsgesellschafters erst zugewachsen, als bestimmte Ertragsziele im Unternehmen erreicht worden seien. Die in Rede stehenden Erwerbs- und Eintrittsrechte des Klägers sollten erst (und nur) realisiert werden können, nachdem dieser seine Fähigkeiten als Geschäftsführer und Sanierer der Unternehmensgruppe unter Beweis gestellt gehabt habe. Die Altgesellschafter hätten sich zunächst von den Fähigkeiten des Klägers überzeugen wollen, bevor dieser als Mehrheitsgesellschafter in das Unternehmen aufgenommen worden sei. Der Erfolg des Klägers bei der Ausübung der Geschäftsführertätigkeit sei Bedingung für die Übertragung der bezeichneten Gesellschafterrechte gewesen.
Aus diesen Gesamtumständen hat das FG letztlich den Schluss gezogen, der vergünstigte Erwerb der streitbefangenen Gesellschaftsanteile sei ganz überwiegend auf die Tätigkeit des Klägers als Geschäftsführer zurückzuführen und nicht Ausfluss einer Gesellschafterstellung (vgl. auch , BFHE 133, 375, BStBl II 1981, 707).
Im Kern richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde der Kläger gegen die tatrichterlichen Feststellungen einschließlich der Würdigung der Verträge zwischen dem Kläger und den Altgesellschaftern bzw. den einzelnen Gesellschaften der Unternehmensgruppe. Indessen sind die tatrichterliche Überzeugungsbildung, die Tatsachen- bzw. Sachverhaltswürdigung sowie diesbezügliche Schlussfolgerungen (vgl. hierzu Lange in Hübschmann/Hepp/ Spitaler, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 118 FGO Rz. 154) einer Nachprüfung durch den BFH weitgehend entzogen. Dies betrifft hier sowohl die Auslegung der streitbefangenen Verträge (vgl. hierzu etwa , BFH/NV 2003, 746) als auch die Gesamtwürdigung, der vergünstigte Erwerb der Gesellschaftsanteile sei maßgeblich durch die Tätigkeit des Klägers als Geschäftsführer veranlasst. Die Kläger verkennen, dass die tatrichterliche Überzeugungsbildung der Vorinstanz (§ 96 Abs. 1 FGO; vgl. z.B. , BFH/NV 1997, 772) nur insoweit revisibel ist, als Verstöße gegen die Verfahrensordnung, gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze vorliegen (ständige Rechtsprechung; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 118 Rz. 30; Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 118 FGO Tz. 87, m.w.N.). Solche Verstöße sind jedoch im Streitfall nicht erkennbar. Entgegen der Ansicht der Kläger genügt es aus revisionsrechtlicher Sicht, dass der Zusammenhang der streitbefangenen geldwerten Vorteile mit dem Dienstverhältnis des Klägers (und folglich zu seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit) vertretbar bzw. möglich ist; die Zuordnung muss nicht zwingend sein (vgl. auch Beermann, Finanzgerichtsordnung, § 118 Tz. 24).
2. Die erhobene Rüge, das FG habe seine Sachaufklärungspflicht gemäß § 76 Abs. 1 FGO verletzt, ist nicht schlüssig erhoben. Die Kläger haben keine Tatsachen bezeichnet, die einen Verfahrensmangel ergeben sollen. Soweit die Kläger sich in der Art einer Revisionsbegründung gegen die materielle Richtigkeit der Vorentscheidung wenden, kann dies nicht zur Zulassung der Revision führen, weil hiermit kein Zulassungsgrund nach § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO dargetan wird (ständige Rechtsprechung; vgl. z.B. , BFH/NV 2004, 493). Insbesondere bezeichnet die Kritik an der tatsächlichen Beweiswürdigung und Überzeugungsbildung allein keinen Verfahrensmangel (ausführlich hierzu , Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht 2004, 627).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2005 S. 702
BFH/NV 2005 S. 702 Nr. 5
NWB-Eilnachricht Nr. 10/2006 S. 756
LAAAB-43954