BFH Beschluss v. - V B 173/03

Bindung an den gewählten sachgerechten Aufteilungsmaßstab nach § 15 Abs. 4 UStG und Maßgeblichkeit dieses Aufteilungsmaßstabs für die Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG

Gesetze: UStG § 15 Abs. 4, § 15a

Instanzenzug:

Gründe

I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin), eine GmbH, die eine Bildungs- und Forschungseinrichtung auf dem Gebiet der ...technik betreibt, führt in ihren Geschäftsräumen zum Teil steuerpflichtige Umsätze und zum Teil nach § 4 Nr. 20 Buchst. a des Umsatzsteuergesetzes 1993/1999 (UStG) steuerbefreite Museumsumsätze durch. Die ihr für Bauleistungen in den Jahren 1996 und 1997 in Rechnung gestellte Umsatzsteuer machte sie als Vorsteuerbeträge geltend. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) teilte die Vorsteuerbeträge im Anschluss an eine Umsatzsteuerprüfung, soweit diese Leistungen nicht direkt den steuerfreien bzw. steuerpflichtigen Umsätzen zugerechnet werden konnten, nach dem Verhältnis der Gebäudeflächen (Flächenschlüssel) auf. Die Umsatzsteuerbescheide für 1996 und 1997 sind bestandskräftig. Diesen Aufteilungsmaßstab legte die Klägerin zunächst auch den Umsatzsteuererklärungen für 1998 bis 2000 zugrunde. Unter Hinweis auf die Entscheidungen des (BFHE 196, 345, BStBl II 2002, 833, und V R 52/00, BFH/NV 2002, 225) reichte die Klägerin geänderte Umsatzsteuererklärungen ein, mit denen sie ebenso wie in der Umsatzsteuererklärung für 2001 die Aufteilung nach dem Verhältnis der Umsätze (Umsatzschlüssel) begehrt.

Das FA lehnte den Erlass geänderter Umsatzsteuerbescheide für 1998 bis 2000 ab und setzte die Umsatzsteuer im Umsatzsteuerbescheid für 2001 abweichend von der Erklärung der Klägerin unter Berücksichtigung des Flächenschlüssels fest.

Die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht bestätigte unter Hinweis auf die Rechtsprechung des BFH die Auffassung, der Unternehmer, der in einem bereits bestandskräftigen Umsatzsteuerbescheid einen i.S. des § 15 Abs. 4 UStG sachgerechten Aufteilungsmaßstab gewählt habe, sei für die Folgezeit daran gebunden. Eine Änderung der Verhältnisse i.S. des § 15a UStG liege nicht vor.

Die Klägerin begehrt die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der FinanzgerichtsordnungFGO—).

II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

Grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO liegt vor, wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das abstrakte Interesse der Gesamtheit an der einheitlichen Entwicklung des Rechts berührt. Es muss sich um eine aus rechtssystematischen Gründen bedeutsame und auch für die einheitliche Rechtsanwendung wichtige Frage handeln. Die Rechtsfrage muss klärungsbedürftig und im Streitfall auch klärbar sein (BFH-Beschlüsse vom V B 119/01, BFH/NV 2002, 1038; vom X B 19/03, BFH/NV 2003, 1594). In der Beschwerdebegründung müssen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO dargelegt werden (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO).

a) Die Klägerin meint, grundsätzliche Bedeutung habe die Frage, ob „der Steuerpflichtige an einem im Erstjahr für eine konkrete Baumaßnahme gewählten sachgerechten Aufteilungsschlüssel zwingend auch in nachfolgenden Besteuerungszeiträumen dauerhaft gebunden” ist, sowie die Frage, ob „bei Prüfung einer Änderung der Verhältnisse einer Baumaßnahme gem. § 15a UStG der im Erstjahr gewählte Vorsteueraufteilungsschlüssel zwingend auch für die Ermittlung der maßgebenden Verhältnisse des Erstjahres und des entsprechenden Folgejahres heranzuziehen” ist.

aa) Eine Rechtsfrage ist dann nicht mehr klärungsbedürftig, wenn sie anhand der bereits vorliegenden Rechtsprechung des BFH beantwortet werden kann und keine neuen rechtlichen Gesichtspunkte erkennbar sind, die eine erneute Prüfung und Entscheidung dieser Frage durch den BFH geboten erscheinen lassen (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 115 Rdnr. 28, m.w.N.).

bb) Der erkennende Senat hat bereits wiederholt entschieden: Wenn der Unternehmer einen i.S. des § 15 Abs. 4 UStG sachgerechten Aufteilungsmaßstab gewählt hat, ist dieser Maßstab auch für nachfolgende Besteuerungszeiträume der Besteuerung zugrunde zu legen. Das gilt auch dann, wenn ggf. noch andere „sachgerechte” Ermittlungsmethoden in Betracht kommen, wie z.B. die Aufteilung der Vorsteuerbeträge nach dem Verhältnis der mit dem Gegenstand ausgeführten Umsätze (gegenstandsbezogener Umsatzschlüssel). Der gewählte (sachgerechte) Aufteilungsmaßstab ist auch maßgebend für eine mögliche Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG (, BFHE 185, 524, BStBl II 1998, 492; in BFHE 196, 345, BStBl II 2002, 833; vom V R 75/00, BFH/NV 2002, 227; vom V R 28/01, BFH/NV 2002, 228; vom V R 52/00, BFH/NV 2002, 225; vom V R 32/01, BFH/NV 2002, 229).

Gründe, die eine andere Beurteilung erforderlich machten, hat die Klägerin nicht vorgetragen; insbesondere ergeben sich aus dem —auch für die Umsatzsteuer geltenden— Prinzip der Abschnittsbesteuerung entgegen der Auffassung der Klägerin deswegen keine anderen Gesichtspunkte, weil § 15a Abs. 1 Satz 1 UStG ausdrücklich die Verhältnisse im Kalenderjahr der erstmaligen Verwendung (sog. Erstjahr) für den Vorsteuerabzug als Maßstab für die Beurteilung bestimmt, ob sich in einem Folgejahr die Verwendungsverhältnisse geändert haben. Mit den im Erstjahr für den Vorsteuerabzug maßgebenden Verhältnissen sind nach ständiger Rechtsprechung die Umstände gemeint, unter denen der Unternehmer mit dem bezeichneten Wirtschaftsgut die Umsätze ausgeführt hat. Die Bestandskraft der Steuerfestsetzung für das Erstjahr in Verbindung mit der Unabänderbarkeit gestaltet die für das Erstjahr „maßgebende” Rechtslage für die Verwendungsumsätze (, BFHE 173, 270, BStBl II 1994, 485). Ist der Umsatzsteuerbescheid des Erstjahres bestandskräftig, verbleibt es bei der einmal getroffenen Wahl, weil nach ständiger Rechtsprechung die Ausübung eines Wahlrechts keine Tatsache i.S. des § 173 der Abgabenordnung (AO 1977) ist (vgl. , BFHE 158, 520, BStBl II 1990, 195). § 15a Abs. 1 UStG erlaubt nur eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs bei Änderung der Umstände, unter denen der Unternehmer mit dem bezeichneten Wirtschaftsgut die Umsätze ausgeführt hat, die für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgebend waren.

b) Grundsätzliche Bedeutung hat nach Auffassung der Klägerin ferner die Frage, ob sich diese Bindung in nachfolgenden Besteuerungszeiträumen nur für Leistungsbezüge, die mit der ursprünglichen Baumaßnahme in unmittelbarem Zusammenhang stehen (z.B. nachträgliche Herstellungskosten oder laufender Erhaltungsaufwand) oder auf alle Leistungsbezüge der Körperschaft erstreckt? Insoweit fehlt es schon daran, dass die Klägerin nicht dargelegt hat, inwiefern diese Frage im Streitfall entscheidungserheblich sein könnte.

Fundstelle(n):
BFH/NV 2005 S. 583
BFH/NV 2005 S. 584 Nr. 4
TAAAB-42761