OFD Magdeburg - S 0127 - 5 - St 251

Zuständigkeitswechsel gem. § 26 AO und gesonderte Feststellung gem. § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe b AO

I Allgemeines

Geht die örtliche Zuständigkeit für die Besteuerung durch eine Änderung der sie begründenden Umstände von einem Finanzamt auf ein anderes Finanzamt über, so tritt ein Wechsel in der Bearbeitungszuständigkeit erst in dem Zeitpunkt ein, in dem eines der betroffenen Finanzämter von dem Zuständigkeitswechsel erfährt (§ 26 Satz 1 AO). Ein Steuerpflichtiger kann sich auf eine veränderte örtliche Zuständigkeit der Finanzämter nicht berufen, solange die die Zuständigkeit verändernden Umstände keinem der betroffenen Finanzämter zweifelsfrei bekannt geworden sind ( BStBl 1989 II S. 483).

Das Finanzamt, das von dem Übergang der örtlichen Zuständigkeit zuerst Kenntnis erlangt, ist gehalten, das andere Finanzamt unverzüglich hiervon zu unterrichten und die Abgabe/Übernahme der Besteuerung zu veranlassen.

Der genaue Zeitpunkt, zu dem das bislang zuständige Finanzamt von einem Zuständigkeitswechsel erfahren hat, kann im Hinblick auf die Steuerberechtigung des Landes von erheblicher Bedeutung sein. Die Umstände, die zu einer Änderung in der örtlichen Zuständigkeit führen, sind aus diesem Grund unter Angabe des Datums aktenkundig zu machen.

Tritt ein Zuständigkeitswechsel ein, so hat das neu zuständig gewordene Finanzamt grundsätzlich die Besteuerung in vollem Umfang zu übernehmen (Ausnahmen siehe Tzn. II und IV). Es hat unerledigte Veranlagungen zu bearbeiten und die Kassengeschäfte abzuwickeln. Erforderlichenfalls hat es auch Vollstreckungsmaßnahmen wegen Steuerrückständen aus zurückliegenden Jahren vorzunehmen bzw. fortzuführen, weil die Zuständigkeit für die Besteuerung auch die Durchführung von Vollstreckungsmaßnahmen umfasst. Die Übernahme der Besteuerung kann nicht mit der Begründung abgelehnt werden, dass

  • Steuererklärungen unbearbeitet und Veranlagungen noch nicht durchgeführt worden sind,

  • die persönliche und/oder sachliche Steuerpflicht inzwischen erloschen ist,

  • die Steuerpflicht zwischen unbeschränkter und beschränkter Steuerpflicht gewechselt hat,

  • über Anträge des Steuerpflichtigen (z. B. auf Erlass von Steuern) noch nicht entschieden ist oder

  • der Steuerpflichtige mit zur Zahlung fälligen Steuerbeträgen rückständig ist.

Auch ein anhängiges außergerichtliches Rechtsbehelfsverfahren hindert die Aktenabgabe nicht, weil nach § 367 Abs. 1 Satz 2 AO jeder nach Erlass des Verwaltungsakts eintretende Zuständigkeitswechsel auch eine Zuständigkeitsänderung im Einspruchsverfahren bewirkt (EFG 1989 S. 490). Diese Rechtsbehelfsvorgänge sind daher mit den übrigen Akten abzugeben (siehe Nr. 1 AEAO zu § 367 sowie zu den Besonderheiten in aktenlosen Fällen AO-Kartei OFD Magdeburg § 367 Karte 2).

Wenn sich in den zu übersendenden Steuerakten noch unerledigte Veranlagungen aus den Vorjahren befinden, ist in der Abgabeverfügung darauf besonders hinzuweisen.

Wegen der technischen Abwicklung der Abgabe/Übernahme der Besteuerung wird auf die §§ 86 ff. BuchO verwiesen.

II Fortführung des Verwaltungsverfahrens nach § 26 Satz 2 AO

1. Allgemeine Grundsätze

Nach § 26 Satz 2 AO ist es in das Ermessen des bisher zuständigen Finanzamts gestellt, ein bereits begonnenes Verwaltungsverfahren fortführen, wenn dies unter Wahrung der Interessen der Beteiligten der einfachen und zweckmäßigen Durchführung des Verfahrens dient und die nunmehr zuständige Finanzbehörde zustimmt. Eine entsprechende Vereinbarung zwischen den beteiligten Finanzämtern kann sich nur auf einzelne, im Zeitpunkt des Zuständigkeitswechsels bereits anhängige Verwaltungsverfahren beziehen, nicht jedoch auf die örtliche Zuständigkeit insgesamt. Soll die örtliche Zuständigkeit insgesamt bei dem bisher zuständigen Finanzamt verbleiben, ist ggf. eine Zuständigkeitsvereinbarung nach § 27 AO zu treffen (siehe hierzu Tz. IV).

Als Verwaltungsverfahren im Sinne des § 26 Satz 2 AO ist insbesondere das Besteuerungsverfahren im engeren Sinne anzusehen, das im Allgemeinen mit der – ggf. öffentlichen – Aufforderung zur Abgabe der Steuererklärung beginnt und mit der – erforderlichenfalls im Vollstreckungswege durchzuführenden – Verwirklichung der Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (Einziehung bzw. Erstattung) endet einschließlich eines etwaigen außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahrens. Dabei ist jede Steuerart und jeder Veranlagungszeitraum gesondert zu betrachten. Entsprechendes gilt für die nach §§ 179 ff. AO durchzuführenden Feststellungen.

Vereinbarungen nach § 26 Satz 2 AO können insbesondere zweckmäßig sein, wenn

  • der Steuerpflichtige die Fortführung des Verfahrens durch das bisher zuständige Finanzamt beantragt und dafür wichtige Gründe anführt oder

  • die Bearbeitung eines Falles kurz vor dem Abschluss steht oder

  • für die Bearbeitung eines Steuerfalles die Kenntnis der besonderen örtlichen Gegebenheiten erforderlich ist und das neu zuständige Finanzamt hierüber nicht verfügt oder

  • eine Außenprüfung stattgefunden hat und der Prüfungsbericht noch nicht ausgewertet ist oder

  • Pfandsachen bereits zur Verwertung abgeholt wurden.

Fortgeführt werden kann nicht nur das ganze von dem Zuständigkeitswechsel berührte Verfahren, sondern auch ein einzelner Verfahrensabschnitt (z. B. ein Einspruchsverfahren) oder eine einzelne Amtshandlung (z. B. Befragung einer im Zeitpunkt des Zuständigkeitswechsels bereits geladenen Auskunftsperson an Amtsstelle).

Die Vereinbarung nach § 26 Satz 2 AO bedarf zwar nicht der Zustimmung des Steuerpflichtigen, jedoch sind seine Interessen angemessen zu berücksichtigen. Er ist von der Fortführung des Verfahrens durch das bislang zuständige Finanzamt zu benachrichtigen (AEAO zu § 26, Nr. 2).

2. Sonderregelungen für Antragsveranlagungen nach § 46 EStG und für Fälle aktenloser Bearbeitung (§§ 88 und 89 BuchO)

Bei Antragsveranlagungen nach § 46 EStG sowie in Fällen, in denen im bisher zuständigen Finanzamt keine Steuerakten geführt werden (Arbeitnehmerbereich), entfällt, unbeschadet des Übergangs der Zuständigkeit nach § 26 Satz 1 AO, grundsätzlich die Abgabe von Vorgängen und Auszügen aus dem Speicherkonto für Zeiträume, für die Veranlagungen bereits bestandskräftig durchgeführt sind. Dies gilt auch für Steuerfestsetzungen, die ausschließlich aus Gründen der behaupteten Verfassungswidrigkeit von Rechtsvorschriften vorläufig (§ 165 AO) ergangen sind. Soweit ein Rechtsbehelf noch nicht erledigt oder eine Veranlagung aus anderen Gründen noch nicht bestandskräftig ist, hat im Allgemeinen das bisher zuständige Finanzamt das Verfahren fortzuführen; eine noch nicht abschließend bearbeitete Erklärung soll ebenfalls noch vom bisher zuständigen Finanzamt erledigt werden. Beantragt der Steuerpflichtige jedoch ausdrücklich die Fortführung des Verfahrens durch das zuständig gewordenen Finanzamt, so ist dem zu entsprechen; Vorgänge und Auszüge aus dem Speicherkonto sind in diesem Fall auch für Zeiträume, für die ein Rechtsbehelf etc. noch nicht erledigt ist, abzugeben.

Ist auf Grund der vorstehenden Sonderregelung eine Abgabe an das zuständig gewordene Finanzamt nur zeitraumbezogen vorzunehmen, verbleibt für die nicht abzugebenden Zeiträume ein ggf. noch nicht abgeschlossenes Vollstreckungsverfahren ebenfalls beim bisherigen Finanzamt. Soweit erforderlich, ist das zuständig gewordene Finanzamt um Amtshilfe zu bitten.

Bei Zuständigkeitswechseln innerhalb Sachsen-Anhalts findet die Sonderregelung nicht nur bei Abgaben von Steuerfällen, die bisher im Arbeitnehmerbereich eines Finanzamts geführt wurden, Anwendung, sondern auch bei Abgaben von Steuerfällen aus dem allgemeinen Veranlagungsbereich, die künftig im Arbeitnehmerbereich des zuständig gewordenen Finanzamts geführt werden sollen oder für die künftig Steuerfestsetzungen nicht mehr in Betracht kommen. Ist der Steuerpflichtige im Zeitpunkt des Zuständigkeitswechsels jedoch beim bisher zuständigen Finanzamt mit Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis rückständig und steht nicht fest, dass die Einziehung der Rückstände keinen Erfolg haben wird (§ 261 AO), ist die Sonderregelung nicht anzuwenden. Die Abgabe dieser Fälle (mit den bestehenden Abgabenrückständen) ist nach den allgemeinen Grundsätzen vorzunehmen.

III Örtliche Zuständigkeit im Zusammenhang mit der gesonderten Feststellung nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe b AO

Für die Besteuerung natürlicher Personen nach dem Einkommen ist gem. § 19 Abs. 1 AO das Finanzamt örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Steuerpflichtige seinen Wohnsitz oder in Ermangelung eines Wohnsitzes seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat (Wohnsitzfinanzamt).

Für die Umsatzsteuer ist nach § 21 AO das Finanzamt örtlich zuständig, von dessen Bezirk aus der Unternehmer sein Unternehmen im Geltungsbereich des Gesetzes ganz oder vorwiegend betreibt.

Die Festsetzung/Zerlegung der Gewerbesteuermessbeträge obliegt gem. §§ 18 Abs. 1 Nr. 2, 22 Abs. 1 AO dem Finanzamt, in dessen Bezirk sich die Geschäftsleitung befindet (Betriebsfinanzamt). Die Zuständigkeit bleibt erhalten, auch wenn der Betrieb aufgegeben wird ( BStBl 1989 II S. 483).

Für alle am anhängigen Verfahren und für die Folgezeit sind die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb oder einer freiberuflichen Tätigkeit (§ 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG) gem. § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe b AO gesondert festzustellen, wenn nach den Verhältnissen zum Schluss des Gewinnermittlungszeitraums das für die gesonderte Feststellung zuständige Finanzamt nicht auch für die Steuern vom Einkommen zuständig ist. Bei einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr oder einem Rumpfwirtschaftsjahr sind die Verhältnisse zum Schluss dieses Zeitraums maßgebend. Dieser Zeitpunkt bestimmt endgültig darüber, ob eine gesonderte Feststellung durchzuführen ist oder nicht. Dabei ist die Entscheidung für jedes Jahr erneut zu treffen. Ggf. sind die erforderlichen Angaben (Tag der Betriebsaufgabe oder -verlegung; Tag der Wohnsitzverlegung) beim Stpfl. zu erfragen.

Das (BStBl 1987 II S. 195), nach dem eine gesonderte Gewinnfeststellung für Einzelunternehmer nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe b) AO nur zulässig ist, wenn im Zeitpunkt der Veranlagung das Betriebsfinanzamt nicht auch für die Steuern vom Einkommen zuständig ist, ist aufgrund der Neufassung der Vorschrift durch Art. 26 Nr. 19 Buchstabe a) StMBG vom (BStBl 1994 I S. 50, 86) überholt. Nach Art. 97 § 1 Abs. 4 EGAO gilt die Neuregelung für alle am Tag des In-Kraft-Tretens des StMBG, dem , anhängige Verfahren.

§ 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe b AO gilt nicht für Gewinneinkünfte aus selbständiger Arbeit i. S. d. § 18 Abs. 1 Nrn. 2 und 3 EStG und für Überschusseinkünfte.

Ist eine gesonderte Feststellung durchzuführen, ist das Betriebsfinanzamt auch für die Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags örtlich zuständig. Das nach § 19 AO für die Einkommensbesteuerung zuständige Wohnsitzfinanzamt wird grundsätzlich mit der Gewinnermittlung nicht befasst, sondern führt die Einkommensteuerveranlagung aufgrund der Mitteilung des Betriebs-/Tätigkeitsfinanzamts (ESt-4) durch (Ausnahme: Beispiel 9).

Da der Feststellungsbescheid ein Grundlagenbescheid mit Bindungswirkung für den Einkommensteuerbescheid ist, kann der Einkommensteuerbescheid ggf. nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO geändert werden.

Befinden sich Wohnsitz und Betrieb in den Bezirken verschiedener Finanzämter und ist nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe b AO eine gesonderte Gewinnfeststellung nicht zulässig, so teilt das Betriebsfinanzamt dem Wohnsitzfinanzamt den Gewinn im Wege der Amtshilfe (§ 111 AO) formlos mit. Liegt bei Durchführung der Einkommensteuerveranlagung für das betreffende Jahr die formlose Mitteilung über die Höhe der Einkünfte noch nicht vor, sollte die Einkommensteuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 AO) durchgeführt werden, weil keine Änderungsmöglichkeit nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO besteht. Nach Eingang der Mitteilung ist die Festsetzung ggf. zu ändern sowie der Vorbehalt der Nachprüfung aufzuheben.

Unbeschadet der vom bisherigen Betriebsfinanzamt zu leistenden Amtshilfe obliegt die Entscheidung über die Höhe der bei der Einkommensteuerveranlagung anzusetzenden Einkünfte dem neuen Wohnsitzfinanzamt. Das Betriebsfinanzamt hat deshalb ggf. dem neuen Wohnsitzfinanzamt die Ermittlung eines von der Einkommensteuererklärung des Steuerpflichtigen abweichenden Gewinns/Verlustes zu erläutern. Das Wohnsitzfinanzamt entscheidet selbständig, ob es die Einkünfte in den Einkommensteuerbescheid übernehmen will oder nicht; ggf. kann es noch eigene Ermittlungen vornehmen.

Für die Beurteilung verschiedener Fallgestaltungen gebe ich nachfolgende Hinweise. Dabei bezeichnet der Begriff „Betrieb” den Betrieb der Land- und Forstwirtschaft, den Gewerbebetrieb oder die freiberufliche Tätigkeit eines Steuerpflichtigen. Zu den „Betriebssteuern” gehören die Umsatz- und die Gewerbesteuer; für die Lohnsteueranmeldungen gelten die gleichen Grundsätze.

1. Grundsatz

Beispiel 1:
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Wohnsitz:
im Bereich des FA A
Betrieb:
im Bereich des FA A

Zuständig für sämtliche Steuern ist das FA A.

Eine gesonderte Feststellung ist nicht durchzuführen, weil sich Wohnsitz und Betrieb im Bereich desselben FA befinden.

Beispiel 2:
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Wohnsitz:
im Bereich des FA A
Betrieb:
im Bereich des FA B

Es ist eine gesonderte Feststellung des Gewinns aus dem Betrieb durch das FA B vorzunehmen.

Für die Betriebssteuern ist das FA B zuständig.

Für die Personensteuern ist das FA A zuständig.

2. Betriebsaufgabe/Betriebsveräußerung ohne Wohnsitzverlegung

Beispiel 3:
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Wohnsitz:
im Bereich des FA A
Betrieb:
im Bereich des FA B

Der Betrieb wird in 2003 aufgegeben.

Gesonderte Feststellungen sind für 2001, 2002 und 2003 durch das FA B durchzuführen, für 2003 deshalb, weil nach den Verhältnissen zum Schluss des Gewinnermittlungszeitraums (Rumpfwirtschaftsjahr) der Wohnsitz und der Betrieb im Zuständigkeitsbereich verschiedener FÄ liegen. Ab 2004 ist keine gesonderte Feststellung mehr durchzuführen.

Für die Betriebssteuern 2001 bis 2003 ist das FA B zuständig.

Für die Personensteuern ist das FA A zuständig.

3. Betriebsaufgabe/Betriebsveräußerung und gleichzeitige Wohnsitzverlegung

Beispiel 4:
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Wohnsitz:
im Bereich des FA A
Betrieb:
im Bereich des FA A

Der Betrieb wird in 2003 aufgegeben, der Wohnsitz gleichzeitig, d. h. mit der Betriebsaufgabe, von A nach B verlegt.

Es ist in keinem Jahr eine gesonderte Feststellung des Gewinns durchzuführen, weil Wohnsitz und Betrieb zum Ende des Gewinnermittlungszeitraums (für 2003 = Rumpfwirtschaftsjahr) in den Zuständigkeitsbereich desselben FA fallen.

Für die Betriebssteuern bis 2003 ist und bleibt das bisherige Betriebsfinanzamt A zuständig. Dies gilt nicht nur für die erstmalige Durchführung der Veranlagungen, für Einspruchs- und Änderungsverfahren, sondern auch hinsichtlich der Erhebung und etwaigen Vollstreckung. Rückstände sind erforderlichenfalls im Wege der Amtshilfe (§ 250 AO) beizutreiben. Wegen aus Zweckmäßigkeitserwägungen ggf. zu treffenden Zuständigkeitsvereinbarungen wird auf Tz. IV hingewiesen.

Die Betriebssteuerveranlagungen sind vordringlich durchzuführen. Ggf. ist der Steuerpflichtige aufzufordern, seine Steuererklärungen bevorzugt abzugeben.

Für die Personensteuern ist zunächst das FA A zuständig, das FA B von dem Zeitpunkt an, in dem es von dem Wohnsitzwechsel erfährt. In diesem Fall sind die Personensteuerakten (ohne Bilanzakten) und ggf. Auszüge aus dem Speicherkonto unverzüglich an das neue Wohnsitzfinanzamt B zu übersenden. Das bisher zuständige Betriebsfinanzamt A ermittelt im Wege der Amtshilfe für Zwecke der Einkommensteuer den Gewinn für die Zeit bis zur Betriebsaufgabe (einschließlich eines etwaigen Veräußerungs- oder Aufgabegewinns). Dazu sendet das neue Wohnsitzfinanzamt B ggf. die vom Steuerpflichtigen eingereichten Gewinnermittlungsunterlagen an das bisherige Betriebsfinanzamt, das die Höhe des Gewinns dem neuen Wohnsitzfinanzamt formlos (z. B. mit Kurzmitteilung) mitteilt.

4. Trennung von Wohnsitz und Betrieb (Wohnsitzverlegung)

Beispiel 5:
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Wohnsitz:
im Bereich des FA A
Betrieb:
im Bereich des FA A

In 2003 wird der Wohnsitz von A nach B verlegt.

Ab 2003 ist eine gesonderte Feststellung des Gewinns durch das alte und neue Betriebsfinanzamt A durchzuführen, denn zum Schluss dieses Gewinnermittlungszeitraums liegen Wohnsitz und Betrieb im Zuständigkeitsbereich verschiedener Finanzämter.

Für die Personensteuern wird das FA B von dem Zeitpunkt an zuständig, in dem eines der beiden betroffenen FÄ von der Wohnsitzverlegung erfährt. Das gilt auch für noch offene Veranlagungen; die Höhe der Einkünfte aus dem Betrieb für diese Zeiträume (bis einschl. 2002) teilt das Betriebsfinanzamt A dem neuen Wohnsitzfinanzamt B formlos mit.

Für die Betriebssteuern bleibt das Betriebsfinanzamt A zuständig.

5. Trennung von Wohnsitz und Betrieb (Betriebsverlegung)

Beispiel 6:
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Wohnsitz:
im Bereich des FA A
Betrieb:
im Bereich des FA A

In 2003 wird der Betrieb von A nach B verlegt.

Ab 2003 ist eine gesonderte Feststellung des Gewinns durch das neue Betriebsfinanzamt B durchzuführen, denn zum Schluss dieses Gewinnermittlungszeitraums liegen Wohnsitz und Betrieb im Zuständigkeitsbereich verschiedener FÄ.

Für die Personensteuern bleibt das FA A zuständig. Für noch offene oder (z. B. aufgrund Bp) geänderte Veranlagungen der Jahre vor 2003 teilt das neue Betriebsfinanzamt B dem Wohnsitzfinanzamt A die Höhe des Gewinns aus dem Betrieb im Wege der Amtshilfe formlos mit.

Für die Betriebssteuern wird das neue Betriebsfinanzamt B in dem Zeitpunkt zuständig, in dem eines der FÄ A oder B von der Betriebsverlegung erfährt (§ 26 Satz 1 AO), und zwar auch für die noch offenen Veranlagungen der Jahre vor 2003.

6. Betriebsverlegung und Wohnsitzverlegung

Beispiel 7:
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Wohnsitz:
im Bereich des FA A
Betrieb:
im Bereich des FA A

In 2003 wird der Wohnsitz nach B und der Betrieb nach C verlegt.

Ab 2003 ist eine gesonderte Feststellung des Gewinns durch das neue Betriebsfinanzamt C durchzuführen, weil zum Schluss dieses Gewinnermittlungszeitraums Wohnsitz und Betrieb im Zuständigkeitsbereich verschiedener FÄ liegen.

Für die Personensteuern ist zunächst das FA A zuständig. Sobald eines der FÄ A oder B von dem Wohnsitzwechsel erfährt, geht die örtliche Zuständigkeit insgesamt auf das FA B über (§ 26 Satz 1 AO), und zwar auch für noch offene Veranlagungen der Jahre vor 2003.

Für die Betriebssteuern wird das neue Betriebsfinanzamt C in dem Zeitpunkt zuständig, in dem eines der FÄ A oder C von der Betriebsverlegung erfährt, und zwar auch für die noch offenen Veranlagungen der Jahre vor 2003.

7. Zusammenlegung von Wohnsitz und Betrieb (Betriebsverlegung)

Beispiel 8:
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Wohnsitz:
im Bereich des FA A
Betrieb:
im Bereich des FA B

In 2003 wird der Betrieb von B nach A verlegt.

Das FA A hat für die Besteuerungszeiträume bis einschließlich 2002 gesonderte Feststellungen des Gewinns durchzuführen. Denn die Zuständigkeit geht im Zeitpunkt der Kenntnisnahme vom bisherigen Betriebsfinanzamt B auf das neue Betriebsfinanzamt A über. Für 2003 ist keine gesonderte Feststellung mehr durchzuführen, weil zum Schluss dieses Gewinnermittlungszeitraums Wohnsitz und Betrieb nicht im Bereich verschiedener FÄ liegen.

Für die Personensteuern ist das FA A zuständig.

Für die Betriebssteuern wird für alle noch offenen Veranlagungen das FA A zuständig (bisher FA B), sobald eines der beiden FÄ A oder B von der Betriebsverlegung erfährt.

8. Zusammenlegung von Wohnsitz und Betrieb (Wohnsitzverlegung)

Beispiel 9:
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Wohnsitz:
im Bereich des FA A
Betrieb:
im Bereich des FA B

In 2003 wird der Wohnsitz von A nach B verlegt.

Auf die Durchführung eines gesonderten Feststellungsverfahrens für die Besteuerungszeiträume bis einschl. 2002 kann verzichtet werden, weil es sich um einen Fall von geringer Bedeutung handelt (§ 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe b AO i. V. m. § 180 Abs. 3 Nr. 2 Satz 2 AO; Nr. 4 AEAO zu § 180). Ab 2003 ist keine gesonderte Feststellung mehr durchzuführen, weil zum Schluss dieses Gewinnermittlungszeitraums Wohnsitz und Betrieb nicht im Bereich verschiedener FÄ liegen.

Für die Personensteuern ist zunächst das FA A zuständig. Sobald eines der FÄ A oder B von dem Wohnsitzwechsel erfährt, geht die Zuständigkeit auf das FA B über, und zwar auch für noch offene Veranlagungen vor 2003.

Für die Betriebssteuern bleibt das FA B zuständig.

9. Zusammenlegung von Wohnsitz und Betrieb bei abweichendem Wirtschaftsjahr

Beispiel 10:
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Wohnsitz:
im Bereich des FA A
Betrieb:
im Bereich des FA B (Land- und Forstwirtschaft, Wirtschaftsjahr 01.07. – 30.06)

In 2003 werden Wohnsitz und Betrieb zusammengelegt.

Fallen das Ende des Veranlagungszeitraums (hier: ) und das Ende des Gewinnermittlungszeitraums (hier: ) auseinander, kommt es gemäß § 180 Abs. 1 Nr. 2b AO für die Frage, ob die betrieblichen Einkünfte gesondert festzustellen sind, auf die tatsächlichen Verhältnisse zum Schluss des Gewinnermittlungszeitraums (), nicht auf die Verhältnisse zum Schluss des Veranlagungszeitraums (), an. Eine gesonderte Feststellung der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft für das Wirtschaftsjahr 02/2003 ( – ) erfolgt nur dann, wenn der Stpfl. Wohnsitz und Betrieb nach dem zusammengelegt hat. Bei einer Zusammenlegung vor dem werden die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft für das Wirtschaftsjahr 02/2003 dagegen nicht gesondert festgestellt.

IV Zuständigkeitsvereinbarungen gem. § 27 AO im Zusammenhang mit Gewerbebetrieben

Im Einzelfall kann es zweckmäßig sein, dass zwischen Wohnsitzfinanzamt und dem örtlich zuständigen Betriebsfinanzamt eine Zuständigkeitsvereinbarung gem. § 27 AO getroffen wird, durch die das Wohnsitzfinanzamt die Festsetzung und Erhebung (einschließlich Vollstreckung) der Betriebssteuern übernimmt. Voraussetzung hierbei ist jedoch, dass der Beteiligte zustimmt.

Eine Zuständigkeitsvereinbarung kann zweckmäßig sein, wenn zur Abwicklung der Betriebssteuerveranlagungen persönliche Verhandlungen mit dem Steuerpflichtigen geführt werden müssen oder eine Einsicht in die an dem Wohnort des Steuerpflichtigen befindlichen Bücher und Unterlagen erforderlich ist.

Eine Zuständigkeitsvereinbarung sollte stets dann getroffen werden, wenn der Steuerpflichtige vor Durchführung der Betriebssteuerveranlagungen wieder eine gewerbliche, berufliche oder land- und forstwirtschaftliche Tätigkeit in dem Bezirk des neuen Wohnsitzfinanzamts aufgenommen hat.

Nimmt der Steuerpflichtige eine neue unternehmerische Tätigkeit in dem Kalenderjahr auf, in dem der bisherige Betrieb veräußert oder aufgegeben worden ist, ist hinsichtlich der Umsatzbesteuerung dieses Jahres eine Zuständigkeitsvereinbarung nicht zu treffen. Der Besteuerungszeitraum umfasst nach § 16 Abs. 1 und 3 UStG alle Monate eines Kalenderjahres, in dem eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit ausgeübt worden ist. Das zuständig gewordene Finanzamt hat deshalb insoweit bereits nach § 21 AO auch die Umsatzbesteuerung des aufgegebenen Gewerbebetriebes durchzuführen. In diesem Fall sind daher die Umsatzsteuerakten mit den Personensteuerakten an das neu zuständige Finanzamt abzugeben.

Die Lohnsteueranmeldungen sind nach § 41a Abs. 1 EStG bei dem Finanzamt einzureichen, in dessen Bezirk sich die Betriebsstätte befindet. Betriebsstätte ist nach § 41 Abs. 2 Satz 1 EStG der Betrieb oder der Teil des Betriebes des Arbeitgebers, in dem der für die Durchführung des Lohnsteuerabzugs maßgebende Arbeitslohn ermittelt wird. Wird der Betrieb veräußert oder aufgegeben, so kann die Betriebsstätte nicht mehr verlegt werden. Hieraus ergibt sich, dass bei der Lohnsteuer ein Zuständigkeitswechsel nicht eintritt. Das Finanzamt des Wohnsitzes kann für die Lohnsteuer, die bei dem bisherigen Betriebsfinanzamt anzumelden war, nur zuständig werden, wenn mit diesem eine Zuständigkeitsvereinbarung nach § 27 AO getroffen wird.

OFD Magdeburg v. - S 0127 - 5 - St 251

Fundstelle(n):
SAAAB-42394