BFH Beschluss v. - XI B 215/02

Vernehmung eines im Ausland ansässigen Zeugen

Gesetze: FGO §§ 76, 96, 81, 82; AO § 90

Instanzenzug: ,G,U

Gründe

1. Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit von Hinzuschätzungen bei den Umsätzen und gewerblichen Gewinnen des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger). Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—), nahm die Hinzuschätzungen im Anschluss an eine Außenprüfung bei dem Kläger für die Jahre 1990 bis 1992 vor, weil der Prüfer Buchführungsmängel und ungeklärte Vermögenszuwächse festgestellt habe und eine Richtsatzverprobung Mehrgewinne in Höhe von ... DM ergeben habe.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Der Kläger habe im Rahmen seiner erhöhten Mitwirkungspflichten nicht nachgewiesen, dass die festgestellten ungeklärten Einlagen in Höhe von insgesamt ... DM auf den behaupteten privaten Verkäufen von Gold, Silber, Schmuck und Edelsteinen im Ausland beruhten.

Mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde rügt der Kläger, das FG habe mit dem Übergehen der beantragten Vernehmung der Zeugin X, die den Sachverhalt habe aufklären können, gegen seine Pflicht zur Sachverhaltsaufklärung und zur Gewährung rechtlichen Gehörs verstoßen.

2. Die Beschwerde des Klägers ist unbegründet.

a) Die von dem Kläger gerügte Unterlassung der Ladung der im Ausland ansässigen Zeugin geht bereits deshalb fehl, weil nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ein im Ausland ansässiger Zeuge vom FG nicht zu laden, sondern vom Beteiligten, der die Vernehmung dieses Zeugen beantragt, nach § 76 Abs. 1 Satz 4 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 90 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) zu stellen ist (vgl. BFH-Beschlüsse vom VIII B 141/99, BFH/NV 2001, 463, und vom I B 48/97, BFH/NV 1999, 506, m.w.N.). Dem Kläger kann nicht darin gefolgt werden, dass gemäß § 81 und § 82 FGO für die Beweiserhebung allein die Regelungen der Zivilprozessordnung (ZPO) maßgeblich seien und der Gesetzgeber dem § 90 AO 1977 für die Beweisaufnahme des Gerichts keinen Vorrang gegenüber den Vorschriften der ZPO eingeräumt habe. Der Kläger verkennt insoweit, dass § 76 FGO, der für das Finanzgerichtsverfahren den Untersuchungsgrundsatz normiert, ausdrücklich in seinem Abs. 1 Satz 4 auf § 90 Abs. 2 AO 1977 verweist. Nach § 90 Abs. 2 Satz 1 AO 1977 haben die Beteiligten den Sachverhalt aufzuklären und die erforderlichen Beweismittel zu beschaffen, wenn ein Sachverhalt zu ermitteln und steuerrechtlich zu beurteilen ist, der sich auf Vorgänge außerhalb des Geltungsbereichs der Abgabenordnung bezieht.

Der Kläger hat auch nichts dazu vorgetragen, dass er in absehbarer Zeit in der Lage gewesen wäre, die Zeugin in einer mündlichen Verhandlung zu stellen und dass er im Hinblick hierauf eine Vertagung vor dem FG beantragt hätte (vgl. hierzu , BFH/NV 1997, 580). Nachdem der Kläger mithin seiner erhöhten Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen ist, durfte das FG ohne eine Berücksichtigung dieses Beweismittels den ihm vorliegenden Sachverhalt nach freier Überzeugung (§ 96 Abs. 1 FGO) würdigen (BFH-Beschluss in BFH/NV 1999, 506).

b) Eine Vernehmung der Zeugin im Ausland hat der Kläger weder im finanzgerichtlichen Verfahren beantragt noch hat er das Unterlassen einer solchen Vernehmung im Ausland in der mündlichen Verhandlung gerügt. Da der Untersuchungsgrundsatz eine Verfahrensvorschrift ist, auf deren Beachtung der Beteiligte verzichten kann (§ 155 FGO i.V.m. § 295 ZPO), muss im Beschwerdeverfahren grundsätzlich vorgetragen werden, dass die Nichterhebung des angebotenen Beweises in der Vorinstanz gerügt wurde oder weshalb dem Beteiligten die Rüge nicht möglich war (ständige Rechtsprechung des BFH, vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 115 Rz. 100 ff., m.w.N.).

c) Aus den vorstehend angeführten Gründen ist auch eine Versagung rechtlichen Gehörs nicht gegeben. Das FG hat den Kläger bereits in der Ladung zur mündlichen Verhandlung auf § 90 Abs. 2 AO 1977 hingewiesen und darauf, dass er die im Ausland wohnende Zeugin zur mündlichen Verhandlung zu stellen habe, wenn er deren Vernehmung erreichen wolle. Das FG hat auch nicht —wie der Kläger geltend macht— die eidesstattliche Versicherung der Zeugin unberücksichtigt gelassen; es hat vielmehr die dort gemachten Angaben angesichts der erhöhten Mitwirkungspflichten des Klägers als nicht ausreichend angesehen.

Fundstelle(n):
MAAAB-41748