BFH Beschluss v. - VII B 110/04

Voraussetzungen für die Ablehnung einer Terminsverlegung zur mündlichen Verhandlung; Annahme einer Prozessverschleppungsabsicht

Gesetze: FGO §§ 79b, 65, 155

Instanzenzug:

Gründe

Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger), ein Rechtsanwalt, hat mit Schriftsatz vom Klage beim Finanzgericht (FG) erhoben, mit der er sich gegen die Festsetzung eines Zwangsgeldes wendet. Eine vom Vorsitzenden gesetzte Frist gemäß § 79b der Finanzgerichtsordnung (FGO) zur Begründung der Klage und nach § 65 Abs. 2 Satz 2 FGO zur Bezeichnung des Gegenstandes des Klageverfahrens hat der Kläger ungenutzt verstreichen lassen. Am Tag der mündlichen Verhandlung beantragte der Kläger mit Telefax, das beim FG um 9.09 Uhr einging, Terminaufhebung wegen Krankheit. Um 10.26 Uhr ging sodann per Fax ein ärztliches Attest ein, das dem erkennenden Einzelrichter in die bis 11.47 Uhr andauernde mündliche Verhandlung hereingereicht wurde. Aus diesem ging hervor, dass der Kläger wegen Krankheit den Termin nicht wahrnehmen könne. Der ausstellende Arzt war auf dem Fax nicht lesbar. Im Original ging das Attest beim FG vier Tage nach der Sitzung ein.

Das FG wies die Klage als unzulässig ab. Zur Begründung führte es aus, dass die Klage nicht innerhalb der vom FG gesetzten Ausschlussfrist hinreichend ergänzt worden sei. Der Kläger habe zur Sache nichts vorgetragen und in der Klageschrift zwei Einspruchsentscheidungen, jedoch nur einen Bescheid angegriffen; bereits dies lasse den Streitgegenstand im Unklaren. Die Sache sei auch nicht zu vertagen gewesen, weil der Kläger seinen Vertagungsantrag so spät gestellt habe, dass die Glaubhaftmachung der Gründe nicht habe überprüft werden können. Insbesondere sei das gefaxte Attest inhaltlich völlig unsubstantiiert und nach Überzeugung des Gerichts ein Gefälligkeitsattest. Zudem sei der Aussteller nicht lesbar. Ferner habe der Kläger ausreichend Zeit gehabt, die Klage zu begründen. Dieser sei bei Gericht dafür bekannt, dass er jedes seiner zahlreich anhängig gemachten Verfahren verschleppe.

Gegen die Nichtzulassung der Revision durch das FG richtet sich die Beschwerde, mit der der Kläger im Wesentlichen die Nichtgewährung rechtlichen Gehörs geltend macht. Eine Wahrnehmung des Termins sei ihm aufgrund einer plötzlichen Erkrankung nicht möglich gewesen. Der Vorsitzende habe sich am Verhandlungstag telefonisch gemeldet. Ihm sei durch die Ehefrau des Klägers mitgeteilt worden, dass der Kläger sich noch beim Arzt befinde und ein Attest frühestens nach der Rückkehr übermittelt werden könne. Man habe davon ausgehen können, dass bei Übermittlung des Attestes dem Vertagungsantrag entsprochen werde. Daher sei es völlig unverständlich, warum das FG den Antrag abgelehnt und auch von einer nochmaligen telefonischen Kontaktaufnahme abgesehen habe. Im Übrigen habe sich das FG weder mit der Höhe des Zwangsgeldes noch mit der Frage nach dem richtigen Adressaten auseinander gesetzt.

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Es kann dahingestellt bleiben, ob der Kläger den von ihm behaupteten Verfahrensmangel ordnungsgemäß dargelegt hat, wie dies § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO fordert, jedenfalls liegt der Verfahrensmangel nicht vor. Das FG konnte den Antrag auf Terminverlegung ablehnen, da konkrete Anhaltspunkte für eine Prozessverschleppungsabsicht vorlagen und der Kläger ein völlig unsubstantiiertes Attest vorgelegt hat.

1. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ist das FG grundsätzlich verpflichtet, einen anberaumten Verhandlungstermin zu verlegen, wenn hierfür erhebliche Gründe i.S. des § 227 Abs. 1 der Zivilprozessordnung i.V.m. § 155 FGO vorliegen. Ein solcher Grund kann in einer unerwarteten schweren Erkrankung liegen (vgl. , BFH/NV 2002, 520, m.w.N.). Jedoch bildet nicht jegliche Erkrankung einen ausreichenden Grund für eine Terminverlegung. Eine Terminverlegung ist vielmehr nur dann geboten, wenn die Erkrankung so schwer ist, dass von dem Beteiligten bzw. Bevollmächtigten die Wahrnehmung des Termins nicht erwartet werden kann (, BFH/NV 2002, 1047, m.w.N.). Ob im Einzelfall eine Terminverlegung gerechtfertigt ist, hat das FG anhand sämtlicher ihm bekannter Umstände zu beurteilen. Die Gründe sind auf Verlangen des Vorsitzenden glaubhaft zu machen. Gefordert werden kann auch die Vorlage eines substantiierten privatärztlichen Attestes, aus dem sich die Verhandlungsunfähigkeit eindeutig und nachvollziehbar ergibt (, BFH/NV 2000, 1353).

Bei seiner Beurteilung kann das FG auch das Verhalten des Beteiligten bzw. Prozessbevollmächtigten während des Verfahrens und die Erfüllung bzw. Nichterfüllung von Mitwirkungspflichten im Veranlagungs- und Rechtsbehelfsverfahren oder andere Umstände berücksichtigen, die auf das Bestehen einer Prozessverschleppungsabsicht schließen lassen (vgl. BFH-Beschlüsse vom I B 122/02, BFH/NV 2003, 1584, und in BFH/NV 2002, 1047). Die Änderung eines Termins kann abgelehnt werden, wenn das FG nach der Gesamtwürdigung der Umstände zu der Auffassung gelangt, dass die Absicht einer Prozessverschleppung offensichtlich ist oder dass der Kläger seine prozessuale Mitwirkungspflicht in anderer Weise erheblich verletzt hat (vgl. , BFH/NV 1993, 180; , BFH/NV 1995, 46; BFH-Beschluss in BFH/NV 2002, 520; , BFH/NV 1996, 43, sowie Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 91 FGO Rdnr. 14).

2. Unter Beachtung dieser Grundsätze ist im Streitfall von einer ermessensgerechten Versagung der beantragten Terminänderung auszugehen. Nach den Feststellungen des FG, gegen die die Beschwerde keine Einwände erhoben hat, kommt der Kläger seit Jahren seinen Steuererklärungs- und Mitwirkungspflichten nicht oder nur zögerlich nach. In zahlreichen gerichtlichen Verfahren hat der Kläger seine Klagen nur aufgrund gerichtlicher Ausschlussfristen zulässig gemacht bzw. begründet. Im Streitfall hat er die ihm gesetzten Ausschlussfristen nach § 79b FGO und nach § 65 Abs. 2 Satz 2 FGO unbeachtet gelassen und sein Klagebegehren nicht näher substantiiert. Unter diesen Umständen ist die vom FG getroffene Annahme gerechtfertigt, der Kläger handle in Prozessverschleppungsabsicht. Darüber hinaus hat der Kläger nach den Feststellungen des FG am Verhandlungstag ein völlig unsubstantiiertes Attest vorgelegt, dem sich weder der Aussteller noch die Natur der plötzlichen Erkrankung entnehmen ließ. Da der Verlegungsantrag so kurzfristig am Tag des anberaumten Termins gestellt worden ist, dass ausreichende Zeit zur Anforderung und Überprüfung zusätzlicher Nachweise nicht mehr zur Verfügung stand, wäre der Kläger in besonderem Maße verpflichtet gewesen, die Gründe substantiiert darzulegen und diese auch glaubhaft zu machen. Dieser Obliegenheit ist er jedoch nicht in dem erforderlichen Umfang nachgekommen, so dass das FG den Antrag des Klägers frei von Verfahrensfehlern ablehnen konnte.

Fundstelle(n):
UAAAB-41485