VGA bei Erteilung einer Pensionszusage trotz lebensbedrohlicher Krebserkrankung des Allein-Gesellschafter-Geschäftsführers
Gesetze: KStG § 8 Abs. 3 Satz 2
Instanzenzug: , 1 K 209/03, 1 K 210/03
Gründe
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine am in das Handelsregister eingetragene GmbH, die aufgrund eines Beschlusses vom im Wege der Umwandlung (Ausgliederung) durch Übertragung des gesamten Vermögens der bisherigen Einzelfirma ihres seinerzeitigen —im September 1941 geborenen und im November 2001 verstorbenen— alleinigen Gesellschafters und Geschäftsführers K hervorgegangen ist. Diesem hatte sie am mit Wirkung vom an eine Altersrente mit Vollendung des 67. Lebensjahres und dem Eintritt in den Ruhestand in Höhe von monatlich 1 000 DM sowie eine Witwenrente seiner ihn überlebenden Ehefrau von monatlich 600 DM zugesagt.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) war der Ansicht, die Pensionsvereinbarung sei als verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) zu behandeln, da der Zeitraum zwischen dem Zeitpunkt der Zusage der Pension und dem vorgesehenen Zeitpunkt des Eintritts in den Ruhestand weniger als zehn Jahre betrage, nämlich rund neun Jahre und neun Monate. Die jeweiligen Zuführungen zu der Pensionsrückstellung seien dem Einkommen der Klägerin hinzuzurechnen.
Die Klagen gegen die hiernach für die Streitjahre 1998 bis 2000 geänderten Steuerbescheide blieben erfolglos. Das Schleswig-Holsteinische Finanzgericht (FG) wies sie mit gleich lautenden Urteilen vom 1 K 208/03, 1 K 209/03 und 1 K 210/03 als unbegründet ab. Das Urteil 1 K 208/03 ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2004, 422 veröffentlicht.
Ihre Revisionen stützt die Klägerin auf Verletzung formellen und materiellen Rechts.
Sie beantragt, die FG-Urteile aufzuheben, die angefochtenen Steuerbescheide zu ändern und die Zuführungen zur Pensionsrückstellung gewinnmindernd zu berücksichtigen.
Das FA beantragt, die Revisionen zurückzuweisen.
II. Die —zur gemeinsamen Entscheidung verbundenen (§ 73 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung —FGO—)— Revisionen sind unbegründet. Das FG hat zu Recht entschieden, dass die Zuführungen zu der von der Klägerin gebildeten Pensionsrückstellung den steuerlich zu erfassenden Gewinn der Klägerin nicht mindern dürfen.
1. Die Pensionszusage einer Kapitalgesellschaft zugunsten ihres Geschäftsführers kann wegen § 8 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) nur insoweit zu einer Unterschiedsbetragsminderung führen, als die Voraussetzungen des § 6a des Einkommensteuergesetzes (EStG) eingehalten sind. Anhaltspunkte dafür, dass es im Streitfall hieran fehlt, ergeben sich weder aus den Feststellungen des FG noch aus dem Vortrag des FA.
2. Die Zuführung zu einer Pensionsrückstellung kann jedoch aus steuerlicher Sicht eine vGA sein, die gemäß § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG das Einkommen einer Kapitalgesellschaft nicht mindern darf. Sie ist dann, soweit sie sich in der Steuerbilanz ausgewirkt und demgemäß den Bilanzgewinn gemindert hat, dem Gewinn der Gesellschaft außerhalb der Bilanz hinzuzurechnen (, BFH/NV 1999, 1125; vom I R 43/01, BFHE 199, 157, BStBl II 2003, 416, m.w.N.).
a) Voraussetzung für das Vorliegen einer vGA ist nach der gefestigten Rechtsprechung des Senats, dass die Pensionsverpflichtung nicht allein durch das Dienstverhältnis zwischen der Gesellschaft und dem Begünstigten, sondern auch durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist. Das ist anzunehmen, wenn der Begünstigte zugleich Gesellschafter der Kapitalgesellschaft ist und diese einem Gesellschaftsfremden unter ansonsten vergleichbaren Umständen keine entsprechende Zusage erteilt hätte (, BFHE 193, 422, BFH/NV 2001, 866; vom I R 90/99, BFHE 194, 64, BStBl II 2001, 204, und in BFHE 199, 157, BStBl II 2003, 416). Maßstab für den hiernach anzustellenden Fremdvergleich ist das Handeln eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters, der gemäß § 43 Abs. 1 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anwendet.
b) Ob eine Pensionszusage durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst oder mitveranlasst ist, muss vorrangig das FG anhand aller Umstände des jeweiligen Einzelfalls beurteilen (Senatsbeschluss vom I B 110/99, BFH/NV 2001, 67; Senatsurteil vom I R 48/01, BFH/NV 2003, 347, jeweils m.w.N.). Dabei muss es u.a. prüfen, ob die begünstigte Person während der ihr voraussichtlich verbleibenden Dienstzeit den Versorgungsanspruch noch erdienen kann (Senatsbeschluss in BFH/NV 2001, 67, m.w.N.). Das ist im allgemeinen nicht anzunehmen, wenn zwischen dem Zusagezeitpunkt und dem vorgesehenen Eintritt in den Ruhestand nur noch eine kurze Zeitspanne liegt (vgl. z.B. , BFHE 191, 330, BStBl II 2000, 504; vom I R 10/99, BFH/NV 2000, 225, 226; vom I R 56/01, BFH/NV 2002, 1055; vom I R 80/02, BFHE 203, 114, BStBl II 2003, 926, m.w.N.). In einem solchen Fall ist in der Regel davon auszugehen, dass ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter im Interesse der Gesellschaft von der Erteilung einer Pensionszusage abgesehen hätte. Es liegt deshalb dann regelmäßig eine vGA vor.
c) K war in den Streitjahren alleiniger Gesellschafter der Klägerin. Für einen solchen ist nach ständiger Rechtsprechung des Senats ein Versorgungsanspruch grundsätzlich nur dann erdienbar, wenn zwischen der Erteilung der Pensionszusage und dem vorgesehenen Eintritt in den Ruhestand ein Zeitraum von mindestens zehn Jahren liegt (vgl. z.B. Senatsurteile in BFH/NV 2002, 1055; in BFHE 199, 157, BStBl II 2003, 416; in BFHE 203, 114, BStBl II 2003, 926). Diese Frist ist im Streitfall nicht gewahrt. Denn nach der in den Streitjahren vorliegenden Zusage sollte K mit Vollendung des 67. Lebensjahres in den Ruhestand treten, so dass sich der maßgebliche Zeitraum lediglich auf rund neun Jahre und neun Monate beläuft. Damit wird die regelmäßige Erdienenszeit von zehn Jahren zwar annähernd, jedoch nicht gänzlich erreicht. Dies hat das FG dennoch als Anhaltspunkt für das Vorliegen einer vGA gewertet.
d) Ob dem trotz der nur geringen zeitlichen Abweichung vorbehaltlos beizupflichten ist (vgl. Senatsurteile in BFH/NV 2002, 1055, und in BFHE 199, 157, BStBl II 2003, 416), kann dahinstehen. Denn das FG hat einen weiteren —und ausschlaggebenden— Anhaltspunkt für die private Mitveranlassung der Pensionszusage in dem Umstand gesehen, dass K im Dezember 1998 „jedenfalls subjektiv einen Rückfall seiner im März 1995 diagnostizierten Krebserkrankung befürchten musste”. Es halte einem Fremdvergleich aber nicht stand, wenn ihm zu diesem Zeitpunkt gleichwohl eine Zusage erteilt worden sei.
Diese tatrichterliche Sachverhaltswürdigung ist nicht zu beanstanden. Sie kann im Revisionsverfahren nur daraufhin überprüft werden, ob sie verfahrensrechtlich einwandfrei zustande gekommen ist und ob sie gegen Denkgesetze oder gegen allgemeine Erfahrungssätze verstößt (Senatsurteil vom I R 284/82, BFH/NV 1989, 395). Einen solchen Rechtsfehler weist sie nicht auf. Insbesondere liegt kein Aufklärungsmangel darin, dass die erneute Krebserkrankung des K —wie die Klägerin nunmehr vorträgt— erst im Januar 2000 ärztlich konstatiert worden sei. Dem FG genügte bei seiner Sachverhaltsbeurteilung, dass K selbst bereits im Dezember 1998 ein Wiederaufleben seiner Erkrankung befürchten musste. Eine solche Befürchtung ergibt sich aus dem von K gefertigten Aktenvermerk vom , sie wird von der Klägerin in der Sache nicht bestritten. Aus gleichem Grunde erweist es sich als unbeachtlich und löst es keinen weiteren Aufklärungsbedarf aus, dass die Rückdeckungsversicherung für die erteilte Pensionszusage nach nunmehriger Darlegung der Klägerin im Dezember 1998 ohne Einschränkungen und ohne Hinweis auf die Erkrankung abgeschlossen worden sein könnte. Auch dieser Umstand kann nichts an den subjektiven Befürchtungen des K im Zusagezeitpunkt hinsichtlich seiner Gesundheit ändern.
Fundstelle(n):
BFH/NV 2005 S. 385
BFH/NV 2005 S. 385 Nr. 3
WAAAB-41185