BFH Urteil v. - II R 33/03

Bei übertragender Umwandlung einer PGH in eine e.G. bestimmt sich die Bemessungsgrundlage für die GrESt nach dem Gesamtaufwand der e.G.

Gesetze: GrEStG § 8 Abs. 1, § 9; GenG §§ 73, 91

Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),

Gründe

I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine eingetragene Genossenschaft (e.G.), die durch Umwandlung nach der Verordnung über die Gründung, Tätigkeit und Umwandlung von Produktionsgenossenschaften des Handwerks vom (GBl DDR I, 164) —PGH-VO—, geändert durch Gesetz vom (BGBl I, 766), aus einer Produktionsgenossenschaft des Handwerks (PGH) hervorgegangen ist. Die Eintragung der Klägerin in das Genossenschaftsregister erfolgte am . Im Vermögen der PGH hatte sich Grundbesitz befunden.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) setzte wegen des infolge der Umwandlung eingetretenen Grundstücksübergangs gegen die Klägerin durch Bescheid vom Grunderwerbsteuer in Höhe von 5 403 DM fest. Bemessungsgrundlage war der für das Grundvermögen in der DM-Eröffnungsbilanz der PGH ausgewiesene Bilanzansatz in Höhe von 270 192 DM. Der Einspruch blieb erfolglos.

Das Finanzgericht (FG) hat die Grunderwerbsteuer auf 237 DM herabgesetzt und die Klage im Übrigen als unbegründet abgewiesen. Die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer sei entsprechend dem (BFHE 167, 186, BStBl II 1992, 418) durch Aufteilung der Gesamtgegenleistung in Anwendung der Boruttau 'schen Formel zu ermitteln. Als Gesamtgegenleistung sei nicht die in der Bilanz der PGH zum ausgewiesene Summe der Passiva, sondern lediglich die Summe aus Geschäftsguthaben, Rückstellungen und Verbindlichkeiten anzusetzen. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2004, 833 veröffentlicht.

Mit der Revision rügt das FA Verletzung des § 8 Abs. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG).

Das FA beantragt sinngemäß, das Urteil des Sächsischen aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

II. 1. Die Revision ist zulässig; ihre Begründung genügt —entgegen der Auffassung der Klägerin— den gesetzlichen Anforderungen. § 120 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) verlangt nicht zwingend einen förmlichen, ziffernmäßig bestimmten Antrag. Ausreichend ist vielmehr, wenn sich aus der Revisionsbegründung eindeutig ergibt, inwieweit sich der Revisionskläger durch das angefochtene Urteil beschwert fühlt und inwieweit er eine Änderung erstrebt (, BFH/NV 1998, 1094, m.w.N.). Dem genügt die Revisionsbegründungsschrift vom ; in dieser hat das FA in Auseinandersetzung mit dem angegriffenen Urteil hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass es die Aufhebung des Urteils des FG und die Abweisung der Klage beantragt, die Verletzung des § 8 Abs. 1 GrEStG rügt und den Ansatz des Werts der Gegenleistung unter Einschluss der auf die Klägerin übergegangenen Rücklagen der PGH begehrt.

2. Die Revision ist nicht begründet; sie ist deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO). Das FG hat die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer zutreffend ermittelt.

a) Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer beim Eigentumsübergang von Grundstücken infolge einer übertragenden Umwandlung ist gemäß § 8 Abs. 1, § 9 GrEStG in der hier maßgeblichen Fassung des Gesetzes vom (BGBl I, 1257) der Wert der Gegenleistung. Die Gegenleistung ist dem die Einzelübertragung des Grundstücks ersetzenden Rechtsakt zu entnehmen (, BFHE 128, 412, BStBl II 1979, 683; BFH in BFHE 167, 186, BStBl II 1992, 418; , BFH/NV 1996, 173; vgl. auch Hofmann, Grunderwerbsteuergesetz, Kommentar, 6. Aufl., § 9 Rz. 57); dies ist bei der Umwandlung einer PGH in eine e.G. die Umwandlungserklärung (§ 4 Abs. 3 PGH-VO). Bei Umwandlungsvorgängen, bei denen neben Grundstücken auch andere, nicht dem Grundstücksbegriff des § 2 GrEStG unterfallende Gegenstände in das Vermögen des übernehmenden Rechtsträgers übergehen, ist eine Aufteilung der Gesamtgegenleistung nach der sog. Boruttau 'schen Formel vorzunehmen. Hiernach ist das Gesamtentgelt mit dem gemeinen Wert der Grundstücke zu vervielfältigen und durch die Summe des gemeinen Werts der sonstigen Gegenstände und des gemeinen Werts des Grundstücks zu teilen (BFH-Urteil in BFHE 167, 186, BStBl II 1992, 418).

Im Streitfall ist somit von dem Gesamtaufwand auszugehen, den die Klägerin für den Übergang des Vermögens der übertragenden PGH aufzubringen hatte (, BFHE 124, 387, BStBl II 1978, 320; BFH in BFH/NV 1996, 173). Hierzu gehört zunächst der Wert der auf die Klägerin übergegangenen Schulden und Lasten der PGH. Zur Gesamtgegenleistung zählen ferner die den in die e.G. eingetretenen PGH-Mitgliedern nach Maßgabe des Umwandlungsbeschlusses zustehenden Geschäftsguthaben (§ 6 Abs. 2 Nr. 3 PGH-VO); diese sind als Kapitalforderungen nach § 12 Abs. 1 des BewertungsgesetzesBewG— (in der hier maßgeblichen Fassung) mit ihrem Nennwert anzusetzen (Rössler/Troll, Bewertungsgesetz und Vermögensteuergesetz, 17. Aufl., § 110 Rn. 53).

Nicht zum Gesamtaufwand gehören —entgegen der Auffassung des FA— die auf die Klägerin übergegangenen Rücklagen der PGH. Insoweit ist durch den Umwandlungsbeschluss keine als Gegenleistung (§ 8 Abs. 1 GrEStG) zu erfassende geldwerte Verpflichtung der Klägerin begründet worden, weil sich die von den PGH-Mitgliedern mit der Eintragung der e.G. in das Genossenschaftsregister erworbenen Geschäftsguthaben (§ 6 Abs. 2 Nr. 3 PGH-VO) nicht anteilig auf die Rücklagen und das sonstige Vermögen der Genossenschaft erstrecken (Beuthien, Genossenschaftsgesetz, 13. Aufl., § 7 Rz. 5). Ebenso hat auch ein aus der Genossenschaft ausscheidender Genosse gemäß § 73 Abs. 2 Satz 2 des Genossenschaftsgesetzes (GenG) keinen Anspruch auf die Rücklagen und das sonstige Vermögen der Genossenschaft; eine Beteiligung des ausscheidenden Genossen an einer für den Fall des Ausscheidens gebildeten Ergebnisrücklage besteht nur im Fall entsprechender Zulassung durch Statut (§ 73 Abs. 3 GenG). Die etwaige zukünftige Verteilung der Rücklagen bei Auflösung der Genossenschaft gemäß § 91 GenG repräsentiert schon unter Berücksichtigung des nicht absehbaren Zeitpunkts der Auflösung und des für diesen Zeitpunkt ebenfalls nicht absehbaren Vorhandenseins bzw. Umfangs eines zu verteilenden Vermögens keinen realisierbaren Vermögenswert (vgl. auch Hofmann, a.a.O., § 9 Rz. 59). Zudem kann eine Verteilung des Vermögens nach Auflösung der Genossenschaft durch Statut ausgeschlossen werden (§ 91 Abs. 3 GenG).

b) In Anwendung dieser Rechtsgrundsätze hat das FG die Gesamtgegenleistung zutreffend durch Ansatz der Summe aus dem Nominalwert der Geschäftsguthaben der Genossen (16 861 DM), der von der Klägerin übernommenen Verbindlichkeiten (74 848,57 DM) und Rückstellungen (10 538 DM) —insgesamt 102 247,57 DM— ermittelt und die Grunderwerbsteuer nach einer Bemessungsgrundlage von 11 891 DM auf 237 DM festgesetzt.

3. Wegen der Notwendigkeit eines Billigkeitserlasses der gegen die Klägerin festgesetzten Grunderwerbsteuer wird auf das (BFH/NV 2004, 1439) verwiesen.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:


Fundstelle(n):
BFH/NV 2005 S. 241
BFH/NV 2005 S. 241 Nr. 2
HFR 2005 S. 338
XAAAB-40246