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BFH Urteil v. - II R 29/93

Der Kläger und Revisionsbeklagte zu 1 (Kläger zu 1) und die Klägerin und Revisionsbeklagte zu 2 (Klägerin zu 2) hatten ein unbebautes Grundstück in eine Grundstücksgesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) eingebracht, an der seit April 1982 auch Frau S als Gesellschafterin beteiligt war. Nach der Bebauung des Grundstücks mit einem Gebäude im Jahre 1982 führte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt -- FA --) durch Bescheid vom 5. März 1985 auf den 1. Januar 1983 eine Art-, Wert- und Zurechnungsfortschreibung durch; es bewertete das Grundstück als Zweifamilienhaus, für das es den Wert im Sachwertverfahren gemäß § 76 Abs. 3 Nr. 1 des Bewertungsgesetzes (BewG) ermittelte. Das FA rechnete nach Maßgabe des Gesellschaftsvertrags dem Kläger zu 1 einen Grundstücksanteil von 4/10, der Klägerin zu 2 einen Grundstücksanteil von 5/10 und Frau S einen Grundstücksanteil von 1/10 zu. Mit seinem Einspruch wandte sich der Kläger zu 1 sowohl gegen die Artfortschreibung zum Zweifamilienhaus, da ein gemischtgenutztes Grundstück vorliege, als auch gegen die Wertfortschreibung, da erhebliche Wertminderungen zu berücksichtigen seien. Der Einspruch hatte teilweise Erfolg. Das FA, das die Klägerin zu 2 und Frau S gemäß § 360 Abs. 3 der Abgabenordnung (AO 1977) hinzugezogen hatte, hat durch Einspruchsentscheidung "auf den Einspruch (des Klägers zu 1) gegen den Einheitswertbescheid auf den 1. 1. 1983 (Wertfortschreibung)" den Einheitswert für das Grundstück auf ... DM herabgesetzt, im übrigen aber den Einspruch zurückgewiesen. Je eine Ausfertigung der Einspruchsentscheidung wurde dem Kläger zu 1 und der Klägerin zu 2 durch die Post mit Zustellungsurkunde am 20. Juni 1990 zugestellt. Gegenüber Frau S unterblieb die Zustellung, da Frau S am 29. Januar 1990 verstorben war. Mit der Klage wandten sich die Kläger gegen den vom FA im Sachwertverfahren zugrunde gelegten Bodenwert, die Ermittlung des umbauten Raumes sowie den angesetzten Raummeterpreis und beantragten, unter teilweiser Aufhebung der Einspruchsentscheidung sowie des Einheitswertbescheides den Einheitswert für das Grundstück zum 1. Januar 1983 auf ... DM herabzusetzen. Die Klage führte zur Aufhebung des angefochtenen Einheitswertbescheids sowie der Einspruchsentscheidung. Das Finanzgericht (FG) vertritt -- unter Hinweis auf sein in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1992, 390 veröffentlichtes Urteil vom 17. Dezember 1991 5 K 1064/91 -- die Auffassung, daß die Einheitswerte des Grundvermögens, gleichgültig ob sie im Ertragswertverfahren oder im Sachwertverfahren festgestellt worden seien, gegen Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) verstoßen, weil sie in willkürlicher Weise um ein Mehrfaches niedriger als nicht einheitswertgebundenes Vermögen in die Besteuerung eingingen. Unter Berufung auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 27. Juni 1991 2 BvR 1493/89 (BStBl II 1991, 654), wonach der Gleichheitssatz für das Steuerrecht die rechtliche und tatsächliche Gleichbehandlung aller Steuerpflichtigen auch im Umfeld bis hin zum tatsächlichen Erfolg verlange, bejahte das FG einen Gleichheitsverstoß durch die Verordnung zur Durchführung des § 90 des Bewertungsgesetzes vom 2. September 1966 -- sog. Wertzahlverordnung (WertzahlVO) -- (BGBl I 1966, 553, BStBl I 1966, 885) i. d. F. der Änderungsverordnung vom 25. Februar 1970 (BGBl I 1970, 216, BStBl I 1970, 252) und stellte deren Nichtigkeit fest. Da damit die Einheitsbewertung "blockiert" sei, folge hieraus -- so das FG --, "daß der Senat den Beklagten nicht zur Bewertung des streitigen Grundstücks im Ertragswertverfahren verpflichten kann, wie es der Kläger sinngemäß begehrt". Das FG hat am 28. Mai 1991 beschlossen, Frau S als "Miteigentümerin des Grundstücks" zum Verfahren beizuladen. Der Beschluß konnte jedoch der bereits am 29. Januar 1990 verstorbenen Frau S nicht zugestellt werden. Mit der Revision rügt das FA die Verletzung des § 90 Abs. 1 und 2 BewG i. V. m. der WertzahlVO. Das FA weist zur Begründung auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 8. März 1989 II R 239/81 (BFHE 156, 239, BStBl II 1989, 495) hin, in dem der BFH inzident von der Verfassungsmäßigkeit der WertzahlVO ausgegangen sei. Das FG habe daher zu Unrecht die WertzahlVO als nichtig angesehen und den darauf gestützten Einheitswertbescheid aufgehoben.

Fundstelle(n):
BFH/NV 1996 S. 49
BFH/NV 1996 S. 49 Nr. 1
SAAAB-37181

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