BFH Urteil v. - III R 38/03

Verlust eines dem ArbG gewährten Darlehens als vorab entstandene – vergebliche – BA oder als WK bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit

Gesetze: EStG § 4 Abs. 4, §§ 9, 19, 20

Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),

Gründe

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) war als Prokurist bei der X-KG nichtselbständig tätig. Aufgrund eines am mit der KG geschlossenen Tantiemevertrages erhielt der Kläger neben seiner Vergütung jährlich eine Tantieme in Höhe von 30 v.H. des bilanzierten Jahresgewinns der KG. Die Zusatzvereinbarung vom selben Tag hat u.a. folgenden Wortlaut:

„Die im Rahmen des o.g. Tantiemevertrages ausgezahlten Beträge werden von Herrn…(Kläger) in Höhe des sich aus der Auszahlung ergebenden Nettobetrages der KG als Darlehen zur Verfügung gestellt und mit 6 % p.a. verzinst. Herr…(Kläger) ist verpflichtet, das Darlehen ausnahmslos zum Erwerb von Teilen der Kommanditeinlagen sowie stillen Gesellschaftsanteilen zu verwenden.”

Durch notariellen Vertrag vom trat einer der geschäftsführenden Gesellschafter und Kommanditisten einen Geschäftsanteil in Höhe von 12 000 DM an der Komplementär-GmbH (Stammkapital: 50 000 DM) unentgeltlich an den Kläger ab.

Am schloss der Kläger mit der KG einen Darlehensvertrag, in dem es u.a. heißt:

„Herr…(Kläger) gewährt der GmbH & Co. KG ein Darlehen in Höhe von 400 000 DM zur Stärkung des Betriebskapitals. Das Darlehen wird mit 6 % p.a. verzinst. Es kann mit einer Frist von 6 Monaten zum Jahresschluss gekündigt werden. Die Rückzahlung des Darlehens wird auf einen Höchstbetrag von monatlich 20 000 DM begrenzt.”

In Nachtragsvereinbarungen zu dem Darlehensvertrag hielten die Vertragsparteien die Entwicklung des Darlehens fest, das per einen Saldo von 2 808 140 DM zugunsten des Klägers auswies. Hiervon wurden im März 1998 15 000 DM und im Juni 1998 55 000 DM an den Kläger gezahlt.

Nach mehrfachen Unstimmigkeiten mit den geschäftsführenden Gesellschaftern und Kommanditisten der KG kündigte der Kläger mit Schreiben vom sowohl das Arbeitsverhältnis als auch das Darlehen zum . Das Kündigungsschreiben bezüglich des Darlehens hat u.a. folgenden Inhalt:

„Ich kündige den o.g. Darlehensvertrag fristgemäß zum . Der Darlehensbetrag belief sich per einschließlich der aufgelaufenen Zinsen über 2 808 140 DM.”

Im Oktober 1998 schloss der Kläger mit der KG einen Vergleich, in dem sich diese hinsichtlich der offenen Forderungen zur Zahlung von 1 125 000 DM am , weiterer 1 140 000 DM am sowie der Übereignung des Dienstwagens im Wert von 10 000 DM verpflichtete, wobei der Kläger den Verzicht auf je 50 v.H. des Differenzbetrages zu seiner ursprünglichen Forderung mit Zahlung der jeweiligen Rate erklärte. Die Darlehensforderung betrug zum Zeitpunkt des Vergleiches noch 2 738 140 DM. Weiter verpflichtete sich der Kläger u.a., nach Zahlung der zweiten Rate seine Geschäftsanteile an der Komplementär-GmbH auf die Mitgesellschafter oder eine von diesen zu benennende Person zu übertragen.

In ihrer Einkommensteuererklärung 1998 machten die Kläger einen Darlehensverlust in Höhe von 463 140 DM sowie Anwaltskosten im Zusammenhang mit den Vergleichsverhandlungen in Höhe von 52 115 DM als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit des Klägers geltend. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) berücksichtigte die geltend gemachten Beträge nicht. Ein Werbungskostenabzug bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit scheide aus, da das Darlehen nicht beruflich veranlasst gewesen sei. Die Kläger hätten weder vorgetragen noch nachgewiesen, dass das Darlehen zur Sicherung und zum Erhalt des Arbeitsplatzes hingegeben worden sei. Der Einspruch war erfolglos.

Mit ihrer Klage begehrten die Kläger, die geltend gemachten Aufwendungen als Betriebsausgaben bzw. als Werbungskosten zu berücksichtigen. Die Hingabe des Darlehens habe dem Erwerb von Kommanditanteilen an der KG gedient, was auch in der Zusatzvereinbarung vom als Darlehenszweck dokumentiert sei.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Die Entscheidung ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2003, 1764 veröffentlicht.

Mit ihrer Revision rügen die Kläger eine Verletzung materiellen Rechts (§ 4 Abs. 4, § 15 Abs. 1 des EinkommensteuergesetzesEStG—).

Sie beantragen sinngemäß, das Urteil des FG sowie den Einkommensteuerbescheid 1998 i.d.F. der Einspruchsentscheidung aufzuheben und die Einkommensteuer unter Abzug des Darlehensverlustes in Höhe von 463 140 DM und der Anwaltskosten von 52 116 DM festzusetzen.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

II. Die Revision ist unbegründet.

1. Das FG hat zu Recht den Darlehensverlust und die Anwaltskosten nicht als vorab entstandene vergebliche Betriebsausgaben berücksichtigt (§ 4 Abs. 4 EStG).

a) Betriebsausgaben können bereits anfallen, bevor im Rahmen einer Einkunftsart Einnahmen erzielt werden (, BFHE 154, 72, BStBl II 1988, 992, und vom IV R 117/94, BFH/NV 1996, 461). Die Aufwendungen können auch dann abziehbar sein, wenn es entgegen den Planungen des Steuerpflichtigen nicht zu den Einnahmen kommt, sofern nur eine erkennbare Beziehung zu den Einkünften besteht. Voraussetzung ist allerdings, dass mit den Aufwendungen nicht nur irgendeine noch unsichere Einkommensquelle angestrebt wird, vielmehr muss zwischen den Aufwendungen und einer bestimmten Einkunftsart eine klar erkennbare Beziehung bestehen (BFH-Urteile in BFHE 154, 72, BStBl II 1988, 992, und in BFH/NV 1996, 461).

Diese Grundsätze gelten auch für vorbereitende Maßnahmen für den Erwerb einer Kommanditbeteiligung.

b) Der Verlust des Darlehens und die Anwaltskosten sind danach nicht als vorab entstandene Betriebsausgaben zu berücksichtigen, weil ein hinreichend bestimmter Zusammenhang mit künftigen Einkünften des Klägers aus Gewerbebetrieb nicht erkennbar ist. Zwar hatten der Kläger und die beiden Kommanditisten der KG in der Tantiemevereinbarung vom vereinbart, dass der Kläger die Tantiemen der KG als Darlehen zur Verfügung stelle und verpflichtet sei, das Darlehen ausnahmslos zum Erwerb von Kommanditanteilen sowie stillen Gesellschaftsanteilen zu verwenden. Von dieser Vereinbarung haben sich der Kläger und die KG aber offenbar mit dem Darlehensvertrag vom wieder gelöst, da danach der Kläger das Darlehen mit einer Frist von sechs Monaten jeweils zum Jahresschluss kündigen konnte.

In den Nachtragsvereinbarungen zu dem Darlehensvertrag sind diese Vereinbarungen nicht geändert worden. Vielmehr wurde darin nur die Entwicklung des Darlehens festgehalten, das zum einen Saldo von 2 808 140 DM zugunsten des Klägers auswies.

2. Zutreffend hat das FG den Verlust des Darlehens und die Rechtsanwaltskosten auch nicht als Werbungskosten (§ 9 Abs. 1 EStG) bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit (§ 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG) abgezogen.

a) Nach der Rechtsprechung des BFH (z.B. Urteile vom VI R 38/91, BFHE 171, 275, BStBl II 1993, 663, sowie vom VI R 64/94, BFHE 177, 472, BStBl II 1995, 644) kann ein Arbeitnehmer den (wirtschaftlichen) Verlust eines seinem Arbeitgeber gewährten, normalverzinslichen Darlehens dann als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit (§ 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG) absetzen, wenn er das Risiko des Darlehensverlustes aus beruflichen Gründen bewusst auf sich genommen hat. Berufliche Gründe können dann angenommen werden, wenn ein Außenstehender —insbesondere eine Bank— mit Rücksicht auf die Gefährdung der Darlehensforderung das Darlehen nicht gewährt hätte.

b) Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall nicht vor. Das Darlehen war weder zum Zeitpunkt der Hingabe des Darlehens noch dem der Rückzahlung besonders risikobehaftet. Der Kläger hat sich auf den Vergleich nicht deshalb eingelassen, weil dessen Rückzahlung unsicher gewesen wäre, sondern weil nach dem Darlehensvertrag vom die Rückzahlung des Darlehens auf einen Höchstbetrag von monatlich 20 000 DM begrenzt war und die Laufzeit des Darlehens bis zu seiner vollständigen Rückzahlung vom Zeitpunkt der Kündigung ab noch 11,4 Jahre betragen hätte.

3. Ebenso wenig kann der Kläger den Verlust der Darlehensforderung als Werbungskosten im Rahmen der Einkünfte aus Kapitalvermögen (§ 20 EStG) geltend machen. Der Verlust der Darlehensvaluta selbst steht nicht in wirtschaftlichem Zusammenhang mit der Einkunftsart des § 20 EStG (, BFHE 168, 170, BStBl II 1992, 902, und vom VIII R 100/87, BFHE 165, 31, BStBl II 1992, 234) des Klägers. Da Rechtsverfolgungskosten als Folgekosten die steuerrechtliche Beurteilung der Aufwendungen teilen, um die gestritten wird, sind die anlässlich der Vergleichsverhandlungen entstandenen Rechtsanwaltskosten wie die Darlehensvaluta, die Gegenstand des Vergleichs waren, nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen abziehbar (vgl. , BFHE 173, 22, unter II. 2., m.w.N.).

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
BFH/NV 2005 S. 202
BFH/NV 2005 S. 202 Nr. 2
HFR 2005 S. 219
XAAAB-36501