Prüfung der Prozessfähigkeit von Amts wegen; Rüge der Verletzung rechtlichen Gehörs
Gesetze: FGO § 58, § 115 Abs. 2 Nr. 3, § 119 Nr. 3
Instanzenzug: , U
Gründe
Von einer Darstellung des Sachverhalts sieht der Senat nach § 116 Abs. 5 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ab.
Die Beschwerde ist unzulässig.
1. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) hat die Rüge, er sei im Verfahren nicht nach den Vorschriften des Gesetzes vertreten gewesen (§ 119 Nr. 4 FGO), weil er schon zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung prozessunfähig gewesen sei, nicht schlüssig erhoben.
a) Nach § 58 Abs. 1 Nr. 1 FGO sind alle nach bürgerlichem Recht geschäftsfähigen Personen prozessfähig. Geschäftsunfähig ist, wer sich in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der geistigen Tätigkeit befindet (§ 104 Nr. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches —BGB—). Dabei kommt es entscheidend darauf an, ob eine freie Entscheidung aufgrund einer Abwägung des Für und Wider der in Betracht kommenden Gesichtspunkte möglich ist und ob der Betreffende in der Lage ist, seine Entscheidung von vernünftigen Erwägungen abhängig zu machen (, BFH/NV 2003, 1197). Nach § 58 Abs. 2 Satz 2 FGO i.V.m. § 56 Abs. 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) ist die Prozessfähigkeit in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen. Anlass hierzu besteht aber nur dann, wenn Anhaltspunkte vorliegen, die die Prozessfähigkeit als zweifelhaft erscheinen lassen.
Der Kläger hat zwar vorgetragen, er leide an einer Depression und sei daher seit längerer Zeit prozessunfähig, er hat diesen Vortrag —entgegen seiner Ankündigung— aber bis heute nicht wenigstens durch ein ärztliches Attest belegt oder glaubhaft gemacht. Vorgelegt wurde lediglich eine Bestätigung eines Arztes für Neurologie und Psychiatrie, nach der sich der Kläger zu einem Untersuchungstermin für den angemeldet habe. Sofern nicht weitere Gründe vorliegen, an der Prozessfähigkeit zu zweifeln —etwa ein wirrer Sachvortrag— ist das Gericht nicht gehalten, von sich aus eine ärztliche Begutachtung des Klägers anzuordnen.
b) Eine schlüssige Rüge des § 119 Nr. 4 FGO folgt auch nicht daraus, dass das Finanzgericht (FG) das Gesuch des Klägers auf Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) für die Streitjahre 1997 und 1998 abgelehnt hat. Der Kläger hatte die Einspruchsfrist versäumt, so dass das FG zu Recht der Klage keine Aussicht auf Erfolg beigemessen hat. Allein aus dem Vorbringen, der Kläger leide an einer depressiven Verstimmung, konnte das FG nicht darauf schließen, der Kläger sei krankheitsbedingt nicht in der Lage gewesen, die Einsprüche fristgerecht zu erheben.
2. Der Kläger hat auch die Rüge, ihm sei das rechtliche Gehör versagt worden (§ 119 Nr. 3 FGO, § 103 Abs. 1 des Grundgesetzes —GG—) nicht schlüssig dargetan (§ 116 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO). Die Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs erfordert, sofern die Rüge nicht den gesamten Prozessstoff erfasst (vgl. , BFHE 196, 39, BStBl II 2001, 802), u.a. Ausführungen dazu, was bei ordnungsgemäßer Gewährung rechtlichen Gehörs noch vorgetragen worden wäre; denn nur dann kann das Gericht prüfen, ob das Urteil auf einem Verfahrenverstoß beruhen kann (, BFH/NV 2003, 1285, m.w.N.).
Der Kläger trägt vor, der Vorsitzende habe ihn in der mündlichen Verhandlung aufgefordert, die fehlende Klagebegründung abzugeben, obwohl er zu Beginn der Verhandlung auf seine Rechtsunkundigkeit hingewiesen habe. Als er versucht habe, die Umstände seiner Versäumnisse sowie den Sachverhalt zu erläutern, sei er nach kurzer Zeit vom Vorsitzenden mit der Bemerkung unterbrochen worden „Meinen Sie, ich hätte in diesem Termin die Zeit”. Obwohl der Vorsitzende ihn am Telefon geradezu überredet gehabt hätte, an der Verhandlung teilzunehmen und auch eine Neuterminierung in Aussicht gestellt habe, habe der Senat nach kurzer Zeit die Sitzung beendet und nach anschließender Beratung das Urteil verkündet. Hätte ihm das FG die Gelegenheit gegeben, sich zur gesamten Sache und zu seiner persönlichen Situation in diesem Klageverfahren zu äußern, dann hätte er die Sachverhalte aus der Einspruchsentscheidung aus seiner Sicht darlegen können. Dies hätte ihm auch ermöglicht zu erläutern, warum nach seiner Ansicht im zugrunde liegenden Sachverhalt kein gewerblicher Grundstückshandel zu sehen sei.
Hiermit ist die Rüge der Verletzung rechtlichen Gehörs nicht hinreichend begründet, denn der Kläger trägt nicht vor, was er im Falle der Gewährung ausreichenden Gehörs konkret vorgebracht hätte und ob dies geeignet gewesen wäre, eine anderweitige Entscheidung des FG herbeizuführen. Wie der Kläger selbst vorträgt, hat ihm das FG das rechtliche Gehör nicht vollständig verweigert; es hat im Gegenteil den Kläger aufgefordert, seine Klage nunmehr zu begründen und hat ihm auch zugehört. Bestätigt wird dies durch das Protokoll, nach dem der Kläger erklärt hat, die Klage bezüglich der Jahre 1993 bis 1996 richte sich gegen die Annahme eines gewerblichen Grundstückshandels. Warum er gegen die Einkommensteuerbescheide 1997 und 1998 klage, wisse er zurzeit nicht.
Macht der Kläger geltend, er hätte sich nicht ausreichend zur Sache äußern können, hat er darzulegen, zu welchem einzelnen Punkt er sich nicht habe äußern können und was er bei Gewährung ausreichenden Gehörs vorgetragen hätte. Dies gilt zumindest dann, wenn sich der Kläger —wie hier— ohne weitere Begründung gegen die Annahme eines gewerblichen Grundstückshandels wendet und ihm das FG eine Ausschlussfrist zur Bezeichnung der Tatsachen und Beweismittel nach § 79b FGO gesetzt hatte.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
UAAAB-36499