Vorwegabzug bei der Höchstbetragsberechnung (§ 10 Abs. 3 EStG)
1 Einkommensteuerrechtliche Situation
1.1 Gesellschafter-Geschäftsführer
Nach dem BStBl 2004 II S. 546, ist der Vorwegabzug bei einem Alleingesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH mit Pensionszusage nicht zu kürzen, weil seine Pensionsanwartschaft auf eigenen Beitragsleistungen in Form der Verringerung seiner Ansprüche auf Gewinnausschüttung beruht.
Diese BFH-Entscheidung ist in allen offenen gleich gelagerten Fällen, d.h. nur bei Alleingesellschafter-Geschäftsführern, anzuwenden ( BStBl 2004 I S. 582). Diese Fälle können jetzt auch im maschinellen ESt-Festsetzungsprogramm richtig verarbeitet werden.
Bei allen anderen Fällen, das sind Gesellschafter-Geschäftsführer mit einer Beteiligung von weniger als 100 v.H., bleibt es dabei, dass der Vorwegabzug (weiterhin) zu kürzen ist, wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer eine Pensionszusage hat. Wegen mehrerer beim BFH anhängigen Revisionsverfahren ruhen betroffene Einsprüche. Aussetzung der Vollziehung kann ggf. gewährt werden.
1.2 Zusammenveranlagte Ehegatten
Der BFH hat im Urteil vom entschieden, dass bei der Kürzung des den zusammenveranlagten Ehegatten gemeinsam zustehenden Vorwegabzugs nur der Arbeitslohn des Ehegatten einzubeziehen ist, der in seiner Person die Voraussetzungen für die Kürzung des Vorwegabzugs erfüllt, z.B. nur den Arbeitslohn des rentenversicherungspflichtigen Arbeitnehmer-Ehegatten.
Diese BFH-Entscheidung ist in allen offenen Fällen anzuwenden. Die anderslautende Regelung in R 106 Satz 3 EStR 2003 ist nicht mehr anzuwenden (.
1.3 Arbeitnehmer mit mehreren Arbeitsverhältnissen
Mit hat der BFH entschieden, dass bei einem Arbeitnehmer mit mehreren Arbeitsverhältnissen bei der Kürzung seines Vorwegabzugs nur der Arbeitslohn anzusetzen ist, für den der Arbeitgeber Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung leistet oder den er als Beamter (Fälle des § 10c Abs. 3 Nr. 1 EStG) oder als beherrschender Gesellschafter-Geschäftsführer mit Pensionszusage (Fälle des § 10c Abs. 3 Nr. 2 EStG; Ausnahme: Alleingesellschafter-Geschäftsführer, vgl. Tz 1.1) bezogen hat.
Auch diese BFH-Entscheidung ist in allen offenen Fällen anzuwenden. Die anders lautende Regelung in R 106 Satz 2 EStR 2003 ist nicht mehr anzuwenden ( a.a.O.):
2 Verfahrensrechtliche Hinweise
Der Vorläufigkeitsvermerk hinsichtlich der beschränkten Abziehbarkeit von Vorsorgeaufwendungen erfasst nur die Frage, ob § 10 Abs. 3 EStG (in der von der Finanzverwaltung vorgenommenen Auslegung) gegen das Grundgesetz verstößt. Er eröffnet keine Änderungsmöglichkeit wegen „einfachgesetzlicher” Fragen. Der angeführte Vorläufigkeitsvermerk ermöglicht es daher nicht, eine formell bestandskräftige Einkommensteuerfestsetzung dahingehend zu ändern, dass eine Kürzung des Vorwegabzugs in den oben genannten Fällen rückgängig gemacht wird (vgl. zu den Fällen des R 106 Satz 3 EStR, Az. XI R 50/03, BFHNV 2004 S. 1064).
Gegenteilige Äußerungen der Finanzverwaltung in innerdienstlichen Anweisungen (z. B. Dienstbesprechungen) begründen keinen Vertrauensschutz für die Steuerpflichtigen. Die Frage eines treuwidrigen Verhaltens der Finanzbehörden bzw. einer Billigkeitsmaßnahme stellt sich nur dann, wenn die Finanzbehörde gegenüber dem Steuerpflichtigen durch Äußerungen den unzutreffenden Eindruck erweckt hat, aufgrund des Vorläufigkeitsvermerks könne der Einkommensteuerbescheid (zu seinen Gunsten) geändert werden, falls der BFH in den Fällen des R 106 Satz 2 oder 3 EStR 2003 gegen die Finanzverwaltung entscheiden sollte, und
der Steuerpflichtige daher von der Einlegung eines Einspruchs abgesehen hat oder einen bereits eingelegten Einspruch zurückgenommen hat oder
das Finanzamt einen eingelegten Einspruch mangels Rechtsschutzinteresses als unzulässig verworfen hat.
Ob eine derartige „irreführende” Äußerung der Finanzbehörde vorliegt, kann nur nach den Umständen des Einzelfalls entschieden werden. Ist dies im Einzelfall zu bejahen, ist wie folgt zu verfahren:
Soweit der Steuerpflichtige von der Einlegung eines Einspruchs abgehalten worden und die Jahresfrist im Sinne des § 110 Abs. 3 AO noch nicht abgelaufen ist, ist dem Steuerpflichtigen zur Eröffnung der Einspruchsmöglichkeit Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 110 AO) zu gewähren.
Bei einer durch eine „irreführende Äußerung” bewirkten Einspruchsrücknahme ist die Unwirksamkeit der Einspruchsrücknahme festzustellen und das Rechtsbehelfsverfahren fortzusetzen, falls dem nicht der Ablauf der Jahresfrist gem. § 362 Abs. 2 Satz 2 AO entgegensteht.
Soweit die vorgenannten verfahrensrechtlichen Möglichkeiten nicht bestehen, ist der vorläufige Einkommensteuerbescheid gem. § 163 AO im Billigkeitswege zur Anwendung der unter Tz 1 dargestellten BFH-Rechtsprechung zu ändern.
Oberfinanzdirektion Karlsruhe v. - S 2221 A - St 311S 0338 A - St 412
Auf diese Anweisung wird Bezug genommen in folgenden Verwaltungsanweisungen:
Fundstelle(n):
BAAAB-36209