Die Klägerin betreibt ein Transportunternehmen mit Sitz der Geschäftsleitung in G und mehreren Zweigniederlassungen, darunter eine in Berlin. Die Berliner Zweigniederlassung, die durch Aufkauf mehrerer Berliner Güterfernverkehrsunternehmen entstanden ist, hat eigenen Personalbestand und verfügt über eine eigene Kraftfahrzeugwerkstatt auf gemietetem Betriebsgelände; von der Niederlassung aus werden täglich mehrere Transporte abgefertigt. Für die Berliner Niederlassung unterhält die Klägerin eigene, für sie in Berlin (West) zugelassene Kraftfahrzeuganhänger, darunter die Sattelauflieger mit den amtlichen Kennzeichen B . . ., die - im Wechselverkehr zwischen Berlin (West) und dem übrigen Bundesgebiet eingesetzt - zumindest gelegentlich zur Beladung oder Entladung in die Berliner Zweigniederlassung zurückgekehrt sind. Für das Halten dieser Anhänger wurde nach den in Berlin geltenden kraftfahrzeugsteuerrechtlichen Sondervorschriften des Berliner Landesrechts Kraftfahrzeugsteuer zunächst nicht, dann jedoch, ab 1. Mai 1978, durch die Finanzbehörde in Berlin erhoben. Das Finanzamt - FA - setzte, ausgehend davon, daß die Klägerin bei der "Berlin-Zulassung" unrichtige Angaben über den Standort der Anhänger gemacht, sie somit - nach seiner (des FA) Ansicht - widerrechtlich benutzt habe, gegen die Klägerin durch Bescheide vom 16. November 1981 für die Zeit vom 7. Juni 1973 bzw. vom 30. Januar 1976 bis zum 30. April 1978 Kraftfahrzeugsteuer fest. Die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) hob die angefochtenen Bescheide mit der Begründung auf, das FA sei örtlich nicht zuständig, insbesondere nicht nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 der Kraftfahrzeugsteuer-Durchführungsverordnung (KraftStDV) 1961. Es liege auch kein Steuertatbestand vor. Die Anhänger seien, da ordnungsgemäß zugelassen, nicht widerrechtlich benutzt worden. Die Klägerin habe die Berlin-Zulassung der Anhänger auch nicht durch mißbräuchliche Gestaltung erwirkt, denn angesichts von Art und Geschäftsumfang der Berliner Niederlassung könne nicht angenommen werden, daß die Klägerin in Berlin nur Scheinstandorte der Anhänger begründet habe. Im überregionalen Transportverkehr, in dem sich - wie im Streitfalle - aufgrund ständigen Einsatzes der Fahrzeuge ein tatsächlicher Standort nicht ohne weiteres feststellen lasse, sei der bei bestimmungsgemäßer Verwendung sich ergebende Einsatzmittelpunkt als regelmäßiger Standort maßgebend. Das könne zwar der Sitz des Verfügungsberechtigten sein, doch bestimme dieser in Fällen des häufigen Wechsels des Einsatzortes einen Betriebssitz als Verwendungsmittelpunkt. Die Berliner Niederlassung der Klägerin stelle einen straßenverkehrsbezogenen Mittelpunkt dar. Angesichts des Umfangs ihres Geschäftsbetriebs mit einer Vielzahl von Niederlassungen im In- und Ausland sowie des ständigen Einsatzes der Anhänger habe die Klägerin frei bestimmen können, welcher Niederlassung sie die Fahrzeuge zuordnete. Es reiche aus, wenn diese gelegentlich und nur für kurze Zeit an den maßgeblichen Betriebssitz zurückkehrten. Die Anmeldung in Berlin sei vielleicht nicht zwingend, jedenfalls aber auch nicht unrichtig gewesen; keinesfalls lasse sie eine Mißbrauchsabsicht erkennen. Im übrigen habe die Kraftfahrzeugsteuerbefreiung des Haltens von Anhängern und das Verbot der Steuererhebung nach früherem Berliner Landesrecht nur die Berlin-Zulassung der Anhänger, nicht aber die Begründung eines tatsächlichen Standorts in Berlin vorausgesetzt.
Fundstelle(n): BFH/NV 1987 S. 329 BFH/NV 1987 S. 329 Nr. -1 NAAAB-29116
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