Instanzenzug:
Gründe
I. Der Kläger, Antragsteller und Beschwerdeführer (Kläger) betreibt eine Friedhofsgärtnerei mit einem Ladengeschäft, in dem Blumen, Blumengebinde, Pflanzen, Kränze und dergleichen verkauft werden. Ferner pflegt er Gräber und deckt sie im Winter ab. Auf einer Freifläche neben dem Laden stellt er Beispiele von Wintereindeckungen aus, aus denen die Kunden die gewünschte Eindeckung auswählen können. Die Wintereindeckung besteht überwiegend aus Tannenzweigen, die in dekorativer Weise miteinander verbunden werden. Zusätzlich wird häufig ein weiteres Gesteck auf der Wintereindeckung angebracht. Die auf Grund der Grabpflegearbeiten vereinnahmten Entgelte erfasste der Kläger mit dem Regelsteuersatz, die auf die Wintereindeckungen entfallenden Entgelte hingegen mit dem ermäßigten Steuersatz.
Der Beklagte, Antragsgegner und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) folgte dem im Anschluss an eine Außenprüfung nicht, sondern besteuerte auch die Wintereindeckung mit dem Regelsteuersatz (Umsatzsteuerbescheid für 1997 vom ).
Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) verneinte eine nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG 1993) ermäßigt zu besteuernde Lieferung von Blattwerk, Blättern, Zweigen, Gräsern, Moosen und Flechten zu Binde- oder Zierzwecken, da der Kläger diese Gegenstände auf den Gräbern in dekorativer Weise so angeordnet habe, dass die dekorative Form regelmäßig über den Winter hindurch erhalten geblieben sei. Die Wintereindeckung stelle eine einheitliche über die Lieferung der Tannenzweige und sonstigen Pflanzenteile hinausgehende Leistung dar. Die Eindeckung des Grabes sei nicht nur eine Nebenleistung der Tannenzweiglieferung. Das FG ließ die Revision gegen das Urteil nicht zu.
Hiergegen wendet sich der Kläger mit der vorliegenden Beschwerde, die er auf die Zulassungsgründe des § 115 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) stützt. Der Kläger meint, klärungsbedürftig sei,
- ob die Wintereindeckung der Gräber als Lieferung oder als sonstige Leistung anzusehen ist
- und ob im Fall einer Lieferung die gelieferten Gegenstände unter die laufende Nr. 9 der Anlage zu § 12 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 UStG 1993 fielen.
Außerdem hat der Kläger wegen ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Umsatzsteuerbescheids die Aussetzung der Vollziehung des Bescheids beantragt.
Das FA ist der Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision und dem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung entgegengetreten.
II. 1. Die Verbindung der Verfahren wegen Nichtzulassung der Revision und wegen Aussetzung der Vollziehung beruht auf § 73 Abs. 1 Satz 1 FGO.
2. Die Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision hat keinen Erfolg.
Nach § 115 Abs. 2 FGO ist die Revision unter anderem zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) erfordert (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO).
Entgegen der Auffassung des Klägers ist die Frage, ob die Wintereindeckung von Gräbern als Lieferung oder sonstige Leistung anzusehen ist, bereits durch den Senat geklärt.
Nach dem Urteil vom V R 80/99 (BFHE 195, 440, BStBl II 2003, 810) sind Grabpflegeleistungen regelmäßig sonstige Leistungen, bei denen der Lieferung von Pflanzen kein selbständiger rechtlicher Gehalt zukommt. Dies gilt auch für die Wintereindeckung. In dem Urteil heißt es: „Die für das jeweilige Grab ausgeführte Frühjahrs- und Sommerbepflanzung und -pflege, die Abdeckung des Grabes für den Winter sind unabhängig von früheren und zukünftigen Grabpflegeleistungen. Es handelt sich um selbständige, zeitlich nacheinander bewirkte sonstige Leistungen.”
Soweit der Senat in diesem Urteil auf sein Urteil vom V 301/58 U (BFHE 72, 403, BStBl III 1961, 148) Bezug nimmt, gilt dies lediglich für die Aussage, dass Grabbepflanzung und Grabpflege regelmäßig eine einheitliche Leistung sind. Ob diese einheitliche Leistung als Lieferung oder als sonstige Leistung anzusehen war, hatte der Senat in den vom Kläger zitierten Urteilen vom V 204/57 U (BFHE 69, 483, BStBl III 1959, 440) und in BFHE 72, 403, BStBl III 1961, 148 noch dahinstehen lassen; er hat dies erst mit seinem Urteil in BFHE 195, 440, BStBl II 2003, 810 entschieden.
Der Senat hatte zwar im Urteil in BFHE 69, 483, BStBl III 1959, 440 eine Lieferung i.S. des § 7 Abs. 2 Ziff. 2 a UStG 1951 angenommen, wenn ein Friedhofsgärtner ohne Übernahme der Grabpflege eine schon bestehende Grabstätte mit aus seiner Gärtnerei stammenden Blumen oder anderen gärtnerischen Erzeugnissen bepflanzt, die der Besteller selbst ausgesucht hat. Dieses Urteil betrifft jedoch nicht die Wintereindeckung und ist —ebenso wie das vom Kläger zitierte Urteil des Reichsfinanzhofs vom V A 93/37 (RFHE 42, 180, RStBl 1937, 1179)— überholt. Der Senat konnte und musste damals noch nicht die Sechste Richtlinie des Rates vom zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG und die hierzu ergangene Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) berücksichtigen. Nach ihr richtet sich die Frage, ob bestimmte Umsätze Lieferungen von Gegenständen oder Dienstleistungen (sonstige Leistungen) sind, nach ihrem Wesen; dieses ist im Rahmen einer Gesamtbetrachtung zu ermitteln; maßgebend ist die Sicht des Durchschnittsverbrauchers (vgl. , CPP, Slg. 1999, I-973 Rdnr. 28, und vom Rs. C-322/99 und C-323/99, Fischer, Brandenstein, Slg. 2001, I-4049, Internationales Steuerrecht 2001, 376 Rdnr. 62; , BFHE 200, 135, BStBl II 2004, 470, m.w.N.). Dementsprechend liegt auch bei der Wintereindeckung des Grabes regelmäßig eine Dienstleistung (sonstige Leistung) vor (vgl. BFH-Urteil in BFHE 195, 440, BStBl II 2003, 810).
3. Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung hat ebenfalls keinen Erfolg.
Gemäß § 69 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 FGO ist die Vollziehung eines angefochtenen Steuerbescheids auf Antrag auszusetzen, soweit ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheids bestehen.
Wird ein die Klage abweisendes Urteil des FG, in dem die Revision nicht zugelassen wurde, mit der Nichtzulassungsbeschwerde angefochten, so kommt eine Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsaktes durch den BFH nur in Betracht, wenn die Nichtzulassungsbeschwerde Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes mithin in einem Revisionsverfahren geprüft werden kann (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom IX S 1/94, BFH/NV 1995, 222; vom X S 5/95, BFH/NV 1995, 1082; vom VII S 9/96, BFH/NV 1996, 915; vom V S 10/02, juris).
Dies ist aus den oben genannten Gründen nicht der Fall.
Fundstelle(n):
BFH/NV 2004 S. 1677
BFH/NV 2004 S. 1677 Nr. 12
AAAAB-27402