Vorsteuerabzug bei Scheinrechnungen
Gesetze: UStG § 15
Instanzenzug:
Gründe
I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) betrieb im Streitjahr (1995) den Handel und die Reparatur von Landmaschinen und Kfz. Der Kfz-Handel war Aufgabe des Sohnes des Klägers.
In seiner Umsatzsteuererklärung für das Streitjahr machte der Kläger u.a. Vorsteuerbeträge aus Rechnungen einer Firma A, Inhaber X, über die Lieferung von Kfz der Marke VW mit gesondert ausgewiesener Umsatzsteuer in Höhe von insgesamt ... DM geltend. Die Fahrzeuge waren aus Italien reimportiert worden. Nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) hatte der Sohn des Klägers die Fahrzeuge direkt bei einem italienischen Händler bestellt und dabei mit diesem Anzahl, Typ und Ausstattung der zu liefernden Fahrzeuge abgesprochen. Die Fahrzeuge waren sodann durch Speditionen mit Sattelzügen direkt vom italienischen Lieferanten an den Unternehmensort des Klägers geliefert worden, wobei Letzterer die Transportkosten zu tragen hatte.
Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) versagte den Vorsteuerabzug durch Umsatzsteuerbescheid für 1995 unter Hinweis auf Feststellungen einer Steuerfahndungsstelle. Diese war zu dem Ergebnis gekommen, bei den Rechnungen der Firma A handle es sich um Scheinrechnungen, weil nicht dieses Unternehmen, sondern der italienische Händler die Kfz an den Kläger geliefert habe.
Einspruch und Klage blieben erfolglos. Das FG führte zur Begründung u.a. aus, im Streitfall sei der Vorsteuerabzug zu versagen, weil es an der notwendigen Identität zwischen leistendem Unternehmer und Rechnungsaussteller fehle.
Der Kläger begehrt Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung —FGO—) und weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) erfordere (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO).
II. Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist unbegründet.
1. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung.
a) Nach Ansicht des Klägers sind folgende Rechtsfragen im Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts höchstrichterlich klärungsbedürftig und in diesem Verfahren klärbar:
"1. Welche Tätigkeiten müssen in der nach § 3 Abs. 1 und
Abs. 3 UStG anzunehmenden Lieferkette Kommittent ( Kommissionär ( Abnehmer durch den Kommissionär übernommen werden?
2. Kann von einem umsatzsteuerrechtlich unbeachtlichen
Scheingeschäft dann ausgegangen werden, wenn - ggf. fahrlässig - die kriminellen Absichten der anderen Vertragspartei nicht erkannt werden und ein gemeinsamer Tatplan nicht besteht bzw. nicht festgestellt werden kann?”
b) Beide Rechtsfragen haben keine grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO, weil sie sich im Streitfall nicht stellen.
Nach den Feststellungen des FG war weder ein Kommissionsgeschäft (§ 3 Abs. 3 des Umsatzsteuergesetzes 1993 —UStG— i.V.m. § 383 des Handelsgesetzbuchs —HGB— noch ein sog. Scheingeschäft gegeben. Vielmehr lagen (lediglich) Lieferungen des italienischen Händlers an den Kläger vor. Dieser hatte keine Rechtsbeziehungen zum Inhaber der Firma A. Letzterer war nach den Feststellungen des FG lediglich als Rechnungsaussteller tätig, um dem Kläger durch Ausweis deutscher Umsatzsteuer den Vorsteuerabzug zu ermöglichen.
2. Deshalb kann die Revision entgegen der Ansicht des Klägers auch nicht wegen Abweichung des FG-Urteils vom (BFHE 198, 208, BFH/NV 2002, 835) zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO zugelassen werden.
Zwar hat der Senat in dem bezeichneten Beschluss ausgeführt, das „vorgeschobene” Strohmanngeschäft sei dann unbeachtlich, wenn es zwischen dem Leistungsempfänger und dem Strohmann nur zum Schein abgeschlossen worden sei und der Leistungsempfänger wisse oder davon ausgehen müsse, dass der Strohmann keine eigene —ggf. auch durch Subunternehmer auszuführende— Verpflichtung aus dem Rechtsgeschäft übernehmen wolle und dementsprechend auch keine eigene Leistung versteuern wolle.
Entgegen der Ansicht des Klägers weicht das FG-Urteil aber von diesem Rechtssatz nicht deshalb ab, weil es keine Feststellungen dazu enthalte, dass vorliegend zwischen dem Inhaber der Firma A und dem Kläger ein Scheingeschäft abgeschlossen worden sei, also ein beiderseitiges Bewusstsein bestanden habe, dass lediglich ein Vertragsverhältnis habe simuliert werden sollen. Denn nach den Feststellungen des FG war der Inhaber der Firma A nicht als „Strohmann” in die Vertragsbeziehungen zum Kläger eingeschaltet. Er war vielmehr (lediglich) „Rechnungsschreiber”.
3. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 2. Alternative FGO ab.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2004 S. 1676
BFH/NV 2004 S. 1676 Nr. 12
NAAAB-27399