Verpflegungsmehraufwendungen eines Feuerwehrmanns
Leitsatz
Ein Berufsfeuerwehrmann, der während der Dienstzeit grundsätzlich in der Feuerwache anwesend sein muss, dort stets Arbeiten zu verrichten hat und nach jedem Einsatz dorthin zurückkehrt, übt weder eine Fahr- noch eine Einsatzwechseltätigkeit aus.
Gesetze: EStG § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 3EStG § 9 Abs. 5 Satz 1
Instanzenzug: (Verfahrensverlauf), ,
Gründe
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) erzielte im Streitjahr 2000 als Berufsfeuerwehrmann Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Er machte Verpflegungsmehraufwendungen wegen Fahrtätigkeit in Höhe von 4 274 DM als Werbungskosten geltend und zwar —entsprechend den Abwesenheitszeiten von der Wohnung— an zwölf Tagen zu 10 DM, an drei Tagen zu 20 DM und an 89 Tagen zu 46 DM. Diese Beträge erkannte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) —auch in der Einspruchsentscheidung— nicht an, da sich der Mittelpunkt der dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit des Klägers an seiner regelmäßigen Arbeitsstätte, dem Ort seines Bereitschaftsdienstes, und nicht auf einem Fahrzeug befunden habe. Verpflegungspauschalen kämen daher nur bei Dienstreisen in Betracht, wobei Anlass, Art der beruflichen Tätigkeit und Reisedauer anhand geeigneter Unterlagen nachzuweisen seien.
Mit der hiergegen erhobenen Klage verfolgte der Kläger den Werbungskostenabzug weiter. Er vertrat die Auffassung, er übe ähnlich wie ein Berufskraftfahrer, Müllfahrzeugführer, Beton- und Kiesfahrer oder Lokführer Dienst auf wechselnden Fahrzeugen aus, so dass sein Arbeitsplatz das von ihm jeweils genutzte Fahrzeug und die Einsatzstelle sei. Sollte keine Fahrtätigkeit vorliegen, sei Einsatzwechseltätigkeit anzunehmen.
Nach dem von ihm geschilderten Tagesablauf hat der Kläger nach Dienstantritt in der Feuerwache um 8 Uhr zunächst eine einstündige Fahrzeugüberprüfung vorgenommen und nach der anschließenden Frühstückspause Arbeitsdienst (Wartung, Betreuung des Funkverkehrs) erbracht, falls kein Einsatz stattfand. Nach der Mittagspause folgte —unterbrochen von einer halbstündigen Kaffeepause— wiederum bis 19.00 Uhr Arbeitsdienst und dann Bereitschaftsdienst. Aus einer nachträglich eingereichten Aufstellung über Einsatzzeiten ergaben sich am 6. Februar, am 14. Mai und 21. Juli Abwesenheitszeiten von der Dienststelle unter 14 Stunden und am 7. Februar und 12. August unter 24 Stunden, denen zufolge das FA bereit war, Verpflegungspauschalen in Höhe von insgesamt 70 DM anzuerkennen. Dagegen könnten aus der Bescheinigung über Bereitschaftsdienste Abwesenheitszeiten vom Dienstsitz nicht abgeleitet werden. Ein Feuerwehrmann übe auch keine Einsatzwechseltätigkeit aus.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage bis auf den vom FA anerkannten Betrag von 70 DM ab. Der Gesetzgeber habe mit der in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) nicht näher definierten Einsatzwechsel- bzw. Fahrtätigkeit erkennbar die Auffassung der Rechtsprechung im (BFHE 152, 232, BStBl II 1988, 443) übernommen, dass nicht die abstrakten Merkmale eines bestimmten Berufsbildes, sondern vielmehr der konkrete Einsatz des Arbeitnehmers im Rahmen des Direktionsrechts des Arbeitgebers maßgebend sei. Im Streitfall lasse der Umfang des an der Feuerwache ortsfest —also nicht fahrend— erbrachten Dienstes nicht den Schluss zu, dass der Kläger „typischerweise nur” auf dem Fahrzeug tätig gewesen sei. Der Dienst beginne und ende an der Wache und werde nur unterbrochen, wenn Einsätze gefahren werden müssten. Ebenso wenig übe der Kläger Einsatzwechseltätigkeit aus, weil er nach jedem Einsatz zur seiner regelmäßigen Arbeitsstätte zurückkehre.
Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung von § 4 Abs. 5 Nr. 5 Satz 3 EStG. Der BFH habe im Urteil in BFHE 152, 232, BStBl II 1988, 443 ausgeführt, die besondere Behandlung von Arbeitnehmern mit sog. ständig wechselnden Einsatzstellen beruhe nicht auf der Unvorhersehbarkeit des Wechsels oder des Einsatzortes, sondern darauf, dass sich der Arbeitnehmer dem ständigen Wechsel nicht entziehen könne. Diese zu Fahrtkosten geäußerte Ansicht gelte für Verpflegungsmehraufwendungen gleichermaßen, da die Situation die gleiche sei. Sie sei für Feuerwehrmänner typisch. Auch ein solcher könne sich der Unvorhersehbarkeit des Wechsels und des Einsatzortes nicht entziehen. Er könne sich ebenfalls nicht nach einer gewissen Übergangszeit in der Nähe seines wechselnden Arbeitsplatzes eine günstige Verpflegungsmöglichkeit suchen oder finden. Auch weite oder besonders zeitaufwendige Fahrten seien bei einem Feuerwehrmann typisch, ohne dass er Dispositionen treffen könne, um die Zeiten seiner Abwesenheit zu kürzen.
Der Kläger beantragt, unter Aufhebung der Vorentscheidungen insgesamt Verpflegungspauschalen in Höhe von 4 270 DM zum Abzug zuzulassen.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Die Revision ist unbegründet. Dem Kläger stehen die begehrten Verpflegungspauschalen nicht zu.
1. Nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 EStG, der auch auf Arbeitnehmer anzuwenden ist (§ 9 Abs. 5 EStG), kommen —vom Fall der nicht einschlägigen doppelten Haushaltsführung abgesehen— Verpflegungspauschalen nur bei Dienstreisen oder bei Einsatzwechsel- bzw. Fahrtätigkeit in Betracht.
a) Eine Dienstreise liegt vor bei vorübergehender Auswärtstätigkeit außerhalb der regelmäßigen Arbeitsstätte (R 37 Abs. 3 Satz 1 der Lohnsteuer-Richtlinien —LStR—). Regelmäßige Arbeitsstätte ist der ortsgebundene Mittelpunkt der dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit des Arbeitnehmers (R 37 Abs. 2 Satz 1 LStR). Werden Dienste an unterschiedlichen Tätigkeitsstellen erbracht, ist danach eine Dienstreise anzunehmen, wenn der vorübergehend aufgesuchten eine regelmäßige Arbeitsstätte gegenübersteht, die der erstgenannten gegenüber als dauerhafter Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit erscheint. Anhaltspunkte für einen solchen Mittelpunkt sind neben der Dauer der dort geleisteten Dienste und dem Umstand, dass der Arbeitnehmer an diesen Ort immer wieder zurückkehrt, die mit den Vorstellungen der Beteiligten übereinstimmende Verkehrsanschauung, wobei die Beurteilung als dienstlicher Mittelpunkt unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalles erfolgt (, BFHE 160, 532, BStBl II 1990, 856).
b) Demgegenüber wird Einsatzwechseltätigkeit nicht durch einen auf Dauer angelegten ortsgebundenen Berufsmittelpunkt geprägt, welchem gegenüber andere Tätigkeitsorte untergeordnet erscheinen. Vielmehr sind die nacheinander aufgesuchten wechselnden Einsatzorte prinzipiell gleichgeordnet und stellen —nur solange dort gearbeitet wird— den nicht auf Dauer angelegten Berufsmittelpunkt dar.
aa) Die Beteiligten gehen —insofern übereinstimmend— zutreffend davon aus, dass es für die Annahme von Einsatzwechseltätigkeit nicht auf die Merkmale von bestimmten Berufsbildern, sondern darauf ankommt, ob der Arbeitnehmer nach seiner konkreten Beschäftigungssituation damit rechnen muss, dass er seine Arbeitsleistung an immer wieder anderen Arbeitsstätten zu erbringen hat. Grund für die an die Einsatzwechseltätigkeit anknüpfenden Verpflegungspauschalen ist, wie das FG in Übereinstimmung mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung zutreffend entschieden hat, nämlich nicht die Prämierung bestimmter Berufsbilder, sondern die Annahme des Gesetzgebers, der Steuerpflichtige werde bei bestimmten beruflichen Betätigungsformen für seine Verpflegung aus beruflichen Gründen mehr Geld ausgeben müssen, als dies bei dem üblichen ortsfesten Arbeitsplatz der Fall ist (zuletzt , BFHE 198, 559, BStBl II 2002, 779 zur Fahrtätigkeit).
bb) Dagegen ist nicht der Auffassung des Klägers zu folgen, Verpflegungspauschalen wegen Einsatzwechseltätigkeit seien bereits dann zu gewähren, wenn der Arbeitnehmer immer wieder an Einsatzorten tätig werden muss, die für ihn nicht vorhersehbar sind. Dies folgt aus dem Erfordernis des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 3 EStG, dass die Arbeit des Steuerpflichtigen „typischerweise nur” an ständig wechselnden Einsatzstellen ausgeübt sein darf, was durch den Zuschnitt der Pauschalen bestätigt wird.
Mit dem Tatbestandsmerkmal „typischerweise nur” stellt das Gesetz auf die gesamten Betätigungsumstände des Arbeitnehmers ab und nicht —wie das bei einer Dienstreise geschieht— auf die einzelne vorübergehende Auswärtstätigkeit. Für Verpflegungspauschalen bei Einsatzwechseltätigkeit genügt somit nicht, dass überhaupt auswärtige Einsätze erfolgen, sondern das Berufsbild muss vielmehr dadurch geprägt sein, dass die Arbeit auf wechselnden Einsatzstellen erbracht wird. Demgegenüber ist die fehlende Vorhersehbarkeit des jeweiligen auswärtigen Tätigkeitsortes bei keiner der Pauschalen maßgebendes Kriterium.
c) Der Streitfall gibt keine Veranlassung, darauf näher einzugehen, inwieweit sich Fahr- und Einsatzwechseltätigkeit unterscheiden. Jedenfalls sind die Ausführungen zur Einsatzwechseltätigkeit auf die Fahrtätigkeit insofern übertragbar, als nicht „typischerweise nur” Fahrtätigkeit ausgeübt wird, wenn von einem ortsgebundenen auf Dauer angelegten Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit von Fall zu Fall auswärtige Einsätze erfolgen.
2. Bei Anwendung dieser Grundsätze hat das FG zu Recht die Voraussetzungen für die Gewährung von Pauschalen für Fahr- oder Einsatzwechseltätigkeit verneint. Nach dem Berufsbild, wie es der Kläger selbst beschrieben hat, stellt die Feuerwache seine regelmäßige Arbeitsstätte dar. Dort hat er den wesentlichen Teil seiner Arbeitszeit verbracht, während er nach der vorgelegten Aufstellung der Einsatzzeiten auf auswärtigen Einsätzen jedenfalls in zeitlich geringerem Umfang beschäftigt gewesen ist. Die Tatsache, dass er immer wieder zur Feuerwache zurückgekehrt ist und dass er seinen Dienst dort jeweils angetreten und beendet hat, runden dieses Bild ab. Danach kamen für eine vorübergehende Auswärtstätigkeit nur die bei Dienstreisen zum Zuge kommenden Pauschalen in Betracht. Der Kläger hat keine Tatsachen vorgetragen, die höhere derartige Pauschalen rechtfertigen würden, als diejenigen, die durch das FG im Einverständnis des FA berücksichtigt worden sind.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BStBl 2004 II Seite 1004
BB 2004 S. 2230 Nr. 41
BB 2004 S. 2281 Nr. 42
BFH/NV 2004 S. 1583
BFH/NV 2004 S. 1583 Nr. 11
BStBl II 2004 S. 1004 Nr. 22
DB 2004 S. 2296 Nr. 43
DStR 2004 S. 1743 Nr. 41
DStRE 2004 S. 1255 Nr. 20
FR 2004 S. 1291 Nr. 22
INF 2004 S. 767 Nr. 20
KÖSDI 2004 S. 14395 Nr. 11
StB 2004 S. 401 Nr. 11
AAAAB-26939