Instanzenzug:
Gründe
I. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind im Inland wohnende Eheleute, die für die Streitjahre 2000 und 2001 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. Der Kläger war als Berufskraftfahrer bei einer in Luxemburg ansässigen Spedition angestellt. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) ermittelte die Anteile der auf das Inland entfallenden Arbeitseinkommen mit 73,64 v.H. in 2000 und mit 78,25 v.H. in 2001. Die restlichen Arbeitseinkommen wurden Luxemburg zugeordnet. Bei der Berechnung der inländischen Anteile ging das FA einerseits von den tatsächlich in Deutschland und in Drittstaaten verbrachten Arbeitstagen sowie andererseits von der Anzahl der jährlich vereinbarten Arbeitstage, jeweils unter Einschluss von Urlaubstagen und arbeitsfreien Tagen (Wochenenden, Feiertage), aus; Krankheitstage fielen nicht an.
Dagegen wandten die Kläger sich mit ihren Klagen. Sie streiten mit dem FA um den Umfang der abkommensrechtlichen Zuordnung der Besteuerung des Arbeitslohnes: Das FA habe zu Unrecht arbeitsfreie Urlaubstage in vollem Umfang der deutschen Besteuerung zugeschlagen, obwohl auch Luxemburg auf den entsprechenden Anteil der Löhne Anspruch erhoben habe. In Deutschland dürften die gezahlten Arbeitslöhne deswegen lediglich anteilig in Höhe von 165/365 in 2000 und von 42/365 in 2001 besteuert werden.
Das Finanzgericht (FG) Rheinland-Pfalz wies die Klagen durch Urteile vom 1 K 1390/03 und 1 K 1759/03 ab.
Ihre dagegen gerichteten Revisionen stützen die Kläger auf Verletzung materiellen Rechts.
Sie beantragen, die Urteile des FG aufzuheben und die angefochtenen Einkommensteuerbescheide dahin zu ändern, dass der auf inländische Einkünfte entfallende anteilige Bruttoarbeitslohn für das Jahr 2000 165/365 und für das Jahr 2001 42/365 beträgt.
Das FA beantragt, die Revisionen zurückzuweisen.
II. Die —zur gemeinsamen Entscheidung verbundenen (§ 73 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung —FGO—)— Revisionen sind nur zu einem geringen Teil begründet. Sie führen aus den Gründen des Senatsbeschlusses vom I B 98/03, I S 9/03 (BFH/NV 2004, 161) zur Aufhebung der Vorentscheidungen und zu anderweitigen Steuerfestsetzungen. Das FG hat die Arbeitslöhne des Klägers, soweit diese auf dessen Urlaubstage entfallen, zu Unrecht nicht nur anteilig, sondern vollständig der deutschen Besteuerung unterworfen. Soweit die Anträge der Kläger darüber hinausgehen, sind ihre Revisionen unbegründet.
1. Nach Art. 20 Abs. 2 Satz 1 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Großherzogtum Luxemburg zur Vermeidung der Doppelbesteuerungen und über gegenseitige Amts- und Rechtshilfe auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie der Gewerbesteuern und der Grundsteuern (DBA-Luxemburg) werden von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer die Einkünfte ausgenommen, die nach dem Abkommen in Luxemburg besteuert werden können. Nach Art. 10 Abs. 1 DBA-Luxemburg können Einkünfte, die eine in einem der Vertragsstaaten ansässige Person aus nichtselbständiger Arbeit bezieht, nur in dem anderen Staat besteuert werden, wenn die Arbeit in dem anderen Staat ausgeübt wird. Nach Art. 10 Abs. 2 DBA-Luxemburg bleibt es aber bei einer ausschließlichen Besteuerung im Wohnsitzstaat, wenn der Arbeitnehmer sich in dem anderen Staat insgesamt nicht länger als 183 Tage während eines Kalenderjahres aufhielt, wenn er für seine in dieser Zeit ausgeübte Tätigkeit von einem Arbeitgeber entlohnt wurde, der nicht in dem anderen Staat ansässig war, und wenn seine Tätigkeit nicht zu Lasten einer in dem anderen Staat befindlichen Betriebsstätte oder ständigen Einrichtung des Arbeitgebers entlohnt wurde. Bei dem Besteuerungsrecht des Wohnsitzstaates verbleibt es auch, wenn eine Person mit Wohnsitz in einem der Vertragsstaaten Einkünfte bezieht, für die das Doppelbesteuerungsabkommen keine Regelung getroffen hat (Art. 16 DBA-Luxemburg). Dies ist der Fall bei Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit im Ansässigkeitsstaat oder in einem Drittstaat.
2. Nach den Feststellungen des FG war der Kläger in den Streitjahren in Luxemburg für einen dort ansässigen Arbeitgeber als Berufskraftfahrer tätig. Die Ausnahme des Art. 10 Abs. 2 DBA-Luxemburg war also nicht einschlägig (vgl. Nr. 2 der Vorschrift). Die Besteuerung richtet sich nach Art. 10 Abs. 1 und Art. 16 DBA-Luxemburg. Im Einzelnen wird, um Wiederholungen zu vermeiden, auf die Senatsbeschlüsse vom I B 79/01 (BFH/NV 2002, 902) sowie vom I B 80/01 (BFH/NV 2002, 1423) verwiesen.
3. Zwischen den Beteiligten ist allerdings streitig, in welchem Umfang bei der Berechnung der anteiligen Gehälter, die nach Art. 10 Abs. 1 DBA-Luxemburg in Deutschland von der Besteuerung ausgenommen werden, arbeitsfreie Tage, insbesondere Urlaubstage, zu berücksichtigen sind. Die Kläger wollen die betreffenden Einkünfte hinsichtlich sämtlicher arbeitsfreier Tage —solcher infolge Urlaubs als auch solche infolge von Wochenenden— unterschiedslos der luxemburgischen Besteuerung unterwerfen. Außerdem wollen sie die Arbeitstage, an denen sich der Kläger in Deutschland oder in Drittstaaten aufgehalten hat, nicht nur auf die tatsächlich vereinbarten Arbeitstage, sondern auf sämtliche 365 Tage eines Kalenderjahres beziehen. Das FA verneint demgegenüber Letzteres und geht überdies davon aus, dass jedenfalls die Urlaubstage in vollem Umfang in Deutschland zu besteuern seien (so jetzt auch BStBl I 2002, 485). Danach sind die deutschen Besteuerungsanteile im Streitfall berechnet worden. Das FG hat dieses Vorgehen des FA nicht beanstandet, sondern ausdrücklich für zutreffend erachtet, im Ergebnis womöglich allerdings auch missverstanden.
a) Der Berechnungsweise des FA ist nicht uneingeschränkt zu folgen. Für eine vollständige Zuordnung der besagten arbeitsfreien Tage in die inländische Besteuerung fehlt die abkommensrechtliche Rechtsgrundlage. Vielmehr ist danach anzunehmen, dass auch diejenigen Bezüge, die für Urlaubstage gezahlt werden, nur anteilig der deutschen Besteuerung unterfallen und im Übrigen von dieser freizustellen sind. Eine vollständige Einbeziehung solcher Tage in die deutsche Besteuerung erscheint hingegen nicht gerechtfertigt, da der Lohn für die gesamte tatsächlich erbrachte Tätigkeit, aber auch für die arbeitsfreien Zeiten gezahlt wird, gleichviel, ob diese Zeiten sich auf das In- oder auf das Ausland beziehen (vgl. Wassermeyer in Debatin/Wassermeyer, Doppelbesteuerungsabkommen, Art. 15 MA Rz. 102, 147 f.). Dementsprechend ist der Anteil der der deutschen Besteuerung unterfallenden Einkünfte in der Weise zu ermitteln, dass nur jene Arbeitstage, in denen der in Deutschland wohnende Steuerpflichtige sich tatsächlich in Deutschland oder in Drittstaaten aufgehalten hat, in ein rechnerisches Verhältnis zu den vereinbarten Arbeitstagen gesetzt werden und der hiernach berechnete Quotient auf die Gesamteinkünfte bezogen wird. Urlaubstage sind nicht anders als vergleichbare arbeitsfreie Tage wie Wochenend- und Feiertage aus dem Aufteilungsmaßstab auszuscheiden; solche Tage sind gerade nicht als Arbeitstage vereinbart (Wassermeyer in Debatin/Wassermeyer, a.a.O., Art. 15 MA Rz. 147 f.).
b) Soweit die Kläger die Urlaubstage gleichermaßen wie die auf die Wochenenden entfallenden arbeitsfreien Tage ausschließlich der luxemburgischen Besteuerung unterworfen wissen wollen, bleibt die Revision hingegen ohne Erfolg. Für eine derartige Zuordnung des Besteuerungsrechts fehlt aus den genannten Gründen ebenfalls die Rechtsgrundlage. Dass die luxemburgische Besteuerungspraxis diesem Abkommensverständnis möglicherweise widerspricht, ändert daran nichts. Den Klägern ist auch nicht darin zu folgen, dass die tatsächlich in Deutschland oder in Drittstaaten verbrachten Arbeitstage in ein rechnerisches Verhältnis zu den gesamten 365 Tagen eines Kalenderjahres zu setzen wären. Maßgeblich sind nur die vereinbarten Arbeitstage. Eine möglicherweise abweichende Berechnungsweise im Sozialversicherungsrecht muss außer Betracht bleiben. Letzterem liegen andere gesetzliche Regelungen zugrunde, so dass sich die von den Klägern angestellten Überlegungen zu einer „Einheit der Rechtsordnung” von vornherein erübrigen.
4. Da das FG teilweise eine abweichende Rechtsauffassung vertreten hat, war sein Urteil aufzuheben. Die Sache ist spruchreif. Die Einkommensteuer für die Streitjahre ist —unter Beachtung des Verböserungsverbots— anderweitig festzusetzen, wobei deren Berechnung dem FA nach Maßgabe der vorstehenden Entscheidungsgründe übertragen wird (§ 100 Abs. 2 Satz 2 FGO).
Fundstelle(n):
TAAAB-26924