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Grundlagen - Stand: 10.03.2024

Bekanntgabe

Peter Gerlach

I. Definition der Bekanntgabe

Voraussetzung für die Wirksamkeit eines Steuerverwaltungsaktes ist u.a., dass er demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, bekannt gegeben wird (§§ 122 Abs. 1 AO, § 124 Abs. 1 AO, AEAO zu § 122; vgl. auch § 155 Abs. 1 Satz 2 AO: Steuerbescheid ist der nach § 122 Abs. 1 AO bekannt gegebene Verwaltungsakt).

Bekanntgabe ist der Zugang des Verwaltungsaktes beim Empfänger aufgrund Bekanntgabewillens der Finanzbehörde, siehe unter II.2.

Der Verwaltungsakt wird nach § 124 Abs. 1 AO im Zeitpunkt der Bekanntgabe wirksam. Vorher entfaltet er keine Rechtswirkung. Ist der Verwaltungsakt ordnungsgemäß bekannt gegeben, so ist er auch mit unrichtigen oder ungewolltem Inhalt wirksam (§ 124 Abs. 1 Satz 2 AO) und grundsätzlich nur im Rahmen eines Rechtsbehelfsverfahrens oder Korrekturverfahrens wieder zu ändern (vgl. § 124 Abs. 2 AO).

Beim Erlass des Verwaltungsaktes ist festzulegen, an wen er sich richtet (Inhaltsadressat), wem er (im Rechtssinne) bekannt gegeben werden soll (Bekanntgabeadressat) und welcher Person er zu übermitteln ist (Empfänger), siehe unter II.1.

Die Finanzbehörde kann sich zwecks Bekanntgabe eines Verwaltungsaktes verschiedener Bekanntgabeformen bedienen, siehe unter III.

Mängel bei der Bekanntgabe können den Verwaltungsakt unwirksam machen, siehe unter V.

II. Allgemeines

1. Adressat und Empfänger

Eine wirksame Bekanntgabe i.S.d. § 122 Abs. 1 AO erfordert die zutreffende Bezeichnung des Adressaten und den Zugang beim richtigen Empfänger.

Die Person, für die der Verwaltungsakt bestimmt ist (gegen die sich der Verwaltungsakt richtet), ist der Inhaltsadressat,

Die Person, der der Verwaltungsakt (im Rechtssinne) bekannt zu geben ist (an die zu „adressieren” ist), wird als Bekanntgabeadressat bezeichnet (i.d.R. mit dem Inhaltsadressaten identisch).

  • Wenn die Bekanntgabe an den Steuerschuldner nicht möglich oder nicht zulässig ist, ist Bekanntgabeadressat die Person, die nach § 34 AO für den Steuerschuldner dessen steuerliche Pflichten zu erfüllen hat, z.B. der Insolvenzverwalter.

  • Das Vertretungsverhältnis ist im Bescheid anzugeben (AEAO zu § 122 Nr. 1.4).

Empfänger ist derjenige, dem der Verwaltungsakt tatsächlich übermittelt soll und der deshalb im Anschriftenfeld des Bescheides aufzuführen ist (i.d.R. der Inhalts- bzw. Bekanntgabeadressat).

  • Der Adressat hat jedoch auch die Möglichkeit, einen Bevollmächtigten mit dem Empfang des Verwaltungsaktes zu beauftragen (§ 80 AO). In diesem Falle ist der Empfangsbevollmächtigte der Empfänger (§ 122 Abs. 1 Satz 3 AO), siehe unter IV.

  • Das Vertretungsverhältnis muss im Bescheid angegeben werden (AEAO zu § 122 Nr. 1.5).

2. Bekanntgabewille (AEAO zu § 124 Nr. 4)

Die Bekanntgabe setzt den Bekanntgabewillen des für den Erlass des Verwaltungsaktes zuständigen Amtsträgers voraus.

Der Bekanntgabewille fehlt u.a., wenn die Übersendung eines Schriftstücks (z.B. Kopie der Aktenverfügung) nur der Information des Empfängers dienen soll und nicht dem Zweck, die an eine Bekanntgabe geknüpften Rechtsfolgen herbeizuführen (z.B. Beginn der Einspruchsfrist).

Die Aufgabe des Bekanntgabewillens durch die Finanzbehörde führt nur dann zur Unwirksamkeit des Verwaltungsaktes, wenn der Wille aufgegeben wird, bevor der Bescheid den Herrschaftsbereich der Verwaltung verlassen hat. Die Rechtzeitigkeit der Aufgabe des Bekanntgabewillens muss in den Akten hinreichend klar und eindeutig dokumentiert sein. Der Empfänger ist unverzüglich über die Aufgabe des Bekanntgabewillens zu informieren (AEAO zu § 124 Nr. 5).

3. Zugang des Verwaltungsaktes

Ein Verwaltungsakt ist zugegangen, wenn er derart in den Machtbereich des Empfängers gelangt ist, dass diesem die Kenntnisnahme möglich ist und nach den allgemeinen Gepflogenheiten auch erwartet werden kann.

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