BFH Beschluss v. - V B 168/03

Freiwillige Zahlungen vor Festsetzung der Steuer für die Zinsberechnung nach § 233a AO unbeachtlich

Gesetze: AO §§ 227, 233a

Instanzenzug:

Gründe

I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) meldete einen im Jahr 1998 (Streitjahr) ausgeführten Umsatz in Höhe von 30 000 DM, über den sie im Januar 1999 eine Rechnung erstellt hatte, erst in ihrer Umsatzsteuer-Voranmeldung für das erste Kalendervierteljahr 1999 an und entrichtete die darauf entfallende Umsatzsteuer im April 1999. Am reichte die Klägerin eine berichtigte Umsatzsteuer-Voranmeldung für das erste Kalendervierteljahr 1999 sowie die Umsatzsteuer-Jahreserklärung für 1998 ein; dabei berücksichtigte sie den bezeichneten Umsatz nunmehr zutreffend im Jahr 1998. Die Umsatzsteuer-Jahreserklärung für 1998 führte zu einer festzusetzenden Umsatzsteuer in Höhe von 7 946,80 DM und zu einem Unterschiedsbetrag in Höhe von 5 005,30 DM.

Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) setzte daraufhin durch Bescheid vom für den Zeitraum vom bis zum Zinsen nach § 233a der Abgabenordnung (AO 1977) in Höhe von 50 DM gegen die Klägerin fest. Der Bescheid wurde bestandskräftig.

Mit Schreiben vom beantragte die Klägerin beim FA den Erlass der festgesetzten Zinsen wegen sachlicher Unbilligkeit, weil am Beginn des nach § 233a AO 1977 maßgebenden Zinslaufs (am ) die 4 800 DM, die auf den nunmehr für 1998 erklärten Umsatz entfielen, bereits mit der Umsatzsteuer-Voranmeldung für das erste Kalendervierteljahr 1999 im April 1999 gezahlt worden seien.

Das FA lehnte den Antrag ab. Einspruch und Klage blieben erfolglos. Das Finanzgericht (FG) führte zur Begründung im Wesentlichen aus: Die Klägerin habe durch die verspätete Anmeldung des streitigen Umsatzes für die Dauer von drei Monaten einen Liquiditätsvorteil erlangt. Dass dieser Liquiditätsvorteil zu einem Zeitpunkt bestanden habe, als der Zeitraum für die gesetzlich vorgesehene Verzinsung aufgrund der bis zum laufenden Karenzzeit noch nicht begonnen habe, bedeute nicht, dass das FA verpflichtet gewesen sei, die Zinsen wegen sachlicher Unbilligkeit zu erlassen.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit der Nichtzulassungsbeschwerde, die sie auf sämtliche Zulassungsgründe gemäß § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) stützt.

II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

1. Nach § 115 Abs. 2 FGO ist die Revision zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO), wenn die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) erfordert (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) oder wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO). In der Beschwerdebegründung müssen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO dargelegt werden (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO).

2. Die Beschwerde der Klägerin genügt nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO an die Darlegung eines Revisionszulassungsgrundes.

a) Soweit die Klägerin Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) begehrt, hat sie mit ihrer Kritik am Wortlaut des § 233a AO 1977 sowie ihren allgemeinen Ausführungen zur „Verchaotung des Rechts” usw. schon keine konkrete Rechtsfrage aufgeworfen, die im Interesse der Allgemeinheit geklärt werden müsste (vgl. dazu z.B. BFH-Beschlüsse vom II B 122/01, BFH/NV 2003, 64; vom XI B 172/01, BFH/NV 2003, 652).

b) Ein Verfahrensmangel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) ist ebenfalls

nicht dargelegt.

Soweit die Klägerin unzureichende Erörterung der Streitsache mit den Beteiligten (§ 93 Abs. 1 FGO) und fehlende Unabhängigkeit der Finanzgerichte rügt, ist nicht dargetan, dass die angefochtene Entscheidung darauf i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO „beruht”.

Soweit die Klägerin ferner geltend macht, das Urteil sei „aus logischer Sicht ein Trugschluss” und verstoße —im Wesentlichen deshalb— gegen das Rechtsstaatsprinzip, wird damit kein Verfahrensmangel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO gerügt. Ein solcher Mangel setzt einen Verstoß gegen das Gerichtsverfahrensrecht voraus (vgl. z.B. , BFH/NV 2000, 1493).

c) Schließlich erfordert weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) eine Zulassung der Revision.

Der Senat hat bereits entschieden, dass freiwillige Zahlungen des Steuerpflichtigen auf die Steuerschuld vor deren Festsetzung für die Zinsberechnung nach dem Soll-Prinzip grundsätzlich unbeachtlich sind (vgl. , BFHE 200, 26, BStBl II 2003, 115).

Die Klägerin hat nicht vorgetragen, dass gegen diese Entscheidung in Rechtsprechung oder Literatur gewichtige neue, vom BFH noch nicht geprüfte rechtliche Gesichtspunkte vorgetragen wurden (vgl. dazu , BFH/NV 2000, 951). Die Einwendungen, die sie selbst gegen diese Entscheidung vorbringt, sind abwegig und erfordern deshalb kein Revisionsverfahren (vgl. dazu , BFHE 106, 276, BStBl II 1972, 792).

3. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO ab.

Fundstelle(n):
QAAAB-26711