Oberfinanzdirektion Koblenz - S 0338 A - St 35 2

Vorläufige Steuerfestsetzung im Hinblick auf anhängige Musterverfahren (§ 165 Abs. 1 AO);

Ruhenlassen von außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahren (§ 363 Abs. 2 AO)

Bezug:

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder wird die Anlage (Vorläufigkeitskatalog) zum (BStBl 2003 I S. 338), zuletzt neu gefasst durch (BStBl 2004 I S. 361), mit sofortiger Wirkung wie folgt gefasst:

„Festsetzungen der Einkommensteuer sind hinsichtlich folgender Punkte vorläufig vorzunehmen:

  1. Beschränkte Abziehbarkeit von Vorsorgeaufwendungen (§ 10 Abs. 3 EStG)

  2. Anwendung des § 32 Abs. 7 EStG (Haushaltsfreibetrag) für die Veranlagungszeiträume 2002 und 2003

  3. Anwendung des § 32c EStG für die Veranlagungszeiträume 1994 bis 2000

  4. Höhe des Behinderten-Pauschbetrags (§ 33b Abs. 3 EStG)

  5. Anwendung des Mindeststeuersatzes bei beschränkt Steuerpflichtigen (§ 50 Abs. 3 Satz 2 EStG).

Der Vorläufigkeitsvermerk gemäß Nummer 2 ist sämtlichen Einkommensteuerfestsetzungen mit einer Günstigerprüfung nach § 31 EStG beizufügen. Er umfasst sowohl die Frage, ob die Abschmelzung des Haushaltsfreibetrags (§ 32 Abs. 7 EStG) verfassungswidrig ist, als auch die Frage, ob § 32 Abs. 7 EStG Ehegatten in verfassungswidriger Weise benachteiligt.

Der Vorläufigkeitsvermerk gemäß Nummer 3 ist auch Bescheiden über die gesonderte (und ggf. einheitliche) Feststellung von Einkünften beizufügen. Abweichend von Abschnitt IV ist auf Antrag des Steuerpflichtigen Aussetzung der Vollziehung zu gewähren, soweit in dem angefochtenen Bescheid die einem Organträger zugerechneten Einkommen oder Einkommensteile der Organgesellschaft nicht in die Tarifbegrenzung nach § 32c EStG einbezogen worden sind (BFH-Beschlüsse vom , BStBl 1998 II S. 608, und vom , BStBl 2003 II S. 661).

In den Fällen der Nummer 5 kann nach Maßgabe des (BStBl 2001 I S. 594) in anhängigen Rechtsbehelfsverfahren auf Antrag des Steuerpflichtigen Aussetzung der Vollziehung gewährt werden.

Soweit in den vorgenannten Fällen eine Aussetzung der Vollziehung in Betracht kommt, sind abweichend von Abschnitt II Nr. 2 einschlägige Einsprüche nicht zurückzuweisen, sondern ruhen zu lassen, falls nicht der Steuerpflichtige ausdrücklich eine Einspruchsentscheidung begehrt.

Ferner können abweichend vom (BStBl 2004 I S. 361) Einspruchsverfahren, in denen die Verfassungswidrigkeit der für Veranlagungszeiträume ab 1999 geltenden Vorschriften zur Besteuerung der Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG bzw. aus Termingeschäften im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG geltend gemacht wird, unter den Voraussetzungen des § 363 Abs. 2 AO grundsätzlich ruhen. Im Interesse einer baldigen verfassungsrechtlichen Klärung sollte aber in einigen geeigneten Verfahren über die Einsprüche entschieden werden.”

Zusatz der OFD:

Mit (BStBl 2004 I S. 361) wurde die Anlage zum zu Nrn. 2 und 3 dahingehend geändert, dass Festsetzungen der Einkommensteuer bei positiven Einkünften aus privaten Wertpapierveräußerungsgeschäften i. S. des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG bzw. aus Termingeschäften i. S. des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG für Veranlagungszeiträume ab 2000 nicht mehr vorläufig vorzunehmen sind. Dies geschah im Hinblick auf das (Verfassungswidrigkeit der Besteuerung privater Veräußerungsgeschäfte mit Wertpapieren). Wegen der Umsetzung des o.a. BMF-Schreibens wird auf die Kurzinformation der Steuergruppe St 3 Nr. 51/04 verwiesen.

Einkommensteuerfestsetzungen werden nach Nr. 2 des Vorläufigkeitskatalogs hinsichtlich der Anwendung des § 32 Abs. 7 EStG (Haushaltsfreibetrag) nur für die Veranlagungszeiträume 2002 und 2003 vorläufig durchgeführt.

Nach den im Haushaltsbegleitgesetz 2004 vom (BStBl 2004 I S. 120) getroffenen Regelungen ist § 32 Abs. 7 EStG bereits ab dem Veranlagungszeitraum 2004 nicht mehr anwendbar. Ferner wurde durch dieses Gesetz ein neuer Entlastungsbetrag für Alleinerziehende (§ 24b EStG) eingeführt. Während der frühere Haushaltsfreibetrag nach dem Verständnis des Bundesverfassungsgerichts den Erziehungsaufwand für Kinder ausglich, soll der Entlastungsbetrag nach § 24b EStG die höheren Kosten für die eigene Lebens- bzw. Haushaltsführung der sogenannten „echten” Alleinerziehenden abgelten. Bezüglich der Anwendung des neuen § 24b EStG ab Veranlagungszeitraum 2004 sind keine vorläufigen Steuerfestsetzungen vorzunehmen. § 32 Abs. 7 EStG und § 24b EStG unterscheiden sich sowohl in den Tatbestandsvoraussetzungen als auch in ihrer Zielrichtung.

In dem in einem Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren ergangenen Beschluss vom – III B 84/01 – (BFH/NV 2003 S. 1164) vertritt der BFH die Auffassung, dass der Gesetzgeber nicht verpflichtet ist, die Höhe des Behinderten-Pauschbetrags (§ 33b Abs. 3 EStG) an die gestiegenen Lebenshaltungskosten anzupassen. Gegen diesen BFH-Beschluss wurde Verfassungsbeschwerde erhoben (Az. des BVerfG: 2 BvR 1059/03). Einkommensteuerfestsetzungen sind daher hinsichtlich der Höhe des Behinderten-Pauschbetrags (§ 33b Abs. 3 EStG) nach Nr. 4 des Vorläufigkeitskatalogs vorläufig durchzuführen. Der Vorläufigkeitsvermerk erstreckt sich jedoch nicht auf die Höhe des Hinterbliebenen-Pauschbetrags (§ 33b Abs. 4 EStG) und des Pflege-Pauschbetrags (§ 33b Abs. 6 EStG). Die maschinelle Umsetzung erfolgt seit dem .

Oberfinanzdirektion Koblenz v. - S 0338 A - St 35 2

Auf diese Anweisung wird Bezug genommen in folgenden Verwaltungsanweisungen:


Fundstelle(n):
JAAAB-26265