Restaurierung von als Denkmal geschützten Wandmalereien in einem Gutshaus
Leitsatz
Erstreckt sich die Denkmaleigenschaft eines der Nutzungswertbesteuerung unterliegenden Gutshauses eines Land- und Forstwirts auch auf im Innern angebrachte Wandmalereien, ist der Aufwand für die Restaurierung der Wandmalereien als Betriebsausgabe abziehbar.
Gesetze: EStG § 13 Abs. 2 Nr. 2EStDV § 82k
Instanzenzug: (EFG 2003, 614) (Verfahrensverlauf),
Gründe
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist Gesamtrechtsnachfolgerin ihres im Jahre 1997 verstorbenen Ehemanns (E). Für die Streitjahre (1989 und 1990) wurden die Eheleute zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.
E war Eigentümer eines rd. 131 ha großen land- und forstwirtschaftlichen Betriebes in A, dessen Nutzflächen überwiegend verpachtet waren. Die hieraus erzielten Einkünfte wurden weiterhin als solche aus Land- und Forstwirtschaft erklärt (Wirtschaftsjahr vom 1. Juli bis 30. Juni). Der Gewinn wurde nach § 4 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ermittelt. E versteuerte den Nutzungswert des 376 qm großen Wohnhauses. Das Wohnhaus ist Teil eines Ensembles; die übrigen Häuser sind vermietet.
Im Sommer 1989 ließen die Eheleute den 42 qm großen Saal des Wohnhauses, der nur zu besonderen Anlässen benutzt wird, sanieren. Dabei wurden unter anderem das Parkett abgeschliffen, eine Beleuchtungsanlage installiert sowie Malerarbeiten an Fenstern, Türen und Decken vorgenommen. Der Dipl. Restaurator und akad. Bildhauer B restaurierte die 1920 von einem bedeutenden Maler (M) geschaffenen Wandmalereien des Saales für 15 417,36 DM. Dieser Betrag wurde mit den anderen Sanierungsaufwendungen als Betriebsausgaben im Wirtschaftsjahr 1989/90 abgezogen.
M war mit dem damaligen Eigentümer des Anwesens, einem Verwandten des Klägers, befreundet gewesen. Das Malprogramm sollte die Geschichte der Familie des E sowie örtliche Historien und heimatliches Brauchtum wiedergeben. Eine Wand zeigt den Stammbaum der Familie. Andere Motive stellen das Leben auf dem Lande dar; es sind Tanz-, Ernte-, Jagd- und Vorleseszenen. Die Personen sind in Trachten abgebildet.
Die Nutzungswertbesteuerung für die selbst genutzte Wohnung wurde zum abgewählt.
Im Rahmen einer Außenprüfung für die Jahre 1989 bis 1991 erhöhte der Prüfer u.a. den Nutzungswert für die selbst genutzte Wohnung auf 14 200 DM jährlich. Die Aufwendungen für die Restaurierungen der Wandmalereien sah er als privat veranlasst an. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) erließ entsprechend geänderte Einkommensteuerbescheide 1989 und 1990. Mit dem Einspruch machte die Klägerin geltend, das Wohnhaus sei als Baudenkmal beim Landesverwaltungsamt eingetragen. Die Wandmalereien seien kein selbständig nutzbares Wirtschaftsgut, sondern untrennbar mit der Wand verbunden. Sie seien Betriebsvermögen und mit einem privat genutzten Bild nicht zu vergleichen. Die Instandhaltungsmaßnahmen seien wegen des Abblätterns der Farbe und der Auflösung des Untergrundes erforderlich gewesen. Voraussetzung für die Abzugsfähigkeit als Betriebsausgabe sei gerade nicht, dass die Aufwendungen notwendig, angemessen, üblich und zweckmäßig seien. Die Wandmalerei sei als Alternative zu einer konventionellen Tapezierung oder einem konventionellen Anstrich zu sehen.
Der Einspruch hatte keinen Erfolg.
Da die Klägerin die nach § 82k der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) erforderliche Bescheinigung der Denkmalschutzbehörde nicht beigebracht habe, könne dahinstehen, ob die Sanierungskosten nach dieser Vorschrift abzugsfähig wären.
Mit der Klage machte die Klägerin insbesondere geltend, bei der Wandmalerei handele es sich um kein selbst nutzbares Wirtschaftsgut; sie teile das Schicksal der Gebäudesubstanz. Ihre Instandhaltung unterscheide sich nicht von der Renovierung eingebauter Heizungs-, Wasserversorgungs- und Entwässerungsanlagen. Auf den Zustand oder die Brauchbarkeit der erneuerten Teile komme es nicht an (Abschn. 157 Abs. 1 der Einkommensteuer-Richtlinien —EStR—), weil der Art bzw. Funktion nach entsprechende Teile bereits vorhanden gewesen seien. Die Wandmalerei sei bereits 1920 angebracht worden.
Der Sachverhalt des (BFHE 84, 37, BStBl III 1966, 13) sei mit dem des Streitfalls nicht vergleichbar. Dort sei es um Herstellungskosten i.S. von § 7b EStG gegangen, für deren Berücksichtigung eine Einkunftserzielungsabsicht nicht erforderlich gewesen sei.
Kunstgegenstände und Antiquitäten könnten trotz eingeschränkter Nutzungsmöglichkeit zum Betriebsvermögen gehören, z.B. wenn sie der Repräsentation dienten, was bei Kunstwerken regelmäßig der Fall sei. Grund für die Restaurierung seien die schadhafte Bausubstanz, Risse und sonstige Schäden der Wände gewesen, die durch das Ausblühen des Mörtels entstanden seien. Daher sei nicht nur die Wandmalerei selbst restauriert, sondern auch der Untergrund durch sulfatbeständigen Mörtel ersetzt worden.
Das Wohngebäude sei in das Verzeichnis der Kulturdenkmale aufgenommen worden. Die Denkmaleigenschaft beziehe sich auch auf die Wandmalereien. Alle Maßnahmen (auch Instandsetzungen ohne Veränderungen) am Gebäude oder dessen denkmalwerten Bestandteilen bedürften einer denkmalrechtlichen Genehmigung.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2003, 614 veröffentlicht.
Mit der vom FG wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassenen Revision macht die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts geltend.
Sie beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben, den Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft für das Wirtschaftsjahr 1989/90 um 15 417,36 DM zu mindern und die Einkommensteuer 1989 und 1990 entsprechend herabzusetzen.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Die Revision ist begründet. Das angefochtene Urteil ist aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung —FGO—).
Das FG hat die Aufwendungen für die Instandsetzung der Wandmalereien zu Unrecht nicht zum Abzug als Betriebsausgaben zugelassen.
1. Da E die Nutzungswertbesteuerung erst zum abgewählt hat, haben FA und FG zutreffend angenommen, dass das Wohnhaus entsprechend der Übergangsregelung in § 52 Abs. 15 EStG a.F. in den beiden Streitjahren noch zum Betriebsvermögen des Verpachtungsbetriebes gehört hatte (§ 13 Abs. 2 Nr. 2 EStG a.F.). Insbesondere ist es nicht zu beanstanden, dass das FG davon ausgegangen ist, dass das Wohngebäude mit 376 qm Wohnfläche die bei Betrieben gleicher Art übliche Größe nicht überschritt. Denn der land- und forstwirtschaftliche Betrieb des E war 131 ha groß. In einem solchen Fall kann selbst ein größeres Gutshaus noch zum land- und forstwirtschaftlichen Betriebsvermögen zählen (Leingärtner/Kanzler, Besteuerung der Landwirte, Kap. 17 Rz. 17). Auch ist es unerheblich, ob ein solcher Betrieb vom Eigentümer aktiv bewirtschaftet wird oder ob der Eigentümer den Betrieb, ohne ihn aufzugeben, verpachtet hat (Leingärtner/Kanzler, a.a.O., Kap. 17 Rz. 31). Zudem wurde hier noch ein nicht unbeträchtlicher Teil der Nutzflächen aktiv bewirtschaftet.
2. a) Grundsätzlich konnte ein Land- oder Forstwirt, wenn der Nutzungswert der von ihm genutzten Wohnung zu den Einkünften i.S. von § 13 Abs. 2 Nr. 2 EStG a.F. (vgl. zu den als Baudenkmale geschützten Gebäuden und Gebäudeteilen § 13 Abs. 2 Nr. 2 EStG n.F.) gehörte, nach der Übergangsregelung sämtliche im Zusammenhang mit der selbst genutzten Wohnung stehenden Instandhaltungsaufwendungen als Betriebsausgaben abziehen. Diese Möglichkeit besteht nach § 13 Abs. 2 Nr. 2 EStG n.F. nach dem noch dann fort, wenn das bewohnte Gebäude oder der bewohnte Gebäudeteil nach den jeweiligen landesrechtlichen Vorschriften ein Baudenkmal ist. Das setzt indes jeweils voraus, dass die instand gesetzten Teile des Gebäudes land- und forstwirtschaftliches Betriebsvermögen waren oder noch sind. Daraus hat das FG zutreffend geschlossen, dass ein normaler Einrichtungsgegenstand wie ein an der Wand angebrachtes Gemälde nicht von der Nutzungswertbesteuerung erfasst war und folglich eine Restaurierung eines solchen Bildes nicht zu Betriebsausgaben des Land- und Forstwirts führen kann.
b) Nach den im Klageverfahren vorgelegten Auskünften des Landkreises vom und vom ist nicht nur das Wohnhaus ein Baudenkmal, sondern erstreckt sich die Denkmaleigenschaft auch auf die historische Wandmalerei im Innern des Hauses. Davon ist das FG ausgegangen. Es hat zudem angenommen, dass die Wandmalerei zivilrechtlich wesentlicher Bestandteil des Gebäudes i.S. von § 93 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) ist. Dem ist zuzustimmen, weil die Malerei fest mit den Wänden verbunden ist und von diesen nicht getrennt werden kann, ohne dass die Malereien oder die darunter liegende Wand zerstört würden.
c) Entgegen der Ansicht des FG stehen die Wandmalereien jedoch nicht in einem anderen Nutzungs- und Funktionszusammenhang als das Gebäude selbst. Wie der Große Senat des BFH in seinem Beschluss vom GrS 5/71 (BFHE 111, 242, BStBl II 1974, 132) klargestellt hat, rechnen zum Gebäude sämtliche Gebäudeteile, es sei denn, sie dienten nicht zur normalen Nutzung des Gebäudes, sondern zu einem davon verschiedenen Zweck. Deshalb ist eine Wandmalerei im Innern eines Hauses —nicht anders als eine Heizungsanlage— i.S. der Nutzungswertbesteuerung nicht als ein vom Gebäude gesondertes Wirtschaftsgut anzusehen. Sie ist insoweit mit einer Gartenanlage vergleichbar (vgl. , BFHE 180, 65, BStBl II 1997, 25), die zwar wie das Gebäude selbst der Befriedigung des persönlichen Wohnbedürfnisses dient (Senatsurteil vom IV 318/59 U, BFHE 75, 89, BStBl III 1962, 302), aber nach der damaligen Rechtslage gleichwohl bei der Nutzungswertbesteuerung grundsätzlich werterhöhend zu berücksichtigen war.
3. a) Das legt es nahe, die hier strittigen Wandmalereien nicht anders zu behandeln als eine sehr aufwendige Tapete oder eine kostbare Holzvertäfelung. Das BFH-Urteil in BFHE 84, 37, BStBl III 1966, 13, das Aufwendungen in Höhe von rd. 4 200 DM im Jahr 1958 für ein Bildmosaik nicht zu den Herstellungskosten des Gebäudes i.S. von § 7b EStG rechnete, steht dem nicht entgegen. Allerdings verglich der BFH das Bildmosaik auch mit einer Wandmalerei, die ebenso wie normale Einrichtungsgegenstände nicht durch § 7b EStG begünstigt sei. Doch beruht dies auf dem nur für diese Vorschrift entwickelten Herstellungskostenbegriff (vgl. , BFHE 138, 23, BStBl II 1983, 364, und vom IX R 107/84, BFH/NV 1986, 284). Darunter fallen nur die üblichen Herstellungskosten des Gebäudes selbst. Deshalb waren etwa auch die Aufwendungen für eine Gartenanlage (, BFHE 84, 33, BStBl III 1966, 12) oder für ein Schwimmbad (BFH-Urteil in BFH/NV 1986, 284) nicht begünstigt. Sinn und Zweck des § 7b EStG war, die Bildung von Eigentum zu fördern. Aus eigentumspolitischen Gründen ging es darum, vor allem kleinere Gebäude zu begünstigen (BTDrucks IV/2008). Besondere Anlagen und Einrichtungen waren daher von der Förderung ausgenommen, es sei denn, sie waren allgemein üblich. Die eigentliche Ausstattung des Gebäudes (wie etwa Tapeten) selbst unterlag keiner Begrenzung (, BFHE 76, 313, BStBl III 1963, 115).
b) Danach ist die hier strittige Wandmalerei nicht wie ein rechtlich selbständiger Einrichtungsgegenstand (z.B. ein Gemälde) zu behandeln. Es ist dann aber zu beachten, dass sie wie ein Garten (, BFHE 107, 199, BStBl II 1973, 10) oder ein Schwimmbad (BFH-Urteil in BFH/NV 1986, 284) die Annehmlichkeit des Wohnens erhöhte. Sie ist daher —anders als ein frei bewegliches Gemälde— für die Höhe des zu versteuernden Nutzungswertes i.S. von § 13 Abs. 2 Nr. 2 EStG a.F. und n.F. zu berücksichtigen. Dieser ist eine fiktive Einnahme, die u.U. mangels geeigneter Vergleichswerte auf der Grundlage einer angemessenen Verzinsung des eingesetzten Kapitals zu schätzen ist (Senatsurteil vom IV R 105/72, BFHE 112, 35, BStBl II 1974, 608). Die Anschaffungskosten der Wandmalerei sowie ihr bleibender Wert wirken sich für den anzusetzenden Nutzungswert durchaus erhöhend aus (vgl. , BFH/NV 1988, 636). Das war bei den normalen Einfamilienhäusern, deren Herstellungskosten nach § 7b EStG begünstigt waren, nicht der Fall. Hier wurde der Nutzungswert nur mit 1 v.H. des Einheitswerts angesetzt (vgl. § 21a EStG).
4. Der erkennende Senat sieht sich in seiner Auffassung durch die damals geltende Vorschrift des § 82k EStDV (vgl. im Übrigen § 11b EStG) bestätigt. Danach kann der Steuerpflichtige größeren Erhaltungsaufwand für ein als Denkmal geschütztes Gebäude unter bestimmten Voraussetzungen auf zwei bis fünf Jahre verteilen. Das galt nach § 82k Abs. 1 Satz 2 EStDV ausdrücklich auch für Aufwendungen für einen Gebäudeteil. Dieser musste jedoch ein Denkmal sein. Nach der Ansicht des Senats kann „Gebäudeteil” auch eine Wandmalerei sein (ebenso Kleeberg/Eberl, Kulturgüter in Privatbesitz, 2. Aufl. 2001, Rdnr. 462; vgl. Keller in Korn, Einkommensteuergesetz, Kommentar, § 7i Rz. 7; Blümich/Erhard, Einkommensteuergesetz, Körperschaftsteuergesetz, Gewerbesteuergesetz, § 7i EStG Rz. 17). Mit dem Begriff „Gebäudeteil” hat der Gesetzgeber klar genug zu erkennen gegeben, dass die Erhaltung eines solchen Kulturguts begünstigt ist. Entscheidend ist die Denkmaleigenschaft (vgl. Kleeberg in Kirchhof/Söhn/Mellinghof, Einkommensteuergesetz, § 7i Rdnr. B 3, m.w.N.). Deshalb ist unerheblich, dass die hier zu beurteilenden Wandmalereien urheberrechtlich Gegenstand eigener Rechte sind (vgl. Staudinger/Dilcher, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch mit Einführungsgesetz und Nebengesetzen, 13. Bearbeitung 1995, § 93 BGB Rn. 27). An ihrer Zugehörigkeit zum Gebäude und ihrem Eingang in den Nutzungswert ändert das nichts.
5. Die Sache ist nicht spruchreif. Das FG hat von seinem Standpunkt aus zu Recht nicht untersucht, ob die geltend gemachten Aufwendungen abzugsfähig sind oder nicht. Obwohl die Aufwendungen der Höhe nach nicht strittig sind, kann der Senat nicht durchentscheiden. Da der Wert der Wandmalereien sich erhöhend auf den Wert der zu versteuernden Nutzung des Gebäudes auswirken kann, das FA den Nutzungswert aber unter Außerachtlassung der Wandmalereien ermittelt hat, muss dieser Wert neu bestimmt werden.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Verwaltungsanweisungen:
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BStBl 2004 II Seite 945
BB 2004 S. 2062 Nr. 38
BFH/NV 2004 S. 1464
BFH/NV 2004 S. 1464 Nr. 10
BStBl II 2004 S. 945 Nr. 21
DStRE 2004 S. 1207 Nr. 20
FR 2004 S. 1171 Nr. 20
INF 2004 S. 765 Nr. 20
KÖSDI 2004 S. 14352 Nr. 10
NWB-Eilnachricht Nr. 42/2005 S. 3525
StB 2004 S. 362 Nr. 10
UAAAB-26257