Keine Beschwerde gegen Beschl. über die Ablehnung von Gerichtspersonen und über die Verbindung und Trennung von Verfahren
Gesetze: FGO § 128 Abs. 2, §§ 73, 74
Instanzenzug:
Gründe
I. Dem Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) wurde mit Bescheid des Beklagten und Beschwerdegegners (Finanzministerium) mitgeteilt, dass er die Steuerberaterprüfung 2002 aufgrund der Noten der schriftlichen Aufsichtsarbeiten nicht bestanden habe. Nachdem der Kläger gegen die Prüfungsentscheidung Klage erhoben hatte, fand auf seinen Antrag ein Überdenkungsverfahren statt, welches zur Vergabe jeweils eines weiteren Wertungspunktes durch die Prüfer in zwei der Aufsichtsarbeiten führte, was an der Gesamtbenotung jedoch nichts änderte. Mit Schriftsatz vom stellte der Kläger einen Befangenheitsantrag gegen den Berichterstatter des Senats des Finanzgerichts (FG) mit der Begründung, dass die beantragte Aussetzung des Verfahrens zur Durchführung des Überdenkungsverfahrens nicht gewährt worden sei, dass ihm ein Antrag des Finanzministeriums auf Fristverlängerung nicht zur Kenntnis gegeben worden sei und dass der Berichterstatter die Ergebnisse des Überdenkungsverfahrens übernommen habe. Mit Beschluss vom , an dem der abgelehnte Berichterstatter nicht mitwirkte, lehnte das FG das Befangenheitsgesuch ab. Der Beschluss wurde dem Kläger zu Beginn der am selben Tag stattfindenden mündlichen Verhandlung ausgehändigt. Auf diese mündliche Verhandlung erging unter Mitwirkung des Berichterstatters das Urteil des FG, mit welchem die Klage abgewiesen wurde.
Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers, welche er im Wesentlichen auf das Vorliegen von Verfahrensmängeln (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung —FGO—) sowie daneben auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) stützt.
II. Die Beschwerde ist unzulässig, weil die vom Kläger geltend gemachten Gründe für die Zulassung der Revision nicht schlüssig dargelegt sind, wie es § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO verlangt. Auch unter Zugrundelegung des Beschwerdevorbringens liegen die gerügten Verfahrensmängel nicht vor.
1. Beschlüsse über die Ablehnung von Gerichtspersonen können nach § 128 Abs. 2 FGO nicht mit der Beschwerde angefochten werden. Da dem Endurteil vorangegangene Entscheidungen, die nach der FGO unanfechtbar sind, nicht der Beurteilung der Revision unterliegen (§ 124 Abs. 2 FGO), kann eine Nichtzulassungsbeschwerde grundsätzlich nicht auf die Ablehnung eines Befangenheitsgesuchs gestützt werden. Geltend gemacht werden können nur solche Verfahrensmängel, die als Folge der Ablehnung des Befangenheitsgesuchs dem angefochtenen Urteil anhaften. Ein Zulassungsgrund liegt daher nur vor, wenn die Ablehnung gegen das Willkürverbot verstößt oder ein Verfahrensgrundrecht verletzt wird, wie der Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes —GG—) oder den gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG). Das Verfahrensgrundrecht auf den gesetzlichen Richter greift jedoch nur bei willkürlichen Verstößen gegen Verfahrensvorschriften ein. Deshalb hat eine Besetzungsrüge nur dann Aussicht auf Erfolg, wenn sich dem Beschwerdevorbringen entnehmen lässt, dass der Beschluss über die Zurückweisung des Ablehnungsgesuches nicht nur fehlerhaft, sondern greifbar gesetzwidrig und damit willkürlich ist (Beschlüsse des Bundesfinanzhofs —BFH— vom III B 51/02, BFH/NV 2003, 640; vom III B 87/02, BFH/NV 2003, 1218; vom III B 14/03, BFH/NV 2004, 224; Senatsbeschluss vom VII S 20/03 (PKH), BFH/NV 2004, 375).
Derartiges Vorbringen enthält die Beschwerde im Streitfall nicht. Die Beschwerde macht geltend, dass der mit dem das Befangenheitsgesuch abgelehnt wurde, fehlerhaft sei und begründet diese Ansicht, trägt aber keine Umstände vor, aus denen sich eine greifbar gesetzwidrige Ablehnung des Befangenheitsgesuchs und damit eine Verletzung des Rechts auf den gesetzlichen Richter ergeben könnte. Hierfür lässt sich im Übrigen dem Beschluss des FG auch nichts entnehmen, dessen Erwägungen sich an den maßgebenden gesetzlichen Vorschriften und der dazu ergangenen Rechtsprechung orientieren und keineswegs unvertretbar sind.
2. Die Rüge einer unzulässigen Verbindung des vorliegenden finanzgerichtlichen Klageverfahrens 6 K 34/03 mit dem Verfahren 6 K 64/02 ist schon deshalb nicht schlüssig begründet, weil es zu einer solchen Verbindung von Verfahren offensichtlich nicht gekommen ist, denn in beiden Verfahren hat das FG gesondert durch Urteil entschieden. Ein in der Akte befindlicher Vermerk „Zusammenführung mit 6 K 64/02” stellt erkennbar keine Verfahrensverbindung dar. Im Übrigen können auch Beschlüsse über die Verbindung und Trennung von Verfahren nach § 128 Abs. 2 FGO nicht mit der Beschwerde angefochten werden und unterliegen daher nicht der Beurteilung der Revision (§ 124 Abs. 2 FGO), weshalb eine Nichtzulassungsbeschwerde auf eine angeblich fehlerhafte Verfahrensverbindung nicht gestützt werden kann.
3. Mit dem Vorbringen, dass das FG das Verfahren nicht auf den Antrag des Klägers gemäß § 74 FGO zum Zweck der Durchführung des Überdenkungsverfahrens ausgesetzt habe, wird kein Verfahrensmangel dargelegt.
Bei der Entscheidung über die Aussetzung des Verfahrens handelt es sich um eine Ermessensentscheidung des Gerichts (Gräber/ Koch, Finanzgerichtsordnung 5. Aufl., § 74 Rz. 7). Wenn der Senat hinsichtlich der gerichtlichen Anfechtung von Prüfungsentscheidungen mit Beschluss vom VII B 68/93 (BFHE 172, 273, BStBl II 1994, 50) ausgeführt hat, dass die Verhandlung auf Antrag des Klägers gemäß § 74 FGO zur Durchführung des verwaltungsinternen Überdenkungsverfahrens auszusetzen ist, so lag insoweit die Erwägung zugrunde, dass der Prüfling vor einer gerichtlichen Entscheidung die Möglichkeit haben muss, Einwände gegen die Bewertung seiner Prüfungsleistung bei der Prüfungsbehörde rechtzeitig und wirkungsvoll vorzubringen, um ein Überdenken der Bewertungen unter Berücksichtigung seiner Einwände zu erreichen. Dieses vorrangige Überdenkungsverfahren —so der Senat in dem genannten Beschluss— ist auch noch während des gerichtlichen Verfahrens nachholbar, indem die Verhandlung auf Antrag ausgesetzt wird, was bereits in der Tatsacheninstanz zu erfolgen hat, weil nur dort das Ergebnis der verwaltungsinternen Kontrolle als neue Tatsache berücksichtigt werden kann.
Entscheidend ist somit nicht der prozessuale Akt der Verfahrensaussetzung durch das Gericht an sich, sondern allein, dass das vom klagenden Prüfling beantragte Überdenken der Bewertung seiner Prüfungsleistungen durch die ursprünglichen Prüfer noch vor der Verhandlung und Entscheidung des Tatsachengerichts über die Prüfungsanfechtung stattfindet, damit das Ergebnis des Überdenkens vom Gericht berücksichtigt werden kann und der Kläger Gelegenheit erhält zu entscheiden, ob er ggf. seine Klage in Anbetracht des Ergebnisses des Überdenkungsverfahrens in der Hauptsache für erledigt erklärt oder zurücknimmt oder ob er sie mit dem Ziel einer zusätzlichen gerichtlichen Rechtmäßigkeitskontrolle der Prüfungsentscheidung fortführen will. Findet somit —wie im Streitfall— auf Antrag des klagenden Prüflings ein verwaltungsinternes Überdenkungsverfahren bereits statt, welches noch vor der Verhandlung und Entscheidung des Gerichts durch die entsprechende Stellungnahme der Prüfer beendet wird, so ist es nicht ermessensfehlerhaft, wenn das Gericht auf einen Aussetzungsbeschluss verzichtet. Dass der Kläger, auf dessen Antrag das Überdenkungsverfahren bereits stattfindet und der einen entsprechenden Aussetzungsantrag beim Gericht gestellt hat, auf diese Möglichkeit eines Antrags auf Aussetzung des gerichtlichen Verfahrens nicht —wie es die Beschwerde meint— hingewiesen werden muss, liegt auf der Hand.
4. Die nur geringfügige Überschreitung der Zweiwochenfrist des § 104 Abs. 2 FGO stellt keinen Verfahrensmangel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO dar (Senatsbeschluss vom VII R 126/92, BFH/NV 1994, 252; BFH-Beschlüsse vom IV R 12/93 BFH/NV 1995, 56; vom IV S 2/93, BFH/NV 1995, 118). Die Beschwerde macht im Streitfall eine solche geringfügige Fristüberschreitung von lediglich sechs Tagen durch das FG geltend.
5. Ein Verfahrensfehler des FG in der Form der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG, § 96 Abs. 2 FGO) ist ebenfalls nicht schlüssig dargelegt, indem die Beschwerde ausführt, dass der Berichterstatter dem Finanzministerium eine Fristverlängerung für die Abgabe der Stellungnahme im Überdenkungsverfahren gewährt habe, bevor er dem Kläger den entsprechenden Fristverlängerungsantrag des Finanzministeriums zugeleitet habe. Der Anspruch auf rechtliches Gehör umfasst das durch § 96 Abs. 2 FGO gewährleistete Recht der Verfahrensbeteiligten, sich vor Erlass einer gerichtlichen Entscheidung zu den entscheidungserheblichen Tatsachen und Beweisergebnissen äußern zu können. Prozessleitende Anordnungen des Vorsitzenden oder Berichterstatters, mit denen dieser den Verfahrensbeteiligten Gelegenheit gibt bzw. aufgibt, sich zu bestimmten Punkten zu erklären (§ 79 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 FGO), sind keine solchen gerichtlichen Entscheidungen. Zu der Frage, welche Äußerungsfrist das Gericht einem Beteiligten setzt, ist somit nicht zuvor die Gegenseite zu hören. Dies gilt jedenfalls dann, wenn —wie im Streitfall— die Länge der gewährten Äußerungsfrist ersichtlich nicht zu einer Rechtsbeeinträchtigung der Gegenseite führen kann. Die Beschwerde führt insoweit aus, dass dem Kläger durch die dem Finanzministerium gewährte Fristverlängerung im Zusammenspiel mit der fehlenden Anordnung der Aussetzung des Verfahrens die Möglichkeit der Entscheidung genommen worden sei, ob wegen der gerügten Verletzungen formalen Rechts nicht allein das finanzgerichtliche Verfahren zu einem schnelleren Abschluss führen würde und ob deshalb der Antrag auf Überdenken der Prüfungsbewertung zurückzuziehen sei. Dies ist nicht nachvollziehbar. Zum einen stand es dem Kläger im Verlauf des finanzgerichtlichen Klageverfahrens unabhängig von Äußerungsfristen jederzeit frei, seinen Antrag auf Überdenken der Bewertung der Prüfungsentscheidung zurückzunehmen. Zum anderen ist nicht klar, inwieweit eine Rücknahme dieses Antrags zu einer anderen Entscheidung des FG hätte führen können.
6. Ein Verstoß gegen § 53 Abs. 1 und 2 FGO ist nicht dargetan. Die gemäß § 79 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 FGO vom Vorsitzenden oder Berichterstatter den Beteiligten gesetzte Frist zur Erklärung über klärungsbedürftige Punkte ist keine Frist i.S. des § 53 Abs. 1 FGO. Sie dient nur dazu, zum Zweck der Verfahrenskonzentration und der Erledigung des Rechtsstreits in möglichst nur einer mündlichen Verhandlung die Beteiligten zur zügigen Abgabe ihres Vorbringens anzuhalten und das Gericht in die Lage zu versetzen, den Verfahrensfortgang zu überwachen. Im Fall einer Versäumung dieser Erklärungsfrist treten hingegen keine prozessualen Folgen ein, so dass es bei diesen Fristen keines formalisierten Zustellungsverfahrens bedarf. Im Übrigen verkennt die Beschwerde, dass die Entscheidung des Berichterstatters über den Fristverlängerungsantrag —selbst wenn man § 53 Abs. 1 FGO insoweit für anwendbar halten wollte— allein dem Finanzministerium, nicht aber dem Kläger zuzustellen gewesen wäre, denn es war jedenfalls nicht der Kläger, für den eine Frist in Lauf gesetzt worden war. Schließlich fehlt es an Ausführungen im Beschwerdevorbringen, inwieweit die Entscheidung des FG auf dem angeblichen Verfahrensverstoß beruhen kann.
7. Mit der gerügten „Aktenwidrigkeit des gewürdigten Sachverhaltes” wendet sich die Beschwerde gegen die Sachverhaltsdarstellung in dem wobei sie verkennt, dass nicht dieser Beschluss, sondern das Urteil des FG Gegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens ist. Es geht beim Zulassungsgrund des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO allein darum, ob das FG-Urteil auf Verfahrensmängeln beruht.
8. § 29 Abs. 2 der Verordnung zur Durchführung der Vorschriften über Steuerberater, Steuerbevollmächtigte und Steuerberatungsgesellschaften schreibt lediglich vor, dass dem Antragsteller das Ergebnis des Überdenkens schriftlich mitzuteilen ist; weitere Formerfordernisse hinsichtlich der Bekanntgabe des Ergebnisses des Überdenkungsverfahrens enthält die Vorschrift nicht. Es spricht also bei einem Überdenkungsverfahren, welches während des finanzgerichtlichen Klageverfahrens durchgeführt wird, entgegen der Ansicht der Beschwerde nichts dagegen, dass die Prüfungsbehörde das Ergebnis des Überdenkens durch die Prüfer dem FG schriftlich mitteilt und dieses den Schriftsatz an den klagenden Prüfling weiterleitet. Da dem Gericht übersandte Schriftsätze eines Beteiligten nach § 77 Abs. 1 Satz 4 FGO von Amts wegen den übrigen Beteiligten zu übersenden sind, kann die Prüfungsbehörde davon ausgehen, dass dem Prüfling das Ergebnis des Überdenkungsverfahrens auf diese Weise übermittelt wird. Anders als die Beschwerde meint, lag somit in der Übersendung des schriftlichen Überdenkungsergebnisses an das FG kein Formfehler, auf dessen Beseitigung das FG nach § 76 Abs. 2 FGO hätte hinwirken müssen. Auch insoweit fehlt es außerdem an Ausführungen dazu, inwieweit die Entscheidung des FG auf dem angeblichen Verfahrensverstoß beruhen kann.
9. Es ist auch nicht ersichtlich, aus welchem Grund dieser Frage —wie die Beschwerde meint— grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zukommt. Um diese Zulassungsvoraussetzung schlüssig darzulegen, ist es erforderlich, dass der Beschwerdeführer eine konkrete Rechtsfrage formuliert und substantiiert auf ihre Klärungsbedürftigkeit, ihre über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung sowie darauf eingeht, weshalb von der Beantwortung der Rechtsfrage die Entscheidung über die Rechtssache abhängt (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Beschlüsse vom II B 5/95, BFH/NV 1996, 141, m.w.N.; vom V B 23/00, BFH/NV 2000, 1148; Senatsbeschluss vom VII B 178/02, BFH/NV 2003, 214). Diesen Anforderungen wird die Beschwerde nicht gerecht. Das bloße Vorbringen, dass bislang kein Grundsatzurteil des BFH vorliege und dass die Allgemeinheit an der Klärung der Rechtsfrage Interesse habe, ob ein Urteil rechtmäßig sei, das sich „derart auf ein fehlerbehaftetes Komplementärverfahren” stütze, reicht insoweit fraglos nicht.
10. Schließlich ist auch eine Verletzung der Sachaufklärungspflicht durch das FG nicht schlüssig dargelegt. Die Rüge mangelnder Sachaufklärung setzt insbesondere die genaue Angabe der ermittlungsbedürftigen Tatsachen und das voraussichtliche Ergebnis der Ermittlungen voraus. Ferner muss vorgetragen werden, inwieweit die weitere Aufklärung des Sachverhalts zu einer anderen Entscheidung hätte führen können (, BFH/NV 2002, 1049, m.w.N.). Im Streitfall wird jedoch nicht einmal eine konkrete Tatsache bezeichnet, deren mangelnde Aufklärung durch das FG gerügt wird. Die Beschwerde beschränkt sich insoweit auf das Vorbringen, dass „eine richterliche Würdigung der begründeten fachwissenschaftlichen Einwendungen des Klägers” gegen die Bewertungen der Prüfer „zwingend geboten” gewesen sei, und rügt, dass der Berichterstatter des FG-Senats die Überdenkungsergebnisse der Prüfer übernommen und gebilligt habe. Eine konkrete, klärungsbedürftige Tatsache wird damit nicht bezeichnet.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
PAAAB-25012