Keine Anerkennung von Promotionskosten in einem atypischen Fall
Instanzenzug:
Gründe
Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) werden für das Streitjahr 1999 als Eheleute zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger, ein Betriebswirt (FH), erzielte als Vertriebsleiter bei der Firma B-GmbH (GmbH) Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.
Mit der Einkommensteuer-Erklärung 1999 machte der Kläger Aufwendungen für die Durchführung eines Promotionsvorhabens in Höhe von 48 206 DM als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend. Zur Begründung führte er an, auf Grund des laufenden Dissertationsverfahrens an einer ausländischen Universität sei er bereits vorab bei der GmbH in die Geschäftsleitung berufen worden. Nach Abschluss des Verfahrens werde ihm Prokura erteilt. Der Kläger berief sich ferner auf eine Bestätigung der GmbH, wonach die —nicht in den schriftlichen Arbeitsvertrag aufgenommene— Verpflichtung zur Promotion ein wesentlicher Vertragsbestandteil bei seiner Einstellung gewesen sei.
Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) berücksichtigte die geltend gemachten Aufwendungen nicht.
Das Finanzgericht (FG) wies die hiergegen erhobene Klage ab (Entscheidungen der Finanzgerichte —EFG— 2003, 1610). Die Aufwendungen des Klägers stellten keine Werbungskosten dar. Zweifel am Vorliegen von Werbungskosten ergäben sich schon daraus, dass der Kläger nach seinem Fachhochschulstudium im Fachbereich Elektrotechnik neben seiner sich unmittelbar daran anschließenden Berufstätigkeit persönlich ohne Durchführung eines entsprechenden Grundstudiums eine Dissertation im wirtschaftswissenschaftlichen Bereich gefertigt haben wolle. Diese Zweifel würden vertieft, weil sowohl die vom Kläger eingeschaltete X-Gesellschaft als auch der von dieser Gesellschaft vermittelte Doktorvater Universitätsprofessor D. und letztlich auch die ausländische Universität auf einheitlichem Briefpapier mit nahezu identischem Briefkopf firmierten. Letztlich entscheidungserheblich sei indessen, dass die angeführte X-Gesellschaft dem Kläger für das Promotionsverfahren einen Betrag in Höhe von 34 800 DM in Rechnung gestellt habe, und zwar für die Vorbereitung auf die Seminararbeit, für die Forschungsarbeit, für das Erstellen einer Themenliste sowie für die Erstellung des Konzeptes (Manuskript) sowie für weitere Dienstleistungen. Diese Kostenstruktur belege, dass bei dem beabsichtigten Erwerb des Doktortitels die Honorarzahlung und nicht die eigene wissenschaftliche Studienleistung im Vordergrund gestanden habe. Ein gegen Entgelt erworbener Doktortitel dürfe indessen in der Bundesrepublik nicht geführt werden. Das Führen eines solchen Titels sei durch persönliche Motive eines Steuerpflichtigen zumindest mitbeeinflusst.
Mit der Nichtzulassungsbeschwerde machen die Kläger im Wesentlichen geltend, die Revision sei wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung —FGO—) sowie zur Fortbildung des Rechts und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 und 2 FGO) zuzulassen. Zur Begründung führen die Kläger im Wesentlichen an, das FG habe zu Unrecht das Vorliegen von Werbungskosten verneint, da es von einem Erwerb des Doktortitels ausgegangen sei und die eigene wissenschaftliche Studienleistung des Klägers nicht in den Vordergrund gestellt habe. Es sei dem FG verwehrt, insbesondere eigene Mutmaßungen über die wissenschaftliche Studienleistung des Klägers anzustellen und ihm die Fähigkeit für eine Dissertation im wirtschaftswissenschaftlichen Bereich abzusprechen. Die vom FG festgestellten Tatsachen würden die Schlussfolgerungen des FG nicht tragen. Im Übrigen stehe die Entscheidung der Vorinstanz im Widerspruch zum —rechtskräftigen— (EFG 2003, 1371). Diese Entscheidung stehe wiederum im Gegensatz zu den Urteilen des (EFG 2003, 989, Az. des Bundesfinanzhofs —BFH—: VI R 28/03) und des (EFG 2002, 1219, Az. des BFH: VI R 75/02). In diesen beiden Fällen seien die Kosten für ein berufsbegleitendes bzw. berufsqualifizierendes Studium als Werbungskosten anerkannt worden. Es fehle an einer einheitlichen finanzgerichtlichen Rechtsprechung, so dass eine höchstrichterliche Entscheidung des BFH erforderlich sei.
Die Kläger beantragen, die Revision zuzulassen.
Das FA beantragt, die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen und begründet dies im Einzelnen.
Die Beschwerde ist unbegründet. Der Rechtssache kommt keine grundsätzliche Bedeutung mehr zu (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO). Auch eine höchstrichterliche Leitentscheidung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist nicht mehr erforderlich (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO). Die Vorentscheidung entspricht den Grundsätzen der neueren Rechtsprechung des BFH.
1. Ob ein Zulassungsgrund gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 FGO gegeben ist, beurteilt sich nach dem Zeitpunkt der Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde (ständige Rechtsprechung; BFH-Beschlüsse vom II B 74/02, BFH/NV 2003, 1425; vom IV B 56/99, BFH/NV 2000, 552; vom VI B 105/73, BFHE 111, 396, BStBl II 1974, 321; vgl. auch , NJW-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht —NJW-RR— 2003, 352).
2. Nach Ergehen der Vorentscheidung hat der Senat seine Rechtsprechung zur Anerkennung von Promotionskosten geändert. Im Anschluss an seine Urteile vom VI R 120/01 (BFHE 201, 156, BStBl II 2003, 403, zur Umschulung), vom VI R 137/01 (BFHE 201, 211, BStBl II 2003, 407, zum berufsbegleitenden Erststudium), vom VI R 33/01 (BFHE 202, 314, BFH/NV 2003, 1119, zur erstmaligen Berufsausbildung) und vom VI R 50/02 (BFHE 202, 563, BFH/NV 2003, 1381, zum Universitätsstudium im Anschluss an ein Fachhochschulstudium) hat der Senat in seinem Urteil vom VI R 96/01 (BFHE 203, 500, BFH/NV 2004, 404) erkannt, dass Kosten für den Erwerb eines Doktortitels —sofern sie beruflich veranlasst sind— Werbungskosten sein können; sie sind regelmäßig nicht als Kosten der privaten Lebensführung zu beurteilen (vgl. auch die die Revisionen des FA zurückweisenden Senatsurteile jeweils vom VI R 75/02, nicht veröffentlicht —n.v.—, und VI R 28/03, n.v.).
Nach neuerer Rechtsprechung ist für die Anerkennung von Bildungskosten als Erwerbsaufwendungen allein entscheidend, ob ein hinreichend konkreter Zusammenhang mit einer auf Einkunftserzielung gerichteten Tätigkeit des Steuerpflichtigen zu bejahen ist. Liegt ein solcher Veranlassungszusammenhang vor, sind die für die (weiter)qualifizierende Maßnahme aufgewendeten Kosten —entsprechend dem objektiven Nettoprinzip— als Erwerbsaufwendungen zu berücksichtigen. Dies gilt auch für Kosten eines Promotionsvorhabens.
Die Frage, ob nach Maßgabe dieser Grundsätze im jeweiligen Einzelfall ein hinreichend erwerbsbezogener Veranlassungszusammenhang zu bejahen ist oder (ausnahmsweise) ein dem Bereich der privaten Lebensführung zuzuweisendes Promotionsvorhaben vorliegt (zu atypischen Fällen von Hobbypromotionen, Promotionsvermittlungen und -verschaffungen: vgl. ausführlich Theisen, Der Betrieb 2003, 1753) haben in erster Linie die Finanzgerichte nach § 96 Abs. 1 FGO in Anbetracht aller entscheidungserheblichen Umstände zu würdigen.
Der Frage, ob Aufwendungen für ein Promotionsvorhaben zu Erwerbsaufwendungen führen können, kommt angesichts dieser neueren höchstrichterlichen Rechtsprechung keine grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO mehr zu.
Gleiches gilt für den Zulassungsgrund nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO. Die Nichtzulassungsbeschwerde zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO) umfasst zwar auch Fälle der (nachträglichen) Divergenz. Ein derartiger Fall liegt angesichts der neueren höchstrichterlichen Rechtsprechung indessen nicht vor. Gründe dafür, dass eine Revision zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO) erforderlich sein sollte, sind angesichts der Rechtsprechungsänderung durch den Senat gleichfalls nicht ersichtlich.
3. Die Entscheidung der Vorinstanz wird im Kern durch die tatrichterliche Wertung getragen, für den beabsichtigten Erwerb des Doktortitels sei die Zahlung des vereinbarten Entgelts und nicht eine eigene wissenschaftliche Leistung im Vordergrund gestanden; das Führen des angestrebten Titels sei durch persönliche Beweggründe zumindest mitbeeinflusst, weshalb die Vorschrift des § 12 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes eingreife. Soweit die Kläger mit ihren Ausführungen die tatsächliche Würdigung des FG in der angefochtenen Entscheidung —im Stile einer Revisionsbegründung— für unzutreffend halten, wird ein Zulassungsgrund i.S. des § 115 Abs. 2 FGO nicht dargelegt.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2004 S. 1406
BFH/NV 2004 S. 1406 Nr. 10
AAAAB-24810