Veranlassungszusammenhang bei einem Auslandssprachkurs
Instanzenzug:
Gründe
Die 45 Jahre alte, ledige Antragstellerin und Beschwerdeführerin (Antragstellerin) war im Streitjahr 2000 als kaufmännische Angestellte (vom 1. März bis 30. April) und als Unternehmensberaterin tätig. Vom 1. Mai bis bezog sie Krankengeld. Danach zog sie in die Niederlande um. Seit dem erzielte sie dort aus einem Beschäftigungsverhältnis Einkünfte in Höhe von (umgerechnet) 4 681 DM.
In ihrer (korrigierten) Einkommensteuer-Erklärung für 2000 machte die Antragstellerin u.a. Fortbildungskosten für den Besuch einer Steuerfachschule (1 512 DM), Aufwendungen für Lernmaterial (1 423 DM) und für zahlreiche (vergebliche) Bewerbungen (4 689 DM) als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend.
Im Einkommensteuerbescheid vom setzte der Antragsgegner und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) die Einkommensteuer für 2000 unter Berücksichtigung der angeführten Aufwendungen auf 4 458 DM fest. Das Krankengeld und die ausländischen Einkünfte wurden im Wege des Progressionsvorbehalts berücksichtigt. Der Steuerbescheid führte zu einer Einkommensteuer-Nachforderung in Höhe von 2 227,70 €.
Gegen den angeführten Bescheid legte die Antragstellerin Einspruch ein. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen an, die Steuerakten seien an das zuständige FA in den Niederlanden abzugeben. Zugleich stellte sie einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Einkommensteuerbescheids.
Nach erfolglosem Vorverfahren erhob die Antragstellerin Klage, über die noch nicht entschieden ist. Ferner stellte die nunmehr fachkundig vertretene Antragstellerin beim Finanzgericht (FG) einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des streitbefangenen Einkommensteuerbescheids. Zur Begründung ihrer Klage und des vorliegenden Antrags brachte die Antragstellerin (erstmals) vor, es seien noch Aufwendungen in Höhe von 15 665 DM für einen in den Niederlanden durchgeführten Sprachkurs als Werbungskosten bei ihren Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zu berücksichtigen.
Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung war überwiegend erfolglos. Das FG führte im Wesentlichen aus, das FA sei zutreffend davon ausgegangen, dass die Antragstellerin im Streitjahr bis zum in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig gewesen sei. Die Aufwendungen für den Sprachkurs in den Niederlanden stellten jedoch keine (vorab entstandenen) Werbungskosten dar. Berücksichtige man den ursprünglichen Vortrag der Antragstellerin, so seien die Aufwendungen schon deshalb nicht als Werbungskosten anzuerkennen, weil die Ausgaben allein mit den in den Niederlanden zu erzielenden und nicht steuerbaren Einnahmen in unmittelbaren Zusammenhang stünden (§ 3c des Einkommensteuergesetzes —EStG— 2000, jetzt: § 3c Abs. 1 EStG). Auch auf der Grundlage des späteren Vorbringens der Antragstellerin lasse sich ein konkreter Zusammenhang zwischen den streitigen Aufwendungen und der Einkunftsart „nichtselbständige Arbeit” nicht feststellen. Die Antragstellerin habe entweder in Deutschland oder aber in den Niederlanden nichtselbständig arbeiten wollen. Bei einer solchen alternativen Bereitschaft fehle es aber an dem endgültigen Entschluss, im Inland Einkünfte zu erzielen. Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung habe nur Erfolg, soweit der glaubhaft gemachte Teil der Aufwendungen für den Sprachkurs bei der Berechnung des Steuersatzes (sog. negativer Progressionsvorbehalt) zu berücksichtigen sei.
Das FG hat die Beschwerde gegen seinen Beschluss zugelassen. Es berief sich insoweit darauf, dass der Bundesfinanzhof (BFH) die Revision gegen das , Entscheidungen der Finanzgerichte —EFG— 2000, 1073 zugelassen habe. In dem Revisionsverfahren werde die —auch für den Streitfall bedeutsame, ähnlich gelagerte— Frage geklärt, ob Werbungskosten (noch) zu berücksichtigen seien, wenn ein Steuerpflichtiger eine leerstehende Eigentumswohnung sowohl vermieten als auch verkaufen wolle.
Mit ihrer Beschwerde bringt die Antragstellerin im Wesentlichen vor, sie habe die Aufwendungen für den Sprachkurs wegen einer im Inland angestrebten Tätigkeit erbracht. Die Absicht, in den Niederlanden eine Beschäftigung aufzunehmen, habe sie erst im November 2000 gefasst. Damals habe sie auch erstmals Kontakt mit ihrem neuen Arbeitgeber aufgenommen. Die streitbefangenen Aufwendungen stünden nur mit inländischen steuerbaren Einkünften im Zusammenhang.
Die Antragstellerin beantragt (sinngemäß),
unter Aufhebung des die Vollziehung der Einkommensteuer für 2000 in voller Höhe auszusetzen.
Das FA beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Beschwerde ist teilweise begründet.
Nach § 69 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) kann das FG die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsakts ganz oder teilweise aussetzen, wenn ernstliche Zweifel an dessen Rechtmäßigkeit bestehen. Solche Zweifel bestehen nach der Rechtsprechung des BFH, wenn bei summarischer Prüfung neben für die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts sprechenden Umständen auch gewichtige Gründe gegen die Rechtmäßigkeit zutage treten, die Unsicherheit oder Unentschiedenheit in der Beurteilung von Rechtsfragen oder Unklarheiten in der Beurteilung von Tatfragen bewirken (, BFHE 146, 508, BStBl II 1986, 656; ständige Rechtsprechung; vgl. Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 69 Anm. 86, m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt.
Bei der gebotenen summarischen Prüfung des Streitfalles spricht einiges dafür, dass zwischen den Aufwendungen für den Auslandssprachkurs und steuerbaren inländischen Einnahmen ein hinreichender Erwerbszusammenhang besteht. Es ist zwar richtig, dass der finanzgerichtliche Vortrag der Antragstellerin Undeutlichkeiten, wenn nicht Widersprüche enthält. Es kann jedoch nicht übersehen werden, dass sich die Antragstellerin im Streitjahr bei zahlreichen inländischen Arbeitgebern um eine Anstellung beworben hat. Soweit die Antragstellerin hervorhebt, sie habe den Sprachkurs aus erwerbsbezogenen Gründen absolviert (zur Frage der Anerkennung von Sprachkursen: siehe auch Senatsentscheidungen vom VI R 168/00, BFHE 199, 347, BStBl II 2003, 765; vom VI R 46/01, BFHE 198, 563, BStBl II 2002, 579), ergibt sich jedenfalls aus den im finanzgerichtlichen Verfahren vorgelegten Unterlagen, dass in den einschlägigen Stellenangeboten Sprachkenntnisse in der niederländischen Sprache gefordert wurden bzw. die Antragstellerin in ihren Bewerbungen auf ihre guten Kenntnisse in dieser Sprache hingewiesen hat. Bei der gebotenen summarischen Prüfung ist deshalb auch nicht von vornherein von der Hand zu weisen, dass der Entschluss der Antragstellerin, (notgedrungen) eine Anstellung in den Niederlanden anzunehmen, erst gegen Ende des Jahres 2000 gefasst worden ist.
Die Antragstellerin hat lediglich Aufwendungen für den Auslandssprachkurs in Höhe von 6 683 DM für die Zeit von Juni bis September 2000 nachgewiesen. Die Anerkennung dieses Betrags führt gleichwohl nicht dazu, dass eine Einkommensteuerschuld für 2000 entfällt, da Lohnersatzleistungen in Höhe von 31 605 DM und ausländische Einkünfte in Höhe von 4 681 DM in die Berechnung des Steuersatzes einzubeziehen sind (Progressionsvorbehalt; vgl. , BFHE 196, 185, BStBl II 2001, 778).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO. Soweit die Antragstellerin obsiegt hat, ist —entgegen der Auffassung des FG— die Vorschrift des § 137 Satz 1 FGO im Streitfall nicht anzuwenden (vgl. Brandt in Beermann, Steuerliches Verfahrensrecht, § 137 FGO Tz. 23).
Die Befugnis, dem FA die Berechnung des auszusetzenden Steuerbetrags zu übertragen, beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO (vgl. hierzu: Gräber/von Groll, a.a.O., § 100 Anm. 32, m.w.N.).
Fundstelle(n):
MAAAB-23766