BFH Beschluss v. - II B 115/02

Maßgebende Kenntnis für eine Anlaufhemmung nach § 170 Abs. 5 Nr. 2 AO

Gesetze: AO § 170 Abs. 5 Nr. 2

Instanzenzug:

Gründe

I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) und W waren mit einer Einlage von jeweils 1 000 000 DM Kommanditisten der C-KG. Persönlich haftende Gesellschafter der C-KG waren der Vater des Klägers V und dessen Bruder B mit einer Einlage von jeweils 4 000 000 DM. Ferner waren V und B mit einer Einlage von jeweils 2 500 000 DM persönlich haftende Gesellschafter der P-KG. Die Gesellschafter der C-KG und P-KG beschlossen am , die Kapitalanteile der persönlich haftenden Gesellschafter mit Wirkung ab auf 0 DM herabzusetzen und die Kommanditeinlagen des Klägers und W auf 5 000 000 DM zu erhöhen; V und B sollten persönlich haftende Gesellschafter der C-KG und der P-KG bleiben. Der Kläger und W sollten ferner mit Wirkung ab mit einer Einlage von jeweils 2 500 000 DM in die P-KG eintreten. Aufgrund Beschlusses der Gesellschafter der C-KG und P- sollten die V und B als persönlich haftende Gesellschafter ab dem eine jährliche Tätigkeitsvergütung von jeweils 600 000 DM und nach ihrem Ausscheiden aus der Geschäftsführung eine Jahrespension von je 300 000 DM erhalten.

Die Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuerstelle des Finanzamts X erhielt am 22. Februar und durch Kontrollmitteilungen Kenntnis von den am gefassten Gesellschafterbeschlüssen der C-KG und P-KG. Das Finanzamt X beurteilte den Erwerb des Klägers als gemischte Schenkung und setzte gegen den Kläger durch gemäß § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangenen Bescheid vom Schenkungsteuer fest; durch Änderungsbescheid vom setzte das Finanzamt X unter Aufrechterhaltung des Vorbehalts der Nachprüfung die Schenkungsteuer herab. Der zwischenzeitlich sachlich zuständig gewordene Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt Z —FA—) setzte die Schenkungsteuer durch Einspruchsentscheidung vom wieder herauf und wies den Einspruch im Übrigen als unbegründet zurück.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab und führte zur Begründung aus: Die dem Kläger eingeräumten Beteiligungen an der C-KG und P-KG seien als freigebige Zuwendungen gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 1 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) schenkungsteuerpflichtig. Die Festsetzungsfrist sei gewahrt. Der Lauf der Festsetzungsfrist habe erst mit Ablauf des Jahres 1996 begonnen, weil das Finanzamt X als die seinerzeit für die Festsetzung der Schenkungsteuer zuständige Finanzbehörde erst im Jahr 1996 von der Schenkung Kenntnis erlangt habe.

Das FG hat die Revision nicht zugelassen. Mit seiner hiergegen gerichteten Beschwerde begehrt der Kläger die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung und zur Fortbildung des Rechts im Hinblick auf die Auslegung des Begriffs „Finanzbehörde„ i.S. des § 170 Abs. 5 Nr. 2 AO 1977. Der Kläger rügt ferner Verfahrensmängel; das FG habe hinsichtlich der subjektiven Tatbestandsvoraussetzungen des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG seine Sachaufklärungspflicht nach § 76 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) verletzt.

Das FA beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

1. Die Beschwerde ist unzulässig, soweit der Kläger die Zulassung der Revision wegen eines Verfahrensmangels (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) begehrt. Die Rüge der Verletzung des Amtsermittlungsgrundsatzes (§ 76 Abs. 1 FGO) durch das FG ist nicht schlüssig dargelegt (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO). Für die Prüfung, ob ein Verfahrensfehler vorliegt, ist der materiell-rechtliche Standpunkt des FG zugrunde zu legen (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 115 Rz. 79, m.w.N.). Bei der Rüge mangelnder Sachaufklärung durch das FG wegen Verletzung des Amtsermittlungsgrundsatzes muss nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs —BFH— (vgl. Beschluss vom II B 46/00, BFH/NV 2002, 654) u.a. substantiiert dargelegt werden, welche Tatfrage aufklärungsbedürftig ist, welche Beweise zu welchem Beweisthema das FG nicht erhoben hat und inwieweit die als unterlassen gerügte Beweisaufnahme zu einer anderen Entscheidung durch das FG hätte führen können. Diesen Anforderungen genügt das Beschwerdevorbringen nicht. Der Kläger hat nicht dargelegt, inwieweit nach der insoweit allein maßgeblichen —mit der Rechtsprechung des , BFHE 183, 253, BStBl II 1997, 832, und vom II R 42/99, BFHE 194, 435, BStBl II 2001, 454) in Übereinstimmung stehenden— Rechtsauffassung des FG hinsichtlich des subjektiven Tatbestands der freigebigen Zuwendung i.S. des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG die als unterlassen gerügte Beweisaufnahme zu einer anderen Beurteilung durch das FG hätte führen können. Soweit der Kläger die rechtliche Würdigung der bei V den subjektiven Tatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG erfüllenden tatsächlichen Umstände durch das FG rügt, macht er keinen Verfahrensmangel geltend. Die Beschwerde wendet sich vielmehr gegen die sachliche Richtigkeit der Entscheidung; dies eröffnet jedoch nicht die Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO (Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz. 82 f., m.w.N.).

2. Im Übrigen ist die Beschwerde unbegründet. Die vom Kläger geltend gemachten Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) und der Erforderlichkeit einer Entscheidung des BFH zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 1. Alternative FGO) liegen nicht vor. Die von der Beschwerde aufgeworfene Frage, ob bei der Auslegung des § 170 Abs. 5 Nr. 2 AO 1977 auf die Kenntnis der organisatorisch zuständigen Stelle des örtlich für Schenkungsteuer zuständigen Finanzamts abgestellt werden könne, ist zwischenzeitlich geklärt. Nach dem (BFHE 201, 403, BStBl II 2003, 502) ist auf die Kenntnis der organisatorisch zur Verwaltung der Erbschaft- und Schenkungsteuer berufenen Dienststelle des zuständigen FA abzustellen.

Fundstelle(n):
FAAAB-22082