BFH Beschluss v. - X B 158/03

Darlegung der grds. Bedeutung und einer Divergenz

Gesetze: FGO § 115 Abs. 2 Nrn. 1, 2

Instanzenzug:

Gründe

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) hat nicht schlüssig dargelegt, dass der von ihr formulierten Rechtsfrage eine grundsätzliche Bedeutung zukommt (§ 116 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. § 115 Abs. 2 Nr. 1 der FinanzgerichtsordnungFGO—; vgl. unten 1.). Ebenso wenig rechtfertigt § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO (Erfordernis einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs —BFH— zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung) die Zulassung der Revision (vgl. unten 2.).

1. Die Klägerin hat die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht schlüssig (substantiiert) dargelegt.

a) Eine solche schlüssige Darlegung erfordert ein konkretes und substantiiertes Eingehen des Beschwerdeführers darauf, inwieweit die von ihm aufgeworfene Rechtsfrage im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig, d.h. in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen sie umstritten ist (vgl. z.B. Senatsbeschluss vom X B 117/01, juris-Nr:STRE200251200, m.w.N.; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl. 2002, § 116 Rz. 32, m.w.N.).

b) Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung zur grundsätzlichen Bedeutung nicht.

Die Ausführungen der Klägerin beschränken sich darauf, die aus ihrer Sicht klärungsbedürftige Frage, ob die Schätzung hinterzogener Steuern auf Wahrscheinlichkeitserwägungen gestützt werden kann, aufzuwerfen. Sie lassen keine über das Interesse der Klägerin am Ausgang dieses Verfahrens hinausreichende, allgemein interessierende, klärungsbedürftige und in diesem Rechtsstreit klärungsfähige Rechtsfrage erkennen. Dies hätte hier außerdem eines besonderen, in der Beschwerdeschrift versäumten Begründungsaufwands (vor allem auch einer eingehenden Auseinandersetzung mit der einschlägigen Rechtsprechung und Literatur; s. z.B. , BFH/NV 1999, 804; Gräber, a.a.O., § 116 Rz. 32) deshalb bedurft, weil die von der Klägerin angesprochene Rechtsfrage, sofern sie nicht überhaupt nur die Rechtsanwendung im Einzelfall betrifft, als grundsätzlich geklärt anzusehen ist: Das gilt ganz allgemein für die Fragen des Verhältnisses von Sachaufklärung und Mitwirkung, des Beweismaßes und der Feststellungslast in (Teil-) Schätzungsfällen (s. Senatsurteil vom X R 16/86, BFHE 156, 38, BStBl II 1989, 462; Gräber, a.a.O., § 76 Rz. 28 ff., § 96 Rz. 13; vgl. auch , BFH/NV 1999, 741).

2. Die Klägerin hat auch die Abweichung des finanzgerichtlichen Urteils von einer Entscheidung des BFH nicht schlüssig dargelegt. Dazu müssen ein tragender abstrakter Rechtssatz des Urteils des Finanzgerichts (FG) und die ebenfalls tragenden Rechtsausführungen der Divergenz-Entscheidung so herausgearbeitet und gegenübergestellt werden, dass die Abweichung erkennbar wird (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Beschlüsse vom VIII B 47/99, BFH/NV 2000, 329; vom VII B 41/01, BFH/NV 2002, 932; vom X B 140/01, BFH/NV 2002, 1046). Als solche reicht weder eine Divergenz in der Würdigung von Tatsachen noch die fehlerhafte Anwendung von Rechtsprechungsgrundsätzen auf die Besonderheiten des Einzelfalls aus (vgl. BFH in BFH/NV 2002, 1046). Erforderlich ist die Darlegung der Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen. Daran fehlt es im Streitfall.

Das FG hat in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BFH (vgl. z.B. Beschluss vom VIII B 91/01, BFH/NV 2002, 749, m.w.N.) erkannt, dass der Grundsatz „in dubio pro reo„ auch im Steuerfestsetzungsverfahren zu beachten sei und dass es dieser Grundsatz ausschließe, die Schätzung hinterzogener Steuern —entsprechend den allgemeinen Grundsätzen im Falle der Verletzung von Mitwirkungspflichten— auf Wahrscheinlichkeitserwägungen, also auf ein reduziertes Beweismaß zu stützen und an der oberen Grenze des für den Einzelfall zu beachtenden Schätzungsrahmens auszurichten. Das FG ging ferner in Übereinstimmung mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung davon aus, dass Finanzamt (FA) und FG auf der Grundlage des Gesamtergebnisses des Verfahrens von der Höhe der Steuerhinterziehung überzeugt sein müssen. Nicht behebbare tatsächliche Zweifel dürften selbst dann nicht im Rahmen der grundsätzlich zulässigen Schätzung des Hinterziehungsbetrages zu Lasten des Steuerpflichtigen gewürdigt werden, wenn die Unsicherheit hinsichtlich der tatsächlichen Gegebenheiten auf der unterbliebenen Mitwirkung des Steuerpflichtigen beruhe.

Sofern die Klägerin rügt, das FG habe den auch im Festsetzungsverfahren zu beachtenden Grundsatz „in dubio pro reo„ missachtet und die Schätzung auf Wahrscheinlichkeitserwägungen, d.h. auf ein reduziertes Beweismaß gestützt, wendet sie sich gegen die fehlerhafte Anwendung anerkannter Schätzungsgrundsätze und das ihrer Ansicht nach unzutreffende Schätzungsergebnis sowie die nur unzureichende Umsetzung der BFH-Rechtsprechung (zu Schätzungsfällen) durch das FG. Damit macht sie eine fehlerhafte Tatsachenwürdigung und Rechtsanwendung geltend, nicht jedoch eine Abweichung im Grundsätzlichen. Insofern rügt die Klägerin materiell-rechtliche Fehler, also die inhaltliche Richtigkeit des FG-Urteils, womit jedoch nach dem abschließenden Katalog des § 115 Abs. 2 FGO die Zulassung der Revision (weder wegen Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung noch als Verfahrensmangel) nicht erreicht werden kann (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Beschlüsse vom X B 188/95, BFH/NV 1996, 747; vom III B 78/97, BFH/NV 1999, 741; vom V B 107/00, BFH/NV 2002, 931).

3. Von der Darstellung des Sachverhalts und einer weiter gehenden Begründung sieht der Senat nach § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO ab.

Fundstelle(n):
BAAAB-22066