Feststellung zur Höhe der Mehraufwendungen nach Aufhebung der zeitlichen Begrenzung der doppelten Haushaltsführung
Gesetze: EStG § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5
Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),
Gründe
I. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute. Der Kläger ist leitender Angestellter und außerhalb des Familien-Wohnorts tätig. Am Beschäftigungsort bewohnt er eine vom Arbeitgeber angemietete Wohnung. Die Klägerin ist Lehrerin.
In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr machte der Kläger Mehraufwendungen für doppelte Haushaltsführung geltend. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) folgte dem nicht, weil der Kläger bereits mehr als zwei Jahre am Beschäftigungsort tätig gewesen sei. Dabei müsse unberücksichtigt bleiben, dass der Kläger im Jahr zuvor eine neue Arbeit aufgenommen habe. Denn er habe das neue Arbeitsverhältnis kurzfristig gekündigt. Bereits nach einem Monat habe er wieder die vorherige Stelle bei seinem früheren Arbeitgeber übernommen und die alte Wohnung bezogen.
Einspruch und Klage blieben erfolglos. Das Finanzgericht (FG) entschied, dass Mehraufwendungen wegen doppelter Haushaltsführung nicht zu berücksichtigen seien. Diese habe bereits mehr als zwei Jahre bestanden. Denn bei einer nur einmonatigen Unterbrechung werde eine doppelte Haushaltsführung nicht neu begründet. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2002, 1028 veröffentlicht.
Mit der Revision machen die Kläger geltend, im Streitfall habe die Tätigkeit für einen anderen Arbeitgeber trotz ihrer kurzfristigen Beendigung zu einem Neubeginn der doppelten Haushaltsführung geführt. Denn die andere Tätigkeit sei auf Dauer angelegt gewesen; der frühere Hausstand sei zwischenzeitlich aufgelöst worden.
Die Kläger beantragen, die Mehraufwendungen wegen der doppelten Haushaltsführung als Werbungskosten zum Abzug zuzulassen.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
II. Die Revision der Kläger ist begründet. Das angefochtene Urteil war aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung —FGO—).
Mit Wirkung ab 1996 war der Abzug von Mehraufwendungen wegen einer aus beruflichem Anlass begründeten doppelten Haushaltsführung bei einer Beschäftigung am selben Ort auf insgesamt zwei Jahre begrenzt worden (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes —EStG— i.d.F. des Jahressteuergesetzes 1996 vom , BGBl I 1995, 1250). Diese Regelung war mit dem Grundgesetz unvereinbar, soweit sie fortlaufend verlängerte Abordnungen („Kettenabordnungen„) oder beiderseits berufstätige Ehegatten betraf (, 2 BvR 1735/00, BStBl II 2003, 534).
Als Reaktion darauf hat der Gesetzgeber die zeitliche Begrenzung für alle Fälle der doppelten Haushaltsführung aufgehoben (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG i.d.F. des Steueränderungsgesetzes —StÄndG— 2003 vom , BGBl I 2003, 2645). Die Neuregelung ist u.a. in den Fällen anzuwenden, in denen die Einkommensteuer noch nicht formell bestandskräftig festgesetzt ist (§ 52 Abs. 23 b EStG i.d.F. des StÄndG 2003).
Die Einkommensteuerfestsetzung ist Gegenstand des vorliegenden Verfahrens; sie ist daher noch nicht formell bestandskräftig. Deshalb ist die neue Fassung des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG anzuwenden, so dass es auf die zeitliche Begrenzung der doppelten Haushaltsführung nicht (mehr) ankommt.
Da das angefochtene Urteil auf der zwischenzeitlich geänderten Gesetzeslage beruht, war es aufzuheben. Die Sache ist nicht spruchreif. Das FG hat —von seinem Standpunkt aus zu Recht— keine Feststellungen zur Höhe der geltend gemachten Mehraufwendungen wegen doppelter Haushaltsführung getroffen. Es wird die erforderlichen Feststellungen im zweiten Rechtsgang nachholen.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
OAAAB-20754