Anwendung der Freigrenze des § 3 Nr. 1 GrEStG bei mehreren Veräußerern und Erwerbern
Bezug:
Es ist die Frage gestellt worden, wie die Befreiungsvorschrift des § 3 Nr. 1 GrEStG in den Fällen anzuwenden ist, in denen mehrere Miteigentümer ein Grundstück an mehrere Erwerber zu Miteigentum veräußern.
Nach dem Ergebnis der Besprechung mit den zuständigen Vertretern der obersten Finanzbehörden der Länder ist dazu folgende Auffassung zu vertreten:
Nach § 3 Nr. 1 GrEStG ist von der Besteuerung ausgenommen der Erwerb eines Grundstücks, wenn der für die Berechnung der Steuer maßgebende Wert 2.500 EUR nicht übersteigt. Als Grundstück im Sinne des § 2 GrEStG gilt auch ein ideeller Miteigentumsanteil (Bruchteilseigentum) an einem Grundstück. Grundsätzlich erfüllt daher jeder Erwerb eines Miteigentumsanteils einen Grunderwerbsteuertatbestand und ist für die Freigrenze des § 3 Nr. 1 GrEStG als selbständiger Steuerfall zu betrachten. Stehen sich aber auf der Veräußerer- und/oder der Erwerberseite mehrere Personen gegenüber, kommt es für die Beurteilung der Anzahl der Erwerbe und nachfolgend der Anwendung des § 3 Nr. 1 GrEStG auf die Vertragsgestaltung im Einzelnen an.
Übertragen die Miteigentümer ihre Miteigentumsanteile an einem Grundstück ausdrücklich jeweils durch gesonderte Rechtsgeschäfte, liegen mehrere selbständig zu beurteilende Erwerbsgeschäfte vor (vgl. Beispiel 4). Werden dagegen die jeweiligen Miteigentumsanteile an einem Grundstück von den Miteigentümern nicht durch getrennte Rechtsgeschäfte übertragen, liegen so viele Erwerbsvorgänge vor, wie Erwerber vorhanden sind, und die Freigrenze des § 3 Nr. 1 GrEStG kann für jeden Erwerber nur einmal berücksichtigt werden (vgl. Beispiel 1; ebenso Hofmann, GrEStG, 7. Auflage, § 3 RdNr. 5; das BStBl 1957 III S. 213, ist überholt).
Zwei Miteigentümer A und B verkaufen ein Grundstück gemeinschaftlich im Ganzen zu einem Gesamtpreis von 4.000 EUR an einen Erwerber C zu Alleineigentum. Es liegt nur ein Erwerbsvorgang vor, die Freigrenze des § 3 Nr. 1 GrEStG kommt nicht zur Anwendung, weil der Gesamtpreis sie übersteigt.
Zwei Erwerbsvorgänge liegen dagegen vor, wenn jeder Miteigentümer A und B seinen Miteigentumsanteil an den Erwerber C überträgt, selbst wenn das in einer notariellen Urkunde festgelegt wird.
Ein Veräußerer A verkauft sein Grundstück in einem Rechtsgeschäft zu einem Preis von 5.000 EUR an zwei Erwerber B und C zu hälftigem Miteigentum.
Es liegen zwei Erwerbsvorgänge vor. Die Freigrenze des § 3 Nr. 1 GrEStG kommt zur Anwendung, weil die Gegenleistung mit jeweils 2.500 EUR die Grenze nicht übersteigt.
Die Ehegatten A und B sind je zur Hälfte Eigentümer eines Grundstücks. Sie übertragen das Grundstück in einem Rechtsgeschäft zu einem Kaufpreis von insgesamt 10.000 EUR auf die Eheleute C und D, die das Grundstück ebenfalls zu jeweils hälftigem Eigentum erwerben.
Es liegen nur zwei Erwerbsvorgänge vor. Die Eheleute C und D erhalten nicht je ein Viertel von jedem Veräußerer-Ehegatten A und B, sondern jeder Erwerber-Ehegatte erhält eine ideelle Grundstückshälfte. Es kann nicht bestimmt werden, von welchem Miteigentümer der jeweilige Anteil erworben wird. Die Freigrenze des § 3 Nr. 1 GrEStG wird nicht berücksichtigt, weil sie bei einem Kaufpreis von jeweils 5.000 EUR überschritten ist.
Die Geschwister A, B, C sind zu je einem Drittel Miteigentümer eines Grundstücks. In gesonderten Rechtsgeschäften überträgt A ausdrücklich seinen Miteigentumsanteil an D, B seinen Miteigentumsanteil an E und C seinen Miteigentumsanteil an F zu einem Kaufpreis von jeweils 2.500 EUR.
Es liegen drei Erwerbsvorgänge vor. Für jeden Erwerb kommt die Freigrenze des § 3 Nr. 1 GrEStG zur Anwendung, so dass keine Grunderwerbsteuer festzusetzen ist.
OFD Koblenz v. - S 4505 A - St 53 4
Fundstelle(n):
VAAAB-20704