Höhe des Verspätungszuschlags bei nachträglicher Herabsetzung der Steuerschuld
Gesetze: AO § 152
Instanzenzug:
Gründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
1. Nach § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist die Revision nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO), die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) erfordert (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO). Die Nichtzulassung kann durch Beschwerde angefochten werden (§ 116 Abs. 1 FGO). In der Beschwerdebegründung müssen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO dargelegt werden (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO).
2. Die Revision ist nicht wegen des vom Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) gerügten Verfahrensmangels zuzulassen.
Der Kläger rügt, das Finanzgericht (FG) habe folgende Punkte seines Klagebegehrens nicht oder nicht genügend angesprochen:
„1.
Mit der konkreten Aufforderung zur Abgabe einer bestimmten Steuererklärung an einen Steuerpflichtigen hat die Finanzverwaltung die notwendigen amtlichen Vordrucke zu übersenden.
Dies war nicht geschehen.
2.
Die Festsetzung eines Verspätungszuschlages innerhalb eines Zeitraumes, in dem bei Vertretung durch einen Steuerberater Fristverlängerung gewährt würde, ist rechtswidrig.
3.
Die Beibehaltung des Verspätungszuschlages in voller Höhe trotz Halbierung der Steuerschuld ist ermessensmissbräuchlich.
4.
Die Nichtberücksichtigung des Umstandes, dass die Finanzverwaltung es rechtswidrig unterlassen hatte, die Befreiung von der vierteljährlichen Abgabe gem. § 18 Abs. 2 UStG aufzuheben, obwohl die Umsatzsteuer für die Jahre 1997-1999 mehr als 1.000,00 DM betrug, begründet ein Mitverschulden, dessen Nichtberücksichtigung zu einer fehlerhaften Ermessensausübung führt.
5.
Das pflichtwidrige Unterlassen der Übersendung von Steuerformularen trotz Anforderung durch den Steuerpflichtigen führt zu einer Entschuldbarkeit der Säumnis. Entsprechend ist auch ein fehlender Hinweis auf die Einstellung der Formulare in das Internet als pflichtwidriges Verhalten der Finanzverwaltung zu werten.„
Die Rüge zu Punkt 4 genügt bereits deshalb nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO, weil aus ihr nicht hinreichend klar hervorgeht, was die Vorauszahlungen mit den angefochtenen Verspätungszuschlägen wegen der verspäteten Abgabe der Umsatzsteuererklärung für das Kalenderjahr 2000 zu tun haben. Nach dem Wortlaut des § 152 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) darf der Verspätungszuschlag zehn vom Hundert der „festgesetzten Steuer„ nicht übersteigen; er stellt deshalb —soweit es um Verspätungszuschläge zur Jahresumsatzsteuer geht— auf die festgesetzte Jahresumsatzsteuer und nicht auf die Vorauszahlungen ab.
Zu den anderen Punkten hat das FG in ausreichendem Ausmaß Stellung genommen. § 96 FGO gebietet nicht, alle im Einzelfall gegebenen Umstände im Urteil zu erörtern; vielmehr ist im Allgemeinen davon auszugehen, dass ein Gericht auch denjenigen Akteninhalt in Erwägung gezogen hat, mit dem es sich in den schriftlichen Entscheidungsgründen nicht ausdrücklich auseinander gesetzt hat (, BFH/NV 2003, 1209).
3. Die Revision ist auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen.
Der Kläger sieht die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache in drei Punkten.
a) Punkt 1 der Beschwerdebegründung lautet wie folgt:
„Der Beklagte hätte - auch im Falle des Verschuldens des Klägers - keinen Verspätungszuschlag festsetzen dürfen, da die Verspätung in einen Zeitraum fiel, in dem bei Vertretung durch einen Steuerberater eine Fristverlängerung gewährt worden wäre (Erlass BadWürtt. StEK AO 1977 § 149 Nr. 19). Diese Frage ist höchstrichterlich noch nicht abschliessend geklärt. Sie hat grundsätzliche Bedeutung, da die Festsetzung von Verspätungszuschlägen zum Teil in einem automatisierten Verfahren betrieben wird und für eine Vielzahl von Fällen bedeutsam ist.
Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Frist über den 30.09. hinweg verlängert werden kann.„
Insoweit genügt die Beschwerdebegründung bereits deshalb nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO, weil sie keine abstrakte Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung herausarbeitet. Im Übrigen ergibt sich aus der Vorentscheidung nicht, dass die verspätete Abgabe der Umsatzsteuererklärung 2000 „in einen Zeitraum fiel, in dem bei Vertretung durch einen Steuerberater eine Fristverlängerung gewährt worden wäre„. Nach den dem Senat vorliegenden Akten ist die Steuererklärung beim Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt —FA—) am eingegangen.
b) Punkt 2 der Beschwerdebegründung lautet wie folgt:
„Der Kläger ist der Ansicht, dass die Beibehaltung des Verspätungszuschlages in unveränderter Höhe trotz Halbierung der Umsatzsteuerschuld ermessensmissbräuchlich ist, wenn zumindest bei der Festsetzung die Frage des Zinsvorteils dominiert hat. Der Beklagte ist bei der Festsetzung des Verspätungszuschlages von einem unrichtigen, um 100 % erhöhten Zahlungsanspruch ausgegangen. In einem solchen Fall hat die Finanzbehörde den Zuschlag ganz oder teilweise herabzusetzen; andernfalls läge Ermessensfehlgebrauch vor (Tipke/Kruse, § 152 Rn. 47; BFH BStBl. 79, 641).
Die angefochtene Entscheidung weicht von der höchstrichterlichen Rechtsprechung ab und ist für eine Vielzahl von Fällen bedeutsam.„
In der Beschwerdebegründung ist die behauptete Abweichung der Vorentscheidung von der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht hinreichend dargelegt.
Nach dem vom Kläger angeführten (BFHE 128, 17, BStBl II 1979, 641) hat das FA im Falle, dass in einem Steuerbescheid ein Verspätungszuschlag festgesetzt war und die Steuerschuld später herabgesetzt wurde, zu prüfen, in welchem Umfang die für die Festsetzung des Verspätungszuschlags maßgebenden Gesichtspunkte noch gegeben sind; denn durch die Herabsetzung der Steuerschuld haben sich die für die Ausübung des Ermessens maßgebenden Gesichtspunkte geändert. Die Vorentscheidung beruht auf keinem abweichenden Rechtssatz; jedenfalls wird er in der Beschwerdeentscheidung nicht benannt.
Der Hinweis auf „Tipke/Kruse, § 152 Rn. 47„ genügt ebenfalls nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO. Die angegebene Stelle in der 95. Lieferung vom Juli 2001 hat keinen erkennbaren Bezug zu dem Vorbringen des Klägers.
c) Punkt 3 der Beschwerdebegründung lautet wie folgt:
„Desweiteren trägt nach Ansicht des Klägers der Beklagte ein erhebliches Mitverschulden an der Höhe der festzusetzenden Umsatzsteuer, nachdem der Kläger die Befreiung von der vierteljährlichen Abgabe gemäß § 18 Abs. 2 S. 3 UStG hätte aufheben müssen, nachdem für die Jahre 1997 bis 1999 die Umsatzsteuer mehr als 1.000,00 DM betrug. Die Klärung dieser Frage, inwieweit pflichtwidriges Verhalten der Finanzverwaltung bei der Ermessensausübung hinsichtlich der Höhe zu berücksichtigen, ist höchstrichterlich noch nicht entschieden worden und hat daher grundsätzliche Bedeutung für die einheitliche Handhabung der Finanzverwaltung.„
Auch insoweit ist die Revision nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen. Die aufgeworfene Rechtsfrage wäre im Revisionsverfahren bereits deshalb nicht klärbar, weil die Vorentscheidung keinerlei Anhaltspunkte für „ein pflichtwidriges Verhalten der Finanzverwaltung„ gibt und die diesbezügliche Verfahrensrüge keinen Erfolg hat (vgl. oben unter 2.).
4. Von einer weiteren Begründung der Beschwerdeentscheidung sieht der Senat gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO ab.
Fundstelle(n):
VAAAB-20247