§ 25d UStG; Haftung für die schuldhaft nicht abgeführte Umsatzsteuer
Durch Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Bekämpfung von Steuerverkürzungen und zur Änderung anderer Steuergesetze (Steuerverkürzungsbekämpfungsgesetz – StVBG) vom (BGBl 2001 I S. 3922; BStBl 2002 I S. 32) wurde mit § 25d die Haftung für die schuldhaft nicht abgeführte Steuer in das Umsatzsteuergesetz eingefügt. Die Regelung ist gemäß Art. 9 Abs. 2 StVBG am in Kraft getreten.
Durch Art. 5 Nr. 31 des Zweiten Gesetzes zur Änderung steuerlicher Vorschriften (Steueränderungsgesetz 2003 – StÄndG 2003) vom (BGBl 2003 I S. 3642; BStBl 2003 I S. 710) wurde in § 25d UStG der Absatz 1 Satz 1 neu gefasst sowie ein neuer Absatz 2 eingefügt:
Diese Änderungen sind gemäß Art. 25 Abs. 4 StÄndG 2003 am in Kraft getreten.
Dieser Haftungstatbestand dient der Bekämpfung des Umsatzsteuerbetrugs, insbesondere in Form von Karussellgeschäften, bei denen in den Fiskus schädigender Absicht Rechnungen mit Umsatzsteuer ausgestellt werden, um dem Rechnungsempfänger den Vorsteuerabzug zu ermöglichen, ohne die ausgewiesene und geschuldete Steuer zu entrichten.
Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt Folgendes:
1. Haftungsvoraussetzungen
Voraussetzungen für die Haftung sind:
Die aus einem vorangegangenen Umsatz geschuldete Umsatzsteuer wurde nicht entrichtet. Vorangegangener Umsatz ist auch ein Umsatz auf den Vorstufen, nicht nur der unmittelbare Eingangsumsatz des Unternehmers.
Diese Umsatzsteuer wurde in einer Rechnung nach § 14 UStG ausgewiesen.
Die ausgewiesene Steuer wurde vom Aussteller der Rechnung entsprechend seiner vorgefassten Absicht nicht entrichtet oder er hat sich vorsätzlich außer Stande gesetzt, diese zu entrichten.
Der in Haftung zu nehmende Leistungsempfänger hatte bei Abschluss des Vertrages über seinen Eingangsumsatz vom vorsätzlichen Handeln des Rechnungsausstellers Kenntnis oder – ab – hätte nach der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns Kenntnis haben müssen.
Nicht unter die Regelung fällt die unrichtig bzw. unberechtigt ausgewiesene Umsatzsteuer (§ 14 Abs. 2 und 3 UStG bzw. ab § 14c Abs. 1 und Abs. 2 UStG), da ein Vorsteuerabzug insoweit bereits gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG ausgeschlossen ist.
Die Darlegungs- und Feststellungslast liegt grundsätzlich bei dem für den Erlass des Haftungsbescheides zuständigen Finanzamt.
2. Vermutungsregelung
Gemäß dem zum neu eingefügten Absatz 2 in § 25d UStG ist von der Kenntnis oder dem Kennen müssen insbesondere dann auszugehen, wenn
der Unternehmer für seinen Umsatz einen Preis in Rechnung stellt, der zum Zeitpunkt des Umsatzes unter dem marktüblichen Preis liegt oder
der dem Unternehmer in Rechnung gestellte Preis unter dem marktüblichen Preis liegt oder
der dem Unternehmer in Rechnung gestellte Preis unter dem Preis liegt, der seinem Lieferanten oder anderen Lieferanten, die am Erwerb der Ware beteiligt waren, in Rechnung gestellt wurde.
Marktüblich ist ein Preis, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr unter fremden Dritten unter Berücksichtigung der Handelsstufe üblicherweise realisiert wird.
3. Inanspruchnahme durch Haftungsbescheid
Liegen die Haftungsvoraussetzungen vor, ist der Unternehmer zunächst anzuhören (§ 91 AO). Im Rahmen der Anhörung hat der Unternehmer nach § 25d Abs. 2 Satz 3 UStG Gelegenheit, die Vermutung des § 25d Abs. 2 Satz 1 und 2 UStG zu widerlegen, in dem er nachweist, dass die Preisgestaltung betriebswirtschaftlich begründet ist. Kann der Unternehmer diesen Nachweis führen, ist dessen ungeachtet von der Finanzverwaltung zu prüfen, ob die Tatbestandsmerkmale Kenntnis oder Kennen müssen aufgrund anderer Tatsachen als der Preisgestaltung vorliegen.
Bis zum Abschluss der Prüfung, ob die Voraussetzungen für den Erlass eines Haftungsbescheides vorliegen, kann die Erteilung der Zustimmung zu einer Steueranmeldung zur Umsatzsteuer (Umsatzsteuer-Voranmeldung, Umsatzsteuererklärung) im Sinne von § 168 Satz 2 AO versagt werden. Dies gilt entsprechend für die Festsetzung nach § 167 Abs. 1 Satz 1 AO, wenn sie zu einer Umsatzsteuererstattung führt.
Können die Haftungsvoraussetzungen nachgewiesen oder die Vermutung gemäß § 25d Abs. 2 Satz 1 und 2 UStG nicht widerlegt werden, soll ein Haftungsbescheid erlassen werden. Kommen mehrere Haftungsschuldner in Betracht, so haften diese als Gesamtschuldner (§ 25d Abs. 1 Satz 2 UStG). In diesen Fällen ist es erforderlich, dass die zuständigen Finanzämter der Unternehmer, die in Haftung genommen werden sollen, ihr Vorgehen untereinander abstimmen.
Dem für den Steuerschuldner zuständigen Finanzamt, für dessen rückständige Steuer gehaftet wird, ist jeweils ein Abdruck des Haftungsbescheides zu übersenden.
Der Haftungsschuldner darf auf Zahlung auch in Anspruch genommen werden, ohne dass die Vollstreckung in das bewegliche Vermögen des Ausstellers der Rechnung ohne Erfolg geblieben oder anzunehmen ist, dass die Vollstreckung aussichtslos sein wird (vgl. § 25d Abs. 5 UStG).
4. Anwendungszeitpunkt
§ 25d UStG in der Fassung des StVBG findet Anwendung auf Fälle, in denen der potentielle Haftungsschuldner den Vertrag über seinen Eingangsumsatz nach dem abgeschlossen hat.
§ 25d UStG in der Fassung des StÄndG 2003 findet Anwendung auf Fälle, in denen der potentielle Haftungsschuldner den Vertrag über seinen Eingangsumsatz nach dem abgeschlossen hat.
BMF v. - IV B 2 -
S 7429 - 1/04
Auf diese Anweisung wird Bezug genommen in folgenden Verwaltungsanweisungen:
Fundstelle(n):
BStBl 2004 I Seite 450
YAAAB-20071