Drei-Objekt-Grenze ist keine „Drei-Erwerber-Grenze”
Gesetze: EStG § 15 Abs. 2, § 4
Instanzenzug:
Gründe
Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin), eine GbR, wurde mit Vertrag vom gegründet. Nach dem Gesellschaftsvertrag ist ihr Zweck der Erwerb und die Veräußerung, die Anpachtung und Verpachtung sowie die Anmietung und Vermietung von Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten, ferner das Betreiben von Grundstücksleasinggeschäften sowie die Planung, Errichtung und Vermarktung von Wohn- und Gewerbeobjekten.
Die Klägerin plante die Errichtung verschiedener Objekte in X und erwarb hierzu im Jahre 1991 von der Stadt sowie einem weiteren Verkäufer folgenden Grundbesitz:
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lfd. Nr.
| Kauf-Datum | Flur/Flurstück | Größe (qm) |
1
| 22. Januar | Flur 6 Flurstück 10 | 8 460 |
2
| 22. Januar | Flur 6 Flurstück 20 | 15 250 |
3
| 22. Januar | Flur 6 Flurstück 30 | 1 241 |
4
| 1. und 15. Februar
|
Flur 6 Flurstück 40 |
8 423 |
5
| 1. und 15. Februar
|
Flur 6 Flurstück 50 |
9 234 |
6
| 9. August | Flur 6 Flurstück 60 | 221 |
7
| 9. August | Flur 6 Flurstück 70 | 1 244 |
Insgesamt beliefen sich die erworbenen Flächen auf 44 073 qm.
Im Laufe des Jahres 1991 errichtete die Klägerin auf einer Grundfläche von 8 719 qm, die sich aus Teilen der Flurstücke lfd. Nrn. 2 (7 650 qm), 3 (57 qm) und 4 (1 012 qm) ergab, ein Gebäude mit Parkplätzen für einen Y-Markt. Den Markt vermietete sie ab dem an die Fa. Y. Schwierigkeiten bei der Erteilung von Baugenehmigungen führten zu zeitlichen Verzögerungen und damit zur Erhöhung der Kosten für Zinsen und Planung. Dadurch geriet die Klägerin in finanzielle Schwierigkeiten. Deswegen realisierte die Klägerin weitere Bauvorhaben nicht. Zudem ließ sich die ursprüngliche Planung zur Errichtung eines Z-Marktes nicht verwirklichen, weil sich herausstellte, dass die Z-Gesellschafter nicht an der Erstellung des Marktes durch die Klägerin, sondern lediglich am Erwerb der Grundstücke interessiert waren. Daher verkaufte die Klägerin an die Z-Gesellschafter mit Kaufvertrag vom drei Grundstücke und zwar Teile der Flurstücke lfd. Nrn. 1, 2 und 4, insgesamt 10 947 qm. Den mit dem Y-Markt bebauten Grundbesitz verkaufte die Klägerin mit Kaufvertrag vom an einen Herrn A.
Am schloss die Klägerin einen weiteren Kaufvertrag, mit dem sie sechs Grundstücke zu insgesamt 27 615 qm an den Kaufmann B verkaufte. Die Zahlung des Kaufpreises stand zunächst unter einer aufschiebenden Bedingung, die jedoch mit Vertrag vom aufgehoben wurde. Der Kaufpreis in Höhe von 2 530 000 DM sollte nach diesem Vertrag in zwei Raten bis zum bzw. bis zum fällig werden. Besitz, Nutzen, Lasten und Gefahren des zufälligen Untergangs sowie der von den Parteien unverschuldeten Verschlechterung sollten nach der Durchführung der vom Verkäufer geschuldeten Erschließungsmaßnahmen auf den Erwerber übergehen. In einer weiteren Vertragsbestimmung hatte sich der Verkäufer verpflichtet, mit den Erschließungsmaßnahmen sofort zu beginnen. Im Oktober 1997 ergänzten die Vertragsbeteiligten den Vertrag durch eine weitere Vereinbarung, mit der sie eine zwischenzeitliche Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung für gegenstandslos erklärten und die Zahlung des bisher nicht beglichenen Restkaufpreises in Höhe von 2 225 274 DM neu regelten.
Die Klägerin erklärte die Einkünfte aus ihrer Tätigkeit als solche aus Vermietung und Verpachtung. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) folgte dem zunächst und stellte die Einkünfte des Streitjahres (1994) dementsprechend einheitlich und gesondert unter dem Vorbehalt der Nachprüfung fest.
Nach einer Außenprüfung sah das FA die gesamten Einkünfte der Klägerin als gewerblich an und erließ unter dem Datum vom für das Streitjahr (1994) einen entsprechenden Änderungsbescheid. In ihm war zunächst nur der Gewinn aus der Veräußerung des Komplexes Y erfasst.
Hiergegen wandte sich die Klägerin nach erfolglosem Einspruch mit der Klage. Sie machte geltend, ihre Gesellschafter hätten die Grundstücke angeschafft, um —als Altersversorgung— die darauf errichteten Gebäude zu vermieten. Sie habe nicht mehr als drei Objekte veräußert. Die mit Vertrag vom veräußerten Teilflächen hätten nur einheitlich durch Bebauung mit einem Z-Markt genutzt werden können. Ebenso seien die mit Vertrag vom veräußerten Teilflächen wegen der Bebauung mit einem Y-Markt als ein Objekt zu betrachten.
Während des Klageverfahrens änderte das FA den Gewinnfeststellungsbescheid 1994 unter Berufung auf § 174 Abs. 3 der Abgabenordnung (AO 1977) erneut (Verwaltungsakt vom ). Es bezog nunmehr den Veräußerungsgewinn aus den mit Herrn B geschlossenen Verträgen vom 25. April und , den es auf 1 595 150 DM berechnete, in die Gewinnfeststellung mit ein.
Die Klägerin wandte hiergegen ein, dieser Änderung stehe der Ablauf der Festsetzungsfrist entgegen. Ferner sei der Kaufvertrag vom in der Modifizierung vom nicht zur Anwendung gekommen. Vielmehr habe erst der Vertrag vom zur Veräußerung der Grundstücke geführt. Der Veräußerungsgewinn sei auch deshalb allenfalls im Jahr 1997 zu erfassen, weil sie, die Klägerin, die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) gewählt habe. Aber selbst wenn im Jahr 1994 eine Kaufpreisforderung zu aktivieren gewesen wäre, hätte die Aktivierung durch eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten neutralisiert werden müssen. Frühestens im Jahr 1997 sei mit Abschluss des endgültig bindenden Kaufvertrages deutlich geworden, dass die bisher drohende Rückabwicklung vermieden worden sei.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab.
Die Revision gegen sein Urteil ließ das FG nicht zu.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Klägerin.
Die Beschwerde ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 116 Abs. 6 der Finanzgerichtsordnung —FGO—). Dem FG hätten sich weitere Ermittlungen aufdrängen müssen, soweit im angefochtenen Bescheid der Veräußerungsgewinn aus den mit Herrn B geschlossenen Verträgen vom 25. April und erfasst ist.
1. Allerdings kann die Beschwerde insoweit keinen Erfolg haben, als das FG vom Vorliegen eines gewerblichen Grundstückshandels ausgegangen ist und daher den Gewinn aus der Veräußerung des Grundstückskomplexes Y den gewerblichen Einkünften des Streitjahres zugerechnet hat.
Es kann dahinstehen, ob die Klägerin die Voraussetzungen des von ihr geltend gemachten Zulassungsgrundes (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) in zulässiger Form dargelegt hat (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO). Jedenfalls ist die gerügte Abweichung des FG-Urteils von Urteilen des Bundesfinanzhofs (BFH) nicht zu erkennen.
Insbesondere weicht das Urteil des FG nicht von den BFH-Urteilen vom X R 68/95 (BFHE 186, 288, BStBl II 1998, 667) und vom X R 17/96 (BFH/NV 1998, 1467) ab. Diesen Urteilen liegt zwar der Rechtssatz zugrunde, dass die Veräußerung mehrerer Grundstücke an nur einen Erwerber in der Regel nicht als nachhaltig anzusehen ist. Im Streitfall hat die Klägerin ihre Grundstücke jedoch an drei verschiedene Erwerber veräußert. Die Nachhaltigkeit beginnt nicht erst bei Verkauf an vier verschiedene Erwerber. Die Drei-Objekt-Grenze ist keine „Drei-Erwerber-Grenze„. Zudem stellt sie ohnehin keine Mindestgrenze in Bezug auf das Tatbestandsmerkmal der Nachhaltigkeit dar (, BFHE 197, 240, BStBl II 2002, 291, unter C.III.5. a.E.).
Das FG ist auch nicht vom (BFHE 187, 526, BStBl II 1999, 390) abgewichen. Allerdings findet sich in dieser Entscheidung der aus dem Senatsurteil vom IV R 2/92 (BFHE 180, 121, BStBl II 1996, 369) übernommene Satz, dass die Drei-Objekt-Grenze nicht am Grundstücksbegriff des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) orientiert sei. Damit sollte jedoch nur gesagt werden, dass —in Abgrenzung zum Urteil des X. Senats des (BFHE 162, 304, BStBl II 1992, 211)— auch ein Anteil an einer Grundstücksgesellschaft „Objekt„ sein kann. Das ändert jedoch nichts daran, dass die Veräußerung von mehr als drei unbebauten Grundstücken auf einen gewerblichen Grundstückshandel hinweist (Senatsurteil in BFHE 180, 121, BStBl II 1996, 369; , BFH/NV 1996, 608, m.w.N.).
Bei der Beantwortung der Frage, ob die Drei-Objekt-Grenze überschritten ist, sind im Übringen auch die Grundstücke zu berücksichtigen, die im Jahre 1994 mit Verträgen vom 25. April und vom 10. November an Herrn B verkauft wurden. Es kommt insoweit auf den Abschluss des obligatorischen Vertrags und nicht auf den Zeitpunkt der Realisierung des durch die Veräußerung erzielten Gewinns an (Senatsurteil vom IV R 57/01, BFHE 201, 169, BStBl II 2003, 291).
2. Das FG hat jedoch gegen seine Sachaufklärungspflicht nach § 76 FGO verstoßen. Es hätten sich ihm weitere Ermittlungen aufdrängen müssen (vgl. hierzu Gräber/von Groll, Finanzgerichtsordnung, § 76 Rz. 17, m.w.N.), und zwar zu der Frage, ob die tatsächlichen Voraussetzungen für eine Aktivierung des Gewinns aus der Veräußerung des an Herrn B veräußerten Grundbesitzes gegeben waren. Der Gewinn aus der Veräußerung eines Grundstücks ist regelmäßig dann realisiert, wenn Besitz, Nutzungen, Lasten und Gefahr auf den Erwerber übergegangen sind (ständige Rechtsprechung, aus neuerer Zeit , BFHE 191, 339, BStBl II 2002, 227, Abschn. II Nr. 1 a). Das sollte nach dem Inhalt des Vertrages vom dann der Fall sein, wenn der Verkäufer die von ihm geschuldeten Erschließungsmaßnahmen durchgeführt hatte. Aus der weiteren Vertragsbestimmung, derzufolge der Veräußerer unverzüglich mit den Erschließungsmaßnahmen beginnen sollte, lässt sich folgern, dass dieser Zeitpunkt mit einiger Sicherheit nicht mehr in das Jahr 1994 fiel. Hierfür spricht auch der Umstand, dass der Kaufpreis erst ratenweise Mitte des Jahres 1995 bzw. Ende des Jahres 1996 fällig werden sollte und keinesfalls vor 1997 beglichen wurde.
Die Notwendigkeit, den Zeitpunkt der Gewinnrealisierung festzustellen, ließ sich auch mit hinreichender Deutlichkeit aus dem Vorbringen der Klägerin entnehmen. Nachdem das FA während des Klageverfahrens auch den Gewinn aus der Grundstücksveräußerung an Herrn B zusätzlich bei den gewerblichen Einkünften des Streitjahres erfasst hatte, machte die Klägerin geltend, wenn —entgegen ihrer Auffassung— eine Aktivierung zulässig sei, müsse sie durch eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten neutralisiert werden. Der ungewöhnlich lange Zeitraum zwischen Kaufvertrag und Zahlung des Kaufpreises lasse darauf schließen, dass eine Rückabwicklung des Kaufvertrages überwiegend wahrscheinlich gewesen sei.
Das FG hat darauf lediglich insoweit reagiert, als es im Urteil ausgeführt hat, die Voraussetzungen für die Bildung einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten seien weder dargelegt noch sonst aus den Akten ersichtlich. Dieser Satz ist aber nur deshalb richtig, weil der von der Klägerin ins Feld geführte mehrjährige Zeitraum zwischen Kaufvertrag und Zahlung dagegen spricht, dass Besitz, Nutzungen, Lasten und Gefahr bereits im Jahr des Vertragsschlusses übergingen. Es bestand demnach aller Wahrscheinlichkeit nach noch kein aktivierungsfähiger Kaufpreisanspruch, der —wie im Senatsurteil vom IV R 114/94 (BFHE 180, 57, BStBl II 1997, 382) dargestellt— durch eine Rückstellung hätte neutralisiert werden können. Ein Blick in den Vertrag vom hätte die Zweifel daran, dass der fragliche Gewinn bereits im Jahr 1994 realisiert war, bestätigt und Anlass gegeben, den tatsächlichen Zeitpunkt des Übergangs von Besitz, Nutzungen, Lasten und Gefahr festzustellen.
Die Klägerin hat den Verfahrensmangel auch gerügt. Sie hat geltend gemacht, das FG habe ihr Vorbringen zur Notwendigkeit der Neutralisierung des Kaufpreisanspruchs durch Bildung einer Rückstellung „nicht gewürdigt„. Damit wird nicht etwa eine fehlerhafte Beweiswürdigung, sondern ein Verstoß gegen § 76 FGO (mangelnde Sachaufklärung) gerügt.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2004 S. 781 Nr. 6
HAAAB-17830