Keine Wiedereinsetzung in die Frist zur Begr. einer NZB bei nicht entschuldbar verspätetem Vortrag von Wiedereinsetzungsgründen
Gesetze: FGO § 56
Instanzenzug: FG des Landes Brandenburg Urteil vom 3 K 3059/01
Gründe
I. Mit notariell beurkundetem Kauf-, Geschäftsbesorgungs- und Nießbrauchsbestellungsvertrag vom —ergänzt durch notarielle Urkunde vom — erwarb die X-GmbH von der Y-GmbH mehrere sanierungsbedürftige Mietwohngrundstücke zum Gesamtkaufpreis von ... DM. Zugleich bestellte die X-GmbH der Z für 30 Jahre ein Nießbrauchsrecht an den Grundstücken gegen Zahlung eines monatlich zu entrichtenden Entgelts, dessen Höhe am Grundstückskaufpreis, den Sanierungskosten sowie einer Geschäftsbesorgungsvergütung ausgerichtet war. Die X-GmbH ihrerseits verpflichtete sich gegenüber der Nießbraucherin, die Wohnungen im näher beschriebenen Umfang zu sanieren. Schließlich übertrug die X-GmbH der Y-GmbH gegen eine einmalige Vergütung von 1 482 720 DM die Verwaltung der Grundstücke, insbesondere die Aufgabe, mit den Mietern die sich aus der Sanierung ergebenden Fragen zu regeln. Dieses Rechtsgeschäft vom ist bestandskräftig einer Grunderwerbsteuer von ... DM unterworfen worden.
Mit notariell beurkundetem Vertrag vom verkaufte die X-GmbH die Grundstücke weiter an die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) zum Festpreis von ... DM. Der Aufschlag von ... DM sollte die für die Sanierung erforderlichen Aufwendungen abdecken. Gleichzeitig verpflichtete sich die X-GmbH, die Gebäude im näher beschriebenen Umfang im eigenen Namen und auf eigene Rechnung zu sanieren. Die Klägerin ihrerseits verpflichtete sich, die Grunderwerbsteuer aus dem Vertrag vom zu übernehmen. Außerdem trat sie anstelle der X-GmbH in den Vertrag vom , soweit dieser die Abreden über die Geschäftsbesorgung betraf, ein und der Sanierungsverpflichtung der X-GmbH aus diesem Vertrag bei. Im Innenverhältnis stellte die Klägerin die X-GmbH darüber hinaus von dieser Verpflichtung frei. Schließlich verpflichtete sie sich, die Geschäftsbesorgungsvergütung noch im Jahr 1997 zu zahlen.
Wegen dieses Erwerbsvorgangs vom setzte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) mit Bescheid vom eine Grunderwerbsteuer von ... DM —berechnet nach dem Festpreis, der übernommenen Grunderwerbsteuer und der Geschäftsbesorgungsvergütung— fest. Einspruch und Klage, mit denen sich die Klägerin gegen das Einbeziehen der Geschäftsbesorgungsvergütung für 1997 in die Bemessungsgrundlage wandte, blieben erfolglos. Das Finanzgericht (FG) war der Ansicht, die Geschäftsbesorgung stehe in unmittelbarem Zusammenhang mit der Sanierung des Grundbesitzes. Die wesentliche Tätigkeit der Y-GmbH als Geschäftsbesorger betreffe deren Durchführung. Ohne die von der Y-GmbH gegenüber den Mietern entfaltete Tätigkeit sei eine Sanierung vermieteter Gebäude nicht möglich gewesen.
Mit der Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision macht die Klägerin geltend, der Sache komme grundsätzliche Bedeutung wegen der Frage zu, wie Geschäftsbesorgungen der Art, wie sie die Y-GmbH erbringe, und damit deren Vergütung grunderwerbsteuerrechtlich einzuordnen seien. Außerdem rügt die Klägerin eine mangelnde Sachaufklärung.
Der Schriftsatz, mit dem der Bevollmächtigte der Klägerin rechtzeitig die Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Urteil des FG, das dem Bevollmächtigten ausweislich dessen Posteingangsbuchs am zugestellt worden ist, eingelegt hat, enthält im Briefkopf bei der Postleitzahl der Anschrift des Bevollmächtigten einen Zahlendreher. Diese falsche Postleitzahl ist —weil für die Geschäftsstelle nicht als Fehler erkennbar— von dieser zunächst in die Eingangsbestätigung und später in den schriftlichen Hinweis darauf, dass die Begründungsfrist abgelaufen ist, übernommen worden. Die auf den —und damit auf den letzten Tag der Begründungsfrist— datierte Begründungsschrift ging erst am versehen mit einem Begleitschreiben von diesem Tage per Fax beim Bundesfinanzhof (BFH) ein. Das Begleitschreiben hat folgenden Wortlaut:
„... von einem sechswöchigen beruflichen Aufenthalt in der Gegend von Nizza zurückkehrend, fand ich heute Ihr wegen falscher Adressierung mit erheblicher Verspätung eingegangenes, weil von der Post nachadressiertes Schreiben vom vor, aus dem ich auch Ihr Aktenzeichen entnahm. Die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde hatte ich noch vor meiner Abreise verfaßt. Ausweislich des Postausgangsbuchs hat sie auch am gleichen Tag fristgemäß unser Büro verlassen. Die Klagebegründung nebst darin erwähnten Anlagen sende ich Ihnen hiermit nochmals als Kopie zu und beantrage vorsorglich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.„
Das auf Anforderung vorgelegte Postausgangsbuch des Bevollmächtigten weist unter dem Datum des und dem Namenszeichen „...„ sowie der Portoangabe „1,44„ einen Eintrag über den Ausgang der Beschwerdebegründung auf. Im Fristenkontrollbuch ist das Urteil des FG nicht vermerkt. Dazu trägt der Bevollmächtigte vor, mit der Führung des Fristenkontrollbuchs sei eine stets zuverlässige, aber mittlerweile ausgeschiedene Angestellte betraut gewesen. Im Übrigen führt der Bevollmächtigte mit Schriftsatz vom —beim BFH per Fax eingegangen am — aus:
"Ergänzend weise ich darauf hin, daß ich den Vorgang mitgenommen hatte nach Südfrankreich, um die Begründung im Falle des Eingangs des BFH-Aktenzeichens mit diesem versehen nochmals auf den Weg zu bringen. Auch wenn dieses Schreiben innerhalb der Rechtsbehelfsfrist eingegangen wäre, so wäre es mir unmöglich gewesen, das Schreiben an den BFH fristgemäß auf den Weg zu bringen, da infolge der verheerenden Waldbrände die Strom- und insbesondere Telefonversorgung vor Ort kurz vor Ablauf der Frist z.T. tagelang unterbrochen war, da die einzige Hochspannungsleitung, die die Alpes-Maritimes mit Strom versorgt, durch das Waldbrandgebiet führt.„
II. Die Beschwerde ist unzulässig. Sie ist nicht innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils begründet worden, wie § 116 Abs. 3 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) es vorschreibt. Die Voraussetzungen einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand liegen nicht vor.
1. Der Senat geht davon aus, dass das am zur Post gegebene Urteil des FG dem Bevollmächtigten der Klägerin am zugegangen ist. Zwar befindet sich bei den Akten des FG kein Empfangsbekenntnis des Bevollmächtigten; in seinem Posteingangsbuch ist der Eingang des Urteils aber unter dem vermerkt. Damit endete die Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde mit Ablauf des , eines Mittwochs. Bei Ablauf dieses Tages lag jedoch beim BFH noch keine Beschwerdebegründung vor. Damit ist die Begründungsfrist versäumt.
2. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist hinsichtlich dieser Frist nicht zu gewähren. Gemäß § 56 Abs. 1 FGO besteht ein Anspruch auf Wiedereinsetzung, wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten. Ein Verschulden der Fristversäumnis durch den Bevollmächtigten muss sich der Rechtsmittelführer dabei wie eigenes Verschulden zurechnen lassen (vgl. , BFH/NV 2000, 78). Gemäß Abs. 2 Satz 1 und 2 der Vorschrift ist der Antrag auf Wiedereinsetzung binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Die Tatsachen zu seiner Begründung sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über die Antragstellung glaubhaft zu machen. Letzteres ist dahin zu verstehen, dass nur die Glaubhaftmachung während des Verfahrens erfolgen kann; die den Antrag begründenden Tatsachen selbst sind bereits innerhalb der Antragsfrist anzugeben (so , BFHE 159, 573, BStBl II 1990, 546, unter 3. a). Zum schlüssigen Vortrag derartiger Tatsachen ist die genaue Beschreibung des Hindernisses, das der Fristwahrung entgegenstand, und die vollständige Darlegung der Ereignisse, die das Unverschulden an der Fristversäumnis belegen sollen, erforderlich (, BFH/NV 2000, 583). Die Klägerin hat innerhalb der zweiwöchigen Antragsfrist des § 56 Abs. 2 Satz 1 FGO keine Tatsachen schlüssig vorgetragen, die eine Wiedereinsetzung rechtfertigen würden.
a) Nach seinen eigenen Angaben im Begleitschreiben vom hat der Bevollmächtigte an diesem Tag davon erfahren, dass beim BFH keine Beschwerdebegründung in der Streitsache vorliegt. Nimmt man dies als spätesten Zeitpunkt des Wegfalls des Hindernisses für die Wahrung der Begründungsfrist, mussten die eine Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen mit Ablauf des vorgetragen sein (§ 54 Abs. 2 FGO i.V.m. § 222 Abs. 1 der Zivilprozessordnung —ZPO— und §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs —BGB—). Daher ist der mit Schriftsatz vom —bei Gericht eingegangen am — erfolgte Hinweis auf die Waldbrände in Südfrankreich von vornherein unbeachtlich. Er stellte, falls ihm überhaupt ein Wiedereinsetzungsgrund zu entnehmen wäre, kein lediglich ergänzendes, sondern ein erstmaliges Vorbringen dar, das als solches verspätet wäre. Wiedereinsetzungsgründe bezüglich dieser insoweit versäumten Antragsfrist nach § 56 Abs. 2 Satz 1 FGO sind weder vorgetragen noch aus den vorliegenden Akten ersichtlich.
b) Dem Begleitschreiben des Bevollmächtigten vom seinerseits ist kein schlüssiger Wiedereinsetzungsgrund zu entnehmen. Der Bevollmächtigte führt aus und macht mit der beigefügten und auf den datierten Beschwerdebegründung sowie mit dem Postausgangsbuch glaubhaft, an diesem 9. Juli die Begründung abgesandt zu haben. Dass dieser Schriftsatz im Original nicht beim BFH eingegangen ist und daher auf dem Übertragungsweg verloren gegangen sein müsste, hätten der Bevollmächtigte und damit die Klägerin nicht zu vertreten. Der Streitfall weist jedoch die Besonderheit auf, dass der maßgebliche Schriftsatz am letzten Tag der Begründungsfrist des § 116 Abs. 3 Satz 1 FGO abgesandt worden sein soll und daher auf dem normalen Postweg nicht mehr innerhalb der Frist dem BFH zugehen konnte. Nur bei Übermittlung des Schriftsatzes per Fax hätte er den BFH noch am selben Tag erreichen können. Wäre eine derartige taggleiche Absendung per Fax erfolgt, hätte dies spätestens bis Ablauf des vorgetragen werden müssen, um eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen des dann anzunehmenden fehlgeschlagenen Empfangs zu rechtfertigen. Dies ist nicht geschehen. Daher kann auch auf sich beruhen, dass die Empfangsprotokolle des weder den Eingang eines derartigen Faxes noch eine Störung ausweisen und welcher Aussagewert Letzterem zukommt. Sollte die Begründungsschrift dagegen auf dem Postweg zugehen, worauf im Übrigen die Portoangabe im Postausgangsbuch hindeutet, hätte es ebenfalls bis Ablauf des einer Erklärung bedurft, weshalb die Beschwerdebegründung erst so spät abgesandt worden ist. Auch dies ist nicht geschehen. Damit lag auch insoweit innerhalb der Antragsfrist des § 56 Abs. 2 Satz 1 FGO keine schlüssige Begründung für eine Wiedereinsetzung vor. Das Versäumnis dieser Antragsfrist ist wiederum selbst nicht i.S. des § 56 Abs. 1 FGO entschuldigt. Daraus folgt, dass erstmals mit Schriftsatz vom —und damit nach Ablauf der Antragsfrist des § 56 Abs. 2 Satz 1 FGO— Tatsachen vorgetragen worden sind, die die Frage des Verschuldens i.S. des Abs. 1 der Vorschrift ansprechen, und zwar in Gestalt des Hinweises auf den fehlenden Vermerk der Streitsache im Fristenkontrollbuch des Bevollmächtigten. Ob und inwieweit dieses Vorbringen schlüssig ist und ob nicht bereits beim Abfassen der Begründungsschrift am das drohende Ende der Frist hätte auffallen müssen, kann offen bleiben, da dieses Vorbringen jedenfalls verspätet ist.
Soweit der Bevollmächtigte mit Schriftsatz vom darauf hinweist, dass in der Anschrift der Eingangsbestätigung des der letzte Buchstabe seines Nachnamens fehlt, vermag auch dies die Fristversäumnis nicht zu entschuldigen. Der Zugang der Eingangsbestätigung hat keinen Einfluss auf den (An-)Lauf der Begründungsfrist. Der Bevollmächtigte hat nicht einmal vorgetragen, dass die Eingangsbestätigungen regelmäßig zum Anlass genommen werden, den korrekten Vermerk der Fristen im Fristenkontrollbuch noch einmal zu überprüfen. Bereits deshalb scheidet aus, dass er einen ursächlichen Zusammenhang zwischen der Fristversäumnis und dem Umstand, dass die Eingangsbestätigung nicht zugegangen ist, glaubhaft gemacht haben könnte.
Fundstelle(n):
KAAAB-17829