Keine Wiedereinsetzung bei falscher Fristennotierung durch den Prozessbevollmächtigten
Gesetze: FGO § 56
Instanzenzug:
Gründe
I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist eine Grundstücksgemeinschaft. Sie wurde vom Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt —FA—) zur Umsatzsteuer veranlagt. Gegen den Umsatzsteuerbescheid für 1988 erhob sie Klage. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage mit Urteil vom , das der Prozessbevollmächtigten der Klägerin am zugestellt wurde, ab und ließ die Revision gegen sein Urteil nicht zu.
Hiergegen hat die Klägerin Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt. Die Beschwerde ging beim Bundesfinanzhof (BFH) per Telefax am Montag, dem (rechtzeitig) ein.
Mit Schreiben vom , das am beim BFH als Telefax einging, begründete sie die Beschwerde, mit der sie grundsätzliche Bedeutung geltend macht.
Nachdem die Klägerin darauf hingewiesen worden war, dass die Frist zur Begründung der Beschwerde am abgelaufen war, beantragte sie Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Hierzu führte sie wörtlich aus:
"Die Zustellung des Urteils des Finanzgerichts Baden-Württemberg erfolgte am . Das Fristende fiel auf Sonntag, , so dass die Frist zur Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde am Montag, endete. Wohl deshalb unterlief mir das Versehen, die Frist für die Begründung der Beschwerde auf den zu terminieren.„
II. Die Beschwerde ist unzulässig. Sie wird durch Beschluss verworfen (vgl. § 132 der Finanzgerichtsordnung —FGO—), weil sie nicht rechtzeitig begründet worden ist.
1. Nach § 116 Abs. 3 Satz 1 FGO ist die Nichtzulassungsbeschwerde innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Diese Voraussetzung für die Zulässigkeit der Nichtzulassungsbeschwerde hat die Klägerin nicht erfüllt.
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist verspätet begründet worden. Die Begründungsfrist war —wie die Klägerin selbst einräumt— am abgelaufen.
2. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 56 FGO wegen Versäumung der Begründungsfrist ist nicht zu gewähren.
Nach § 56 FGO ist demjenigen, der ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Dabei steht das Verschulden des Bevollmächtigten dem Verschulden der Partei gleich (§ 155 FGO, § 85 Abs. 2 der Zivilprozessordnung).
Die Voraussetzungen des § 56 FGO sind regelmäßig nicht erfüllt, wenn der Prozessbevollmächtigte die Frist für die Beschwerdebegründung falsch notiert (, BFH/NV 2002, 1484). Nach ständiger Rechtsprechung des BFH kann bei der Beteiligung von rechtskundigen Prozessbevollmächtigten die Fristversäumung nur dann als entschuldigt angesehen werden, wenn sie durch die äußerste, den Umständen des Falles angemessene und vernünftigerweise zu erwartende Sorgfalt nicht verhindert werden konnte (BFH in BFH/NV 2002, 1484, m.w.N.). Deshalb ist die Wiedereinsetzung auch nach einem verständlichen —aber bei gehöriger Anstrengung vermeidbaren— Fehler des Prozessbevollmächtigten bei der Notierung der Frist nicht gerechtfertigt.
3. Im Übrigen genügt die Beschwerdebegründung auch nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO. Die Frage, „ob es sich bei zum dritten Mal dem Finanzamt vorgelegten Belegen um ein nachträgliches Bekanntwerden von Tatsachen bzw. Beweismitteln handelt, bei der die Frage eines Verschuldens zu prüfen ist„, ist keine abstrakte im Interesse der Allgemeinheit klärungsbedürftige Frage; vielmehr ist es eine Frage des Einzelfalls, ob Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden und nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) noch zu Gunsten des Steuerpflichtigen berücksichtigt werden können.
Fundstelle(n):
MAAAB-17487